DAZ aktuell

Apotheker brauchen den Konsens (Kommentar)

Aktivitäten apothekereigener Unternehmen sollten eigentlich mit den Interessen der Berufsorganisationen abgestimmt sein. Zwischen der Sanacorp und der Bundesapothekekammer scheint es aber seit kurzem ein Abstimmungsproblem, vielleicht sogar eine grundlegend unterschiedliche Einstellung zum Thema Apothekengruppenkonzepten zu geben. So gefährdet laut BAK-Präsident Metzger das Vorantreiben des Dachmarkenkonzept "meine Apotheke" seitens der Sanacorp die jüngsten Erfolge gegen die Einführung von Apothekenketten und den Erhalt der inhabergeführten Apotheke (siehe Bericht). Der Vorstandsvorsitzende der Sanacorp AG Manfred Renner hält die Entwicklung derartiger Konzepte jedoch für notwendig und richtig. Auf den zahlreichen Dialogabenden wirbt er sogar persönlich für die Teilnahme. Sind Zukunftsstrategien eines apothekereigenen Großhandels nicht mehr mit den berufspolitischen Interessen vereinbar?

Sowohl die Strategie bzw. das Gruppenkonzept der Sancorp als auch die Argumente von Herrn Metzger können aus der Sicht des einzelnen Apothekers als nicht grundsätzlich falsch angesehen werden. Würde sich die Sanacorp nicht den Vorwurf der Fahrlässigkeit aussetzen, wenn Sie als einziger Pharmagroßhandel kein Dachmarkenkonzept entwickeln würde?

Könnten der Sanacorp dann eventuell spätere Wettbewerbsnachteile gegenüber nicht apothekereigenen Konkurrenten entstehen? Andererseits, bekommt die ABDA bei ihren weiteren politischen Gesprächen nicht ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn gerade von einem apothekereigenen Unternehmen eine Kooperation gebildet wird, die vom Gesetzgeber als Kette(nvorläufer) interpretiert werden könnte?

Eine schwierige Situation. Denn heute weiß keiner, welche Bedeutung bzw. Rolle Dachmarken bei Apotheken zukünftig spielen werden.

Wie wird sich aber jetzt ein Kammerpräsident entscheiden, der gleichzeitig im Sanacorp Aufsichtsrat sitzt? Lehnt er Dachmarkenkonzepte – wie Kollege Johannes Metzger – ab oder tritt er dem Gruppenkonzept der Sanacorp als gewählter und loyaler Vertreter bei?

Was wiegt mehr: Treue zur Standespolitik oder Pflicht eines Aufsichtsrates? "meine Apotheke" oder "nur" Apotheke?

Viele Kollegen stellen sich zurecht die Frage: Warum hat man sich nicht abgestimmt? Warum widersprechen sich Standespolitik und apothekereigene Unternehmen öffentlich, obwohl zahlreiche Apotheker auf beiden Seiten in Amt und Würden stehen? Warum schwächt man sich gegenseitig, obwohl man sich doch gegenseitig braucht?

Es dürfte im Interesse aller Beteiligten liegen, dass der hier vorliegende Dissens keine Unruhe innerhalb der Apothekerschaft erzeugt. Eine schnelle Klärung und insbesondere eine bessere Abstimmung hier und in Zukunft sollte für die Verantwortlichen auf beiden Seiten Pflicht sein.

Die Einigkeit zwischen Berufsstand und genossenschaftlichem Großhandel war nie so wichtig wie heute. Wenn dies nicht mehr funktioniert, dürfte viel Glaubwürdigkeit verloren gehen, gegenüber den Apothekern, gegenüber der Politik und letztendlich auch in der Öffentlichkeit. Die Apotheker brauchen hier den Konsens!

Hermann Vogel jr.

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