Recht

Th. Graefe et al.Arzneimittelversand nach neuem Rech

Im ersten Teil unserer Serie über den Arzneimittelversand nach Maßgabe des ab dem 1. Januar 2004 geltenden GKV-Modernisierungsgesetzes (BTDrS 675/03) hatten wir über die Voraussetzungen des Arzneimittelversandes durch eine Apotheke, insbesondere die Anforderungen an die Erteilung einer Erlaubnis für den Versandhandel berichtet. In den folgenden Teilen unserer Beitragsserie sollen die weiteren Anforderungen an eine Internet-Apotheke und die geltenden Informations- und Belehrungspflichten im Mittelpunkt stehen. Unsere Beitragsserie ist begleitet von einem visualisiertem Ablaufmodell, das wir unter www.apobase.net veröffentlicht haben.

Mit diesem Beitrag sollen zunächst die zu definierenden Abläufe einer Internet-Apotheke angesprochen werden, ehe in den nächsten Beiträgen auf die konkrete Gestaltung von Internet-Apotheken eingegangen wird.

Arzneimittelversand "aus der Apotheke heraus"

Das Apothekengesetz lässt die Stellung des Apothekers, der einen Heilberuf ausübt, unangetastet. Den Apotheker treffen auch beim Arzneimittelversand die gleichen Beratungs- und Hinweispflichten, wie sie ihn in einer derzeit noch allein zulässigen Offizinapotheke treffen.

Das GKV-Modernisierungsgesetz schreibt in § 11 a Apothekengesetz n. F. vor, dass der Arzneimittelversand aus der Apotheke heraus zu geschehen hat. Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist nur einem Apotheker gestattet, der gleichzeitig eine Offizinapotheke betreibt. Der Gesetzgeber will auf diese Weise die Qualität der Arzneimittelversorgung sichern und verhindern, dass sich professionelle Online-Anbieter von Arzneimitteln positionieren, die selbst keine eigene Offizinapotheke betreiben.

Strukturen und Abläufe

Grundsätzlich wird eine Internet-Apotheke in Beziehung auf den Kunden, den Nutzer der Internet-Apotheke, die gleichen Strukturen und Abläufe aufweisen, wie ein Online-Shop. Darüber hinaus aber schreibt der Gesetzgeber weitere oder geänderte Abläufe vor, die der Sicherung der Gesundheit des einzelnen Patienten dienen.

Um eine Internet-Apotheke zu betreiben, müssen die einzelnen Abläufe zur Ermöglichung des Abschlusses von Verträgen über die Website, deren Abwicklung oder auch zur Anbahnung von Verträgen und deren Realisierung außerhalb des Internets, definiert sein.

Zu diesen Abläufen zählen das Einstellen der Arzneimittel oder sonstigen Waren in das Internet-Angebot, deren korrekte Beschreibung, ein Bestellsystem, ein Informationssystem für den Kunden, ein definierter Ablauf zur Vorlage oder Übermittlung von Rezepten durch Kunden, ein Abrechnungs- und Inkasso-System, ein definierter Ablauf für Verpackung und Auslieferung der bestellten Waren und ein Auslieferungssystem.

Content Management

Die Abläufe zum Pflegen des Internet-Angebots durch Aktualisierung der anzubietenden Waren und Einstellen neuer Informationen, insbesondere im Falle neu bekannt werdender Risiken muss jeder Apotheker individuell definieren.

Bei einer erheblichen Anzahl von Waren, insbesondere Arzneimitteln, bietet sich die Verwendung eines Content-Management-Systems an, das die Abläufe zur Pflege einer Website wesentlich vereinfacht. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Apotheker als Betreiber einer Internet-Apotheke nicht verpflichtet ist, ein Vollsortiment auf seiner Website anzubieten. Allerdings muss der Apotheker jedes bestellte Arzneimittel auch liefern.

Da die Beschreibung von Arzneimitteln, insbesondere die Darstellung von Risiken einzelner Arzneimittel sich unmittelbar auf die Gesundheit des einzelnen Patienten auswirkt, muss der Apotheker, der eine Internet-Apotheke betreibt, Routinen und Maßnahmen vorsehen, die eine ungeprüfte Veröffentlichung von Inhalten ausschließt.

Zu denken ist an den einfachen Fall, dass zu einem nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel nicht auf aktuell bekannt gewordene Unverträglichkeiten mit gängigen Wirkstoffen wie ASS hingewiesen wird mit der Folge von auftretenden Erkrankungen der Kunden. Auch solche Routinen lassen sich in einfacher Weise mit Content-Management-Systemen festlegen.

Anfragemanagement

Die Internet-Apotheke muss in einer Weise gestaltet sein, die Rückfragen durch den Kunden zulässt. Das schreibt der Gesetzgeber in dem ab dem 1. Januar 2004 geltenden Apothekengesetz vor (§ 11a Nr. 2d). Hierfür müssen nicht nur im Rahmen der Website Beratungsangebote vorgesehen werden, es muss vor allem sichergestellt werden, dass auch pharmazeutisches Personal vorhanden ist, das die Anfragen der Kunden in einem angegebenen Zeitraum beantwortet.

Es ist beispielsweise auszuschließen, dass eine Telefonnummer zu Beratungszwecken angegeben, aber nicht geantwortet wird, wenn der/die Apotheker/in vorübergehend nicht anwesend ist.

Die Internet-Apotheke muss auch Möglichkeiten vorsehen, die es dem Kunden gestatten, den Apotheker auf Risiken zu einzelnen Arzneimitteln hinzuweisen. Auch das schreibt das Apothekengesetz in seiner ab dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung in § 11a Nr. 3c vor.

Auch hierfür muss der Apotheker Kommunikationsmöglichkeiten anbieten, die sich nicht darin erschöpfen dürfen, dass der Kunde auf einen nur sporadisch beobachteten E-mail-Account seine Hinweise schickt. Der Apotheker muss diese Hinweise vielmehr entgegennehmen, würdigen und gegebenenfalls innerbetriebliche Abwehrmaßnahmen in Gang setzen können.

Bestellvorgang

Auch der Bestellvorgang ist ein zu definierender Ablauf. Hierfür wird in der Regel ein Warenkorbsystem verwendet. Der Kunde kann Arzneimittel oder andere Waren in diesen Warenkorb "legen". Er kann den Warenkorb betrachten und muss die Möglichkeit haben, an diesem Warenkorb Änderungen vorzunehmen. Der Kunde muss insbesondere den Inhalt des Warenkorbes löschen können.

Der Bestellablauf muss so definiert sein, dass der Kunde die Möglichkeit hat, den Lieferort zu bestimmen. Er muss, dies ergibt sich aus § 11a Nr. 2b des Apothekengesetzes in der künftigen Fassung, die Möglichkeit haben, eine oder mehrere empfangsberechtigte Person/en zu benennen, denen das Arzneimittel zu übergeben ist.

Der Apotheker hat sicherzustellen, dass die Arzneimittel diese benannte/n Person/en erreichen. Es muss also auch einen definierten Ablauf geben, der seinerseits sicherstellt, dass diese Informationen den Lieferanten erreichen.

Liefervorbereitung

Der Apotheker ist aufgrund des künftig geltenden Apothekengesetzes verpflichtet, die bestellten Arzneimittel innerhalb von zwei Tagen seit Eingang der Bestellung zu versenden, es sei denn, es ist etwas anderes mit dem Kunden vereinbart.

Sollte sich die Lieferung des Arzneimittels verzögern, schreibt das Gesetz vor, dass der Kunde hierüber in geeigneter Weise unterrichtet wird. Es bedarf also einer internen Organisation, die sicherstellt, dass der Apotheker erkennt, wann sich der Versand des Arzneimittels verzögert und er den Kunden informieren muss. Hierfür können Softwarelösungen in Betracht kommen, die gegebenenfalls auch die Verzögerungsmeldungen automatisch generieren und versenden.

Sortiment

Der Apotheker unterliegt hinsichtlich der Lieferung von Arzneimitteln einem Kontrahierungszwang. Er kann Arzneimittelbestellungen nicht ablehnen. Der Vertrag mit dem Kunden kommt im Moment des Eingangs der Bestellung zustande. Der Apotheker ist verpflichtet, jedes bestellte Arzneimittel zu liefern, soweit es im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes in Verkehr gebracht werden darf und zur Verfügung steht.

Diese Verpflichtung kann der Apotheker erfüllen, weil er schon außerhalb des Internet verpflichtet ist, ein Vollsortiment an Arzneimitteln verfügbar zu haben. Die bereits außerhalb der Internet-Apotheke definierten Abläufe gelten für die Internet-Apotheke in gleicher Weise.

Zahlungsabläufe

Auch Zahlungsabläufe sind zu definieren. Der Apotheker muss sich entscheiden, welche Zahlungsmodalitäten er anbieten will (z. B. Rechnung, Nachnahme, Kreditkarte etc.) und die technischen oder organisatorischen Voraussetzungen zur Realisierung dieser Zahlungsformen vorsehen.

Bei der Definition der Zahlungsabläufe sind Zahlungsrisiken zu berücksichtigen. Der Apotheker kann die Lieferung von Arzneimitteln nicht vom Zahlungseingang durch den Kunden abhängig machen, da er verpflichtet ist, innerhalb von zwei Tagen seit Eingang der Bestellung die Arzneimittel zu versenden.

Hier nützen die gängigen Treuhandmodelle wenig. Der Apotheker muss also eine Bonitätsprüfung vornehmen, die heute schon online möglich ist, und sich gegen Zahlungsausfälle versichern.

An dieser Stelle ist jedoch zu ergänzen, dass bei der Lieferung von Nicht-Arzneimitteln eine Vorauszahlung zulässig ist.

Rezepte

Zu definieren sind auch die Abläufe, wenn der Kunde aufgrund eines Rezeptes Arzneimittel bestellen will. In diesen Fällen muss der Apotheker sicherstellen, dass er das Rezept erhält, prüft und das richtige Arzneimittel auswählt. Hierfür kann sich der Apotheker das Rezept zuschicken lassen, so dass das Arzneimittel erst mit Erhalt des Rezeptes bestellt wird.

Er kann auch das Arzneimittel in seiner Apotheke zur Abholung hinterlegen. In jedem Falle muss der Apotheker dafür Sorge tragen, dass das jeweilige Rezept auch dem Kunden zugeordnet wird, der es verschickt hat oder das Arzneimittel hat hinterlegen lassen.

Lieferabläufe

Schließlich muss der Apotheker auch die Lieferabläufe definieren. Er muss sicherstellen, dass das Arzneimittel so verpackt wird, dass es durch die Auslieferung keinen Schaden nimmt. Nach diesen Kriterien muss er das Lieferunternehmen auswählen. Sind Arzneimittel wärmeempfindlich, so ist sicherzustellen, dass eine ununterbrochene Kühlkette bis zum Kunden besteht. Das Lieferunternehmen muss alle zur Lieferung erforderlichen Informationen erhalten.

Der Apotheker ist verpflichtet, eine Transportversicherung abzuschließen und für den Fall, dass der Kunde oder die von ihm benannte empfangsberechtigte Person nicht anwesend ist, eine kostenlose Zweitzustellung veranlassen. Im Beispiel eines wärmeempfindlichen Arzneimittels ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kühlkette bis zur Zweitzustellung erhalten bleibt.

Der Apotheker soll auch sicherstellen, dass in einzelnen gebotenen Fällen Arzneimittel nur gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt werden. Diese Leistung bieten die meisten Lieferunternehmen an. Empfehlenswert ist es, immer eine Empfangsbestätigung zu verlangen, weil der Gesetzgeber mit der Änderung des Apothekengesetzes auch ein System zur Sendungsverfolgung vorschreibt. Auch das bieten die meisten Lieferunternehmen bereits an.

Die Sendungsverfolgung sollte aber nicht vor der Haustür des Kunden enden, sondern auch den Empfang des Arzneimittels beinhalten. Das bedeutet, dass der Lieferant, wenn das Arzneimittel nur dem Kunden selbst ausgehändigt werden soll, nicht einfach das nur kleine Päckchen in den Briefkasten werfen darf.

Schlussbemerkung

Sämtliche der hier benannten Abläufe stellen noch keine Definitionen im Einzelnen dar. Die konkrete Ausgestaltung muss jeder Apotheker für sich und seine Apotheke vornehmen.

Der Apotheker ist physisch gar nicht in der Lage, jeden einzelnen Ablauf selbst zu überwachen. Er muss darum durch Verträge sicherstellen, dass die ihm auferlegten Anforderungen an von ihm eingeschaltete Dritte weitergereicht und von diesen eingehalten werden.

Im nächsten Beitrag werden die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes im Mittelpunkt stehen.

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