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Nicht über einen Leisten schlagen! (Gastkommentar)

Wir sind noch einmal davon gekommen! Kein richtiger Mehrbesitz, vor allem kein Fremdbesitz! In Versammlungen, Workshops, Seminaren und in Presseverlautbarungen hört man klar und deutlich das Aufatmen der Apothekerschaft. Jetzt nur keine schlafenden Hunde wecken. In der Apothekenstruktur bleibt alles wie es immer war. Die alte Strategie der Apothekerschaft, keine Strategie zu haben, hat sich bewährt. Misstraut den falschen Propheten aus den Kooperationen, die diese Ruhe stören.

Es ist richtig, wenn die Standesvertretungen der "freien" Apotheken den Einzug der Ketten zu verhindern suchen. Es mag richtig sein, dass Franchise-Systeme im Stile von McDonald's als Quasi-Kette dem Fremdbesitz Vorschub leisten. Und es ist möglich, dass die Dachmarke über die Individualapotheke weder vom Kunden verstanden wird, noch zur Profilierung der Apotheke an ihrem Standort dient.

Aber es ist falsch und fatal, deshalb jede Art der Kooperation als Gefahr für den Apothekerstand zu geißeln. Das Gegenteil trifft zu. Die Auguren solcher Gefahren übersehen, dass jede planmäßige Form der Zusammenarbeit wirtschaftlich unabhängiger Unternehmen als Kooperation gilt. Und so ist die Kooperationslandschaft auch in dieser Branche unüberschaubar. Aber nicht jede Kooperation ist die Vorstufe einer Kette. Für Franchise-Apotheken mag das gelten.

Aber ist eine Einkaufsgenossenschaft der Wegbereiter einer Apothekenkette? Sie ist eine der Ur-Formen der Kooperation. In anderen Branchen sind solche Genossenschaften die Stammzellen starker Kooperationen mit großer Marktbedeutung und oft die einzige Absicherung der Selbstständigkeit der Einzelunternehmen.

Ist eine Gruppe von Apothekern, die gemeinsam ein Natur-orientiertes Konzept betreiben, der Start zu einer Filialistenkette à la Schlecker? Ist eine EDV-Anwenderverein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die aus der gemeinsamen EDV resultierenden Vorteile intensiver und konsequenter in einer Kooperation zu nutzen, bereits die Keimzelle eines bösartigen Ketten-Karzinoms?

Oder wie sind die Apothekervereine zu bewerten, die es sich sehr früh schon zur Aufgabe gemacht haben, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ihrer Mitglieder zu verbessern und die gerade jetzt immer mehr Aufgaben für die Apotheke übernehmen und durch Vernetzung mit Genossenschaften, Rechenzentren und EDV-Dienstleistern eine umfassende Kooperation darstellen?

Nein. Diese Gruppen sind nicht die Einfalltore für Ketten. Sie sind oft (nicht immer) richtige und notwendige Initiativen, um das Unternehmen "Apotheke" in seiner Wirtschaftlichkeit zu stärken, um die Apotheker in den Aufgaben zu unterstützen, die sie alleine nicht oder nicht so effizient durchführen können.

So kann die Apotheke sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, und die heißen nicht Marketing, Datenverarbeitung oder Betriebswirtschaft. Sie heißen pharmazeutische Fachberatung, Hinwendung zum Kunden und Mitarbeitermotivation.

Nur starke Kooperationen in der Trägerschaft der Apotheker selbst können die Voraussetzungen für wettbewerbsfähige Einzelapotheken schaffen, die in der Gruppe kompetente und gleich starke Partner gegenüber Industrie, Großhandel, Kassen und Gesetzgeber werden. Erfolgsbeispiele gibt es in anderen Branchen genug.

Die Reformhäuser haben es trotz Aldi und Schlecker geschafft, die Parfümerien haben es trotz Douglas geschafft. Die Drogerien haben es nicht geschafft. Wir sollten von denen lernen, die es geschafft haben.

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