Arzneimittel und Therapie

EU-Zulassung: Inhalatives Iloprost bei pulmonaler Hypertonie

Die EU-Kommission hat jetzt in einem zentralen Zulassungsverfahren inhalatives Iloprost (Ventavis®) in allen EU-Staaten zugelassen, wie die Firma Schering mitteilte. Ventavis® ist ein Inhalationspräparat zur Behandlung von Patienten mit primärem Lungenhochdruck (pulmonaler Hypertonie). Iloprost wirkt bei Inhalation unmittelbar auf die Blutgefäße der Lunge.

Iloprost ist ein chemisch stabiles Derivat des natürlich vorkommenden Prostacyclins (PGI2). Seine Synthese gelang den Forschern der Schering AG bereits im Jahre 1978, zwei Jahre nachdem von Vane und Mitarbeitern die Struktur des endogenen Prostacyclins (PGI2) aufgeklärt worden war. Mit dem hauptsächlich im Gefäßendothel synthetisierten PGI2 hatte man den stärksten endogenen Vasodilatator gefunden, der zugleich zytoprotektive und thrombozytenaggregationshemmende Eigenschaften vereint. Iloprost unterscheidet sich von PGI2 strukturell dadurch, dass es am C16 eine Methyl-Gruppe trägt, in der 18-, 19-Stellung eine Dreifachbindung aufweist und dass der Enol-Sauerstoff durch eine Methen-Gruppe ersetzt wird.

Vasodilatierende Wirkung

Iloprost hat ein ähnliches pharmakologisches Profil wie das endogene Prostacyclin, wobei einige Wirkeigenschaften, zum Beispiel die Thrombozytenaggregationshemmung, verstärkt und die physikochemische und In-vivo-Stabilität erhöht sind. Iloprost wirkt auf den Gefäßtonus vasodilatativ. Des Weiteren antagonisiert Iloprost die vasospastischen Effekte der Leukotriene, des Thromboxan A2 und des "Endothelium derived constricting factor" (EDCF) an den glatten Muskelzellen der Arterien. Iloprost kann die vasokonstriktorische Wirkung von Endothelin-1 (ET-1) auf arterielle und venöse Gefäße funktionell vollständig antagonisieren.

Terminale Halbwertszeit 30 Minuten

Iloprost wird über eine Betaoxidation zu einem inaktiven Tetranorderivat metabolisiert. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal. Die Elimination von Iloprost verläuft biphasisch. Die initiale Halbwertzeit durch Verteilung in Organe und Gewebe beträgt vier Minuten, die terminale Halbwertszeit ist länger als die des endogenen Prostacyclins und liegt bei 30 Minuten.

Iloprost bei verschiedenen Indikationen

Die klinische Wirksamkeit wurde in einer Reihe von überwiegend doppelblinden Studien bei Patienten mit peripheren Gefäßerkrankungen unterschiedlicher Genese überprüft. In einer großen Zahl klinischer Studien, von der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit bis zu Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, zeigte Iloprost positive klinische Effekte auf Ulcusheilung, Ruheschmerz, Verminderung der Anzahl und der Schwere vasospastischer Attacken (Raynaud-Attacken), Analgetikaverbrauch, Amputationsrate und Mortalität.

Einsatz zur Infusion

Iloprost als Infusionslösung (Ilomedin®) ist derzeit in 27 europäischen und außereuropäischen Ländern zugelassen. Zugelassene Indikationen sind die periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK), die Thrombangiitis obliterans (Buerger-Syndrom), das Raynaud-Syndrom, sowie seit 2001 die primäre und sekundäre pulmonale Hypertonie im NYHA-Stadium III und IV. Der Zulassungsstatus variiert in den einzelnen Ländern. In Deutschland ist Ilomedin® für die Behandlung der schweren Thrombangiitis obliterans, einer entzündlichen Form der arteriellen Verschlusskrankheit mit hohem Amputationsrisiko, zugelassen.

Behandlung der pulmonalen Hypertonie

Die Inhalation aerosolierter verdünnter Iloprost-Lösung (Ventavis®) ist ein innovativer Therapieansatz zur Behandlung von Patienten mit schwerer pulmonaler Hypertonie. Nach der Inhalation führt Iloprost zu einer signifikanten Verbesserung des Drucks in den Lungenarterien, des Gefäßwiderstandes in der Lunge und der Förderleistung des Herzens sowie zur Verbesserung der gemischten venösen Sauerstoffsättigung. Dadurch verbessern sich die körperliche Leistungsfähigkeit und die anderen Krankheitssymptome. Wegen der kurzen Halbwertszeit müssen die Patienten neun Mal täglich inhalieren.

In einer randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Multicenterstudie der Phase III bei 203 Erwachsenen mit stabilem Lungenhochdruck wurde Iloprost bzw. Plazebo als Inhalation zusätzlich zur jeweils laufenden Therapie verabreicht. Diese konnte aus einer Kombination von gerinnungshemmenden Medikamenten (Antikoagulantien), gefäßerweiternden Präparaten (z. B. Calciumantagonisten), Diuretika, Sauerstoff und Digitalis bestehen. Durch die Therapie mit Iloprost verbesserte sich die Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest statistisch signifikant. Auch das NYHA-Stadium, die pulmonale Hämodynamik und die Dyspnö sowie die Lebensqualität verbesserten sich durch die Therapie mit Iloprost. Nach den Ergebnissen dieser Studie verbessert Ventavis® die Therapie für Patienten mit schweren Symptomen und Herzinsuffizienz und ist damit eine neue Behandlungsoption für diese lebensbedrohliche Krankheit.

Orphan-drug-Status

Bereits im Dezember 2000 hatte die Europäische Kommission auf Empfehlung der europäischen Arzneimittelbehörde (EMEA) Iloprost als Orphan Drug für die Indikation pulmonale Hypertonie registriert. Im Dezember 2001 wurde bei der EMEA die Zulassung für diesen Therapieansatz beantragt. Die Schering AG plant den Vertriebsbeginn von Ventavis® in einzelnen EU-Ländern noch in diesem Jahr, in der gesamten EU soll das Produkt innerhalb 2004 vermarktet werden. Im Mai 2003 erhielt die Schering AG ein positives Votum von der Europäischen Arzneimittelbehörde (CPMP). Das CPMP ist das wissenschaftliche Komitee für humanmedizinische Produkte der europäischen Kommission EMEA, und dessen positives Votum ist eine Vorraussetzung für den EU-Beschluss.

Die pulmonale Hypertonie

Der Lungenhochdruck, die pulmonale Hypertonie, ist eine schwere Erkrankung, bei der der Blutdruck in den Lungengefäßen zwischen rechtem und linkem Herzen, dem so genannten kleinen Kreislauf, erhöht ist. Damit durch die verengten Lungengefäße eine ausreichende Blutmenge fließt, muss das Herz deutlich mehr leisten, also mit mehr Druck gegen den erhöhten Widerstand pumpen. Der erhöhte Druck in den Lungengefäßen führt zu irreversiblen Veränderungen der Gefäßwände und zunehmender Belastung des rechten Herzens, dessen Pumpleistung langfristig nachlässt. Als Folge verschlechtert sich die Sauerstoffversorgung des Organismus, und die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt deutlich ab. Die Lebenserwartung ist gering: Bei primärer pulmonaler Hypertonie beträgt sie nach Diagnosestellung nur noch drei bis fünf Jahre. Die häufigste Todesursache ist ein Versagen des rechten Herzens.

Die pulmonale Hypertonie kann erblich bedingt sein (primäre Form). Häufiger ist die sekundäre Form, die sich auf dem Boden von verschiedenen Grunderkrankungen ausbildet. Dazu gehören Lungenerkrankungen, am häufigsten die chronisch-obstruktive Bronchitis, Lungenembolien, Herzerkrankungen, Autoimmunerkrankungen wie Sklerodermie und Lupus erythematodes, Virusinfektionen wie HIV und Hepatitis und Lebererkrankungen. Auch einige Arzneimittel können bei längerer Einnahme als unerwünschte Wirkung eine pulmonale Hypertonie auslösen, besonders Appetitzügler und Amphetamine. Die sekundäre pulmonale Hypertonie beginnt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, und Frauen sind häufiger betroffen als Männer. In Deutschland leiden mindestens 8000 Menschen an sekundärer pulmonaler Hypertonie.

Endothelin-Konzentration ist erhöht

Bei der Entstehung einer pulmonalen Hypertonie ist das Endothel der Blutgefäße entscheidend beteiligt. Eine wichtige Funktion des Endothels ist die Bildung von verschiedenen Botenstoffen, die für die Regulierung der Blutgefäße verantwortlich sind. Dazu gehören Stoffe, die gefäßerweiternd wirken und andere, die die Gefäße verengen können. Zu den gefäßerweiternden Substanzen gehören zum Beispiel Prostacyclin und NO. Ein sehr stark gefäßverengender Faktor ist Endothelin (ET-1). Beim gesunden Menschen findet ein geregeltes Zusammenspiel zwischen Endothelin auf der einen und gefäßerweiternden Substanzen auf der anderen Seite statt. So wird ein normaler Gefäßtonus aufrecht erhalten.

Bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie sind die Endothelin-Konzentrationen erhöht, dagegen wird in den Lungengefäßen zu wenig Prostacyclin gebildet. Die erhöhte Endothelin-Konzentration bewirkt eine starke und lang anhaltende Verengung der Lungengefäße, einen verstärkten krankhaften Gefäßumbau in den Lungengefäßen und eine erhöhte Durchlässigkeit der Gefäßwände mit Entzündungsreaktionen. Möglicherweise werden auch die Herzmuskelzellen geschädigt. hel

Die EU-Kommission hat in einem zentralen Zulassungsverfahren inhalatives Iloprost (Ventavis) in allen EU-Staaten zugelassen. Ventavis ist ein Inhalationspräparat zur Behandlung von Patienten mit primärem Lungenhochdruck (pulmonaler Hypertonie). Iloprost wirkt bei Inhalation unmittelbar auf die Blutgefäße der Lunge.

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