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Soziale Sicherungssysteme: Ulla Schmidt: Nachhaltige Reformen notwendig

BERLIN (uk). Auf einer Veranstaltung der Initiative Hauptstadt Berlin, einem 1990 gegründeten Verein zur Förderung von Wirtschaft, Kultur, Bildung und dem gemeinschaftlichen Zusammenwirken unterschiedlicher Nationalitäten und Gesellschaftsgruppen in der Hauptstadt, sprach Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt am 4. November zur Frage, ob Deutschland vor einer demographischen Katastrophe stehe. Damit sich auch die kommenden Generationen auf eine Absicherung, im Falle von Alter, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit verlassen könnten, müsse auf die schwierige konjunkturelle Lage und die Tatsache, dass immer weniger junge Menschen das soziale Netz für immer mehr ältere Menschen halten, angemessen reagiert werden.

Die Umkehrung der Alterspyramide in den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten, erfordere laut Schmidt nachhaltige Reformen aller sozialen Sicherungssysteme. Die Ministerin gestand vor den Vertretern verschiedenster Wirtschaftszweige ein, dass die verantwortlichen Regierungskommissionen zu spät begonnen haben, auf diese Herausforderung angemessen zu reagieren.

Die Systeme des Sozialstaates müssten nach den Vorstellungen der Ministerin effizienter und zielgenauer organisiert werden. Die Regierung wolle durch stabile Sozialbeiträge den Faktor Arbeit entlasten und so das Anspringen der Konjunktur fördern.

Solidarität als Grundprinzip erhalten

In diesem Zusammenhang sei der Kompromiss zur Gesundheitsreform ein Erfolg. Die finanziellen Probleme der GKV könnten nun ohne Beitragserhöhungen gelöst werden.

Die Bundesgesundheitsministerin stellte noch einmal dar, welche Vorteile das GMG nach ihrer Ansicht bringen wird. So mache diese Reform einen unbeschränkten Zugang zur notwendigen Gesundheitsversorgung auch in Zukunft bezahlbar. Sie lege die Grundlage für notwendige Strukturveränderungen, stärke das Mitspracherecht der Patienten und erhöhe die Transparenz im System. Die allgemeine Kritik am GMG nannte Schmidt einseitig und verkürzt.

Durch bessere Vernetzung von Haus- und Fachärzten, die integrierte Versorgung und die Öffnung der Kliniken für ambulante Patienten würde die Qualität der Versorgung ohne Kostenschub verbessern. Dem drohenden Ärztemangel in Brandenburg oder Sachsen könne durch die neue Möglichkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen, Praxen aufzukaufen und selbst Versorgungszentren zu gründen, entgegengewirkt werden.

Der verstärkte Wettbewerb führe bei den Krankenkassen zur Rationalisierung und zu Fusionen. Direktverträge zwischen Ärzten und Krankenkassen sowie die Übertragung des Sicherstellungsauftrages von den Kassenärztlichen Vereinigungen auf die Krankenkassen seien vorerst vom Tisch.

Wichtig sei, bei der Reformierung der Sozialsysteme abzuwägen, welche Risiken durch eine soziale Grundsicherung abgedeckt werden müssen und welche in die Verantwortung des Einzelnen übertragen werden können. So sollten die Absicherung der Pflege im Alter oder der Behandlung einer schweren Erkrankung sowie die Sozialhilfe als soziale Auffangnetze erhalten bleiben.

Die Zuzahlung der Krankenkassen für Sehhilfen in Höhe von 50 Euro aller drei Jahre könne aber beispielsweise problemlos entfallen. Es stelle keine unzumutbare Härte dar, monatlich zwei Euro anzusparen, und für die GKV ergebe sich insgesamt eine Ersparnis von 600 Millionen Euro.

Präventionsgesetz in Arbeit

Die Prävention solle als eigenständige Säule des Gesundheitswesens ausgebaut werden, denn nicht das Altern, sondern das gesunde Altern müsse unser Ziel sein. Frau Schmidt verwies hier auf das neue Präventionsgesetz, das bald vorgelegt werden soll.

In diesem Gesetz sieht die Ministerin eine Hauptantwort auf die Probleme, die sich durch den demographischen Wandel ergeben. So können durch das Hinausschieben einer chronischen Volkskrankheit wie Diabetes oder Bluthochdruck um zwei Jahre die Beiträge zur GKV um einen Prozentpunkt gesenkt werden. Über Bonus-Systeme solle das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung gestärkt werden. Von Malus-Systemen, abgesehen von der erhöhten Tabaksteuer, hält die Ministerin dagegen nichts.

Weitere Änderungen im Gesundheitssystem kündigte Schmidt bei Arbeitszeiten und Honorarmodellen für Ärzte und Pflegepersonal an. Das Gesundheitswesen müsse als Wirtschaftsfaktor und Beschäftigungsmotor erhalten und gestärkt werden.

Nicht nur weil ich einmal Sonderschullehrerin für schwererziehbare Kinder war, halte ich Bonus-Systeme für wirksamer als Malus-Systeme. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt

Kinder sind toll und sollten nicht nur als finanzielle Belastung gesehen werden. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt

Wir brauchen nicht mehr als 300 Krankenkassen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt

Die Frage lautet nicht: Wie alt werde ich? Sie lautet: Wie gesund werde ich alt? Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt

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