DAZ aktuell

Alliance UniChem kauft Großteil des Noweda- Anteils an der Anzag – Noweda

(daz). Die Noweda, bislang wie die Sanacorp mit 24,99% an der Anzag beteiligt, hat Ų wie berichtet (DAZ 2003, Nr. 50, S. 43) Ų 19% der Anzag-Aktien an die Alliance UniChem verkauft. Der aus einer Genossenschaft hervorgegangene britische Pharmagroßhändler, der bisher schon mit knapp 11% an der Anzag beteiligt war und schon seit vielen Jahren im Aufsichtrat der Anzag vertreten ist, hält damit jetzt 29,99% der Anzag-Aktien. Die Noweda will, wie es in Essen hieß, die ihr verbleibenden Anzag-Anteile (knapp 6%) "zunächst" halten.

Weitere 25% der Anzag-Aktien, die bis vor kurzem mit einer Call-Option für die Sanacorp noch bei der DZ-Bank "geparkt" waren, werden seit Oktober je zur Hälfte von Phoenix und der Celesio AG (früher Gehe) gehalten. Auf diese Aktien hat die Sanacorp jedoch weiterhin eine Call-Option: Sie will diese Aktien übernehmen, um so ihre Anzag-Beteiligung auf über 50% (also auf die von ihr angestrebte Mehrheit) ausbauen zu können. Dagegen hatte das Bundeskartellamt Einspruch eingelegt. Ob dieser letztendlich greift, wird voraussichtlich in 2004 vor dem Bundesgerichtshof entschieden; erstinstanzlich hatte die Sanacorp sich bereits durchgesetzt.

Die Noweda hat am 16. Dezember, nachdem das Kartellamt über den Verkauf informiert war und die zuständigen Gremien bei der Alliance UniChem dem Kauf zugestimmt hatten, über die Hintergründe ihres (weitgehenden) Ausstieges aus ihrer Anzag-Beteiligung informiert.

Historie der Anzag-Beteiligung

Die apothekereigenen Unternehmen (Egwa, Wiveda, Noweda, Stada) haben sich – so heißt es in einem Statement des Noweda-Vorstandes, das so auch den über 5000 Noweda-Mitgliedern zugänglich gemacht wurde – im Jahre 1987 mehrheitlich an der Anzag beteiligt. Die Unternehmen seien mehr oder weniger entsprechend ihrer Aktienbeteiligung im Aufsichtsrat vertreten gewesen. Das habe zunächst auch noch für die Zeit gegolten, als Sanacorp und Noweda mit jeweils 24,99% an der Anzag beteiligt waren; die apothekereigene Noweda habe davon ausgehen können, dass sie ihre Interessen – und damit die ihrer Eigner, der Apotheker – angemessen vertreten konnte. Bis zur Veränderung des Anzag-Aufsichtsrates Ende März 2003 sei dieses Anzag-Gremium nach Einschätzung der Noweda sachkundig und apothekenorientiert besetzt gewesen.

Sanacorp leitete Europäisierung ein

Ende der Achtzigerjahre – so die Noweda – hat die Sanacorp auch ausländische Unternehmen eingeladen, sich an der Anzag oder später auch an der Sanacorp zu beteiligen. Darauf eingegangen seien vor über zehn Jahren die Pharmagroßhändler Alliance UniChem aus England und die OPG aus Holland, die sich zunächst indirekt über die PAG, Pharma-Holding AG (Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Jürgen Brink, Vorstand der Egwa/Wiveda/Sanacorp) und nach Auflösung der PAG vor acht Jahren direkt an der Anzag beteiligt haben.

Zuletzt hielten die OPG 7% und die Alliance UniChem 11% an der Anzag. Mit dieser Europäisierung in Form einer Beteiligung ausländischer Unternehmen an der Anzag seien die Gremien der Noweda einverstanden gewesen.

Überraschenderweise, so die Noweda, erklärte die Sanacorp einige Zeit später, sie wolle ein bei der DZ-Bank liegendes Anzag-Paket (ca. 25%) übernehmen, um die alleinige Mehrheit an der Anzag zu erwerben und mit ihr zu fusionieren. Dieses Vorhaben wurde vom Bundeskartellamt zunächst gestoppt. Inzwischen ist es beim Bundesgerichtshof anhängig.

Um ihrer Übernahmeabsicht auch nach außen Nachdruck zu verleihen, habe die Sanacorp (die dazu ihren Einfluss aufgrund ihrer Call-Option auf das Paket der DZ-Bank nutzte) bei den Anfang 2003 fälligen Neuwahlen des Anzag-Aufsichtsrates dafür gesorgt, dass die Noweda trotz ihrer 25%igen Beteiligung nicht mehr berücksichtigt wurde.

Neue Situation für die Noweda

Für die Noweda sei damit ein Problem entstanden. In der Anzag steckten über 60 Millionen Euro Noweda-Gelder, ohne dass auch nur ein Noweda-Vertreter nun noch die Möglichkeit gehabt hätte, z. B. aus der Position eines Aufsichtsratsmitgliedes zu beobachten und zu überwachen, wie mit dieser Investition umgegangen wird. Die Noweda sei dazu in der Tat auf Presseberichte angewiesen gewesen. Aus dieser Quelle war dann auch zu erfahren, dass der von der Sanacorp neu besetzte Anzag-Aufsichtsrat den amtierenden Anzag-Vorstand entließ. Dem Noweda-Vorstand sei damit das Problem deutlich geworden, auch nach Rücksprache mit Wirtschaftsprüfern.

Vor dem Hintergrund der Risiken und der Zwänge, die sich ansonsten ergeben könnten, habe man die Sanacorp deshalb frühzeitig aufgefordert, die Nichtberücksichtigung der Noweda im Anzag-Aufsichtsrat rückgängig zu machen. Die Sanacorp hat dies, so die Noweda, nach erneuten Beratungen in Vorstand und Aufsichtsrat ausdrücklich abgelehnt, wie der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Funke mitteilte.

Nach etlichen Vorgesprächen habe dann – so die Noweda weiter – am 14. August 2003 in den Räumen der Deutschen Apotheker- und Ärztebank in Düsseldorf eine Besprechung stattgefunden mit folgenden Teilnehmern: von der ABDA Hans-Günter Friese, Hermann Stefan Keller, Johannes M. Metzger und Gerhard Reichert; von der Sanacorp Jürgen Funke (Aufsichtsratsvorsitzender) und Manfred Renner (Vorstandsvorsitzender); von der Noweda Dr. Klaus G. Brauer (Aufsichtsratsvorsitzender), Wilfried Hollmann (Vorstand) und Dr. Dietrich L. Meyer (Vorstandsvorsitzender) und schließlich von der Apo-Bank drei Vorstandsmitglieder.

Konzept der Noweda

Die Noweda habe dargelegt, dass sie keine Notwendigkeit sehe, die Beteiligung an der Anzag durch Sanacorp und/oder Noweda aufzustocken. Dem Preis für ein weiteres Paket von 25% in Höhe von 60 bis 80 Mio. Euro stehe strategisch kein angemessener Gegenwert gegenüber. Die Anzag solle ein selbstständiges Unternehmen bleiben, das am Markt eigenständig geführt werde. Eine Fusion zwischen Sanacorp und Anzag würde die Marktvielfalt weiter einschränken und das Angebot an Großhandlungen und Großhandelsleistungen zwangsläufig verknappen, zum Nachteil der Apotheken.

Ein Wettbewerb am Markt müsse auch zwischen apothekereigenen und -nahen Unternehmen möglich sein, er wirke leistungssteigernd und sei schon deshalb im Interesse der Apotheken. Nur unter solchen Bedingungen sei es auch möglich, auf Dauer qualifizierte und professionelle Manager für die Übernahme eines Amtes im Anzag-Vorstand zu interessieren. Dies sei auch wichtig, um die Anzag als börsennotiertes Unternehmen für den Kapitalmarkt attraktiv zu halten. Diese von der Noweda dargelegte Konzeption sei von den Herren der ABDA unterstützt worden.

Abschließend habe die Noweda darauf hingewiesen, dass sie sich frei fühlen müsse, ihren eigenen Anteil zu verkaufen, wenn die Sanacorp weiterhin für sich allein die Anzag-Mehrheit anstrebe. In diesem Fall sei zur Sicherung der Interessen der deutschen Apotheker die Bindung des Noweda-Kapitals in der Anzag nicht mehr erforderlich, weil die Sanacorp die Anzag ja ganz übernehmen wolle. Wenn es allerdings der Wunsch sei, dass die Noweda ihren Anzag-Anteil in vollem Umfang weiter halte, sei eine Rückkehr in den Aufsichtsrat unabdingbar. Dies wurde von den Vertretern der ABDA vorbehaltlos unterstützt.

Noweda zieht Konsequenzen

Da sich in den nachfolgenden vier Monaten in der Sache nichts bewegt hat, sei die Noweda von der Notwendigkeit ausgegangen, ihre Position strategisch zu überdenken – was sie ihren Mitgliedern anlässlich der Generalversammlung am 26. November 2003 auf Nachfrage auch mitgeteilt hat. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt noch kein Beschluss gefasst, so der Noweda-Vorstand weiter. Das Thema war im Aufsichtsrat noch nicht auf der Tagesordnung gewesen. Unabhängig davon, wie der Bundesgerichtshof das Verfahren Sanacorp/Anzag entscheiden wird, sei ein Beibehalten der Noweda-Beteiligung bei den strategischen Absichten der Sanacorp weder sinnvoll noch erforderlich. Das zurückfließende Kapital könne an anderer Stelle für die Noweda-Mitglieder und die Apothekerschaft effizienter eingesetzt werden.

In Gesprächen wurde deutlich, dass die Alliance UniChem mit Blick auf den deutschen Markt vornehmlich renditeorientiert sei und keine operativen Interessen verfolge. Deshalb sei davon auszugehen, dass die erhöhte Beteiligung der Alliance UniChem der Beibehaltung der Selbstständigkeit der Anzag durchaus zuträglich sei.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.