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0800 DocMorris bei der Gmünder Ersatzkasse: Versandapotheke DocMorris kommt nic

SCHWÄBISCH GMÜND (diz). Die Versandapotheke 0800 DocMorris wird sich entgegen früherer Ankündigungen nun doch nicht in Deutschland niederlassen. Diese Pläne seien durch das "Gesundheitsreförmchen" vereitelt worden, räumte Ralf Däinghaus, Mitgründer und Geschäftsführer von DocMorris, auf einer Veranstaltung der Gmünder Ersatzkasse (GEK) und des Baden-Württembergischen Wirtschaftsrats der CDU in Schwäbisch Gmünd am 20. Oktober 2003 ein. Außerdem, so gestand der Träger des Deutschen Innovationspreises auf dieser Veranstaltung, schreibe sein Unternehmen immer noch rote Zahlen. Den Durchbruch erwarte er im ersten Quartal 2004.

Der Chef der GEK, Dieter Hebel, freute sich, dass Ralf Däinghaus der Einladung des Wirtschaftsrates und seiner Kasse gefolgt sei. Die GEK gehört zu den Kassen in Deutschland, die bei DocMorris eingelöste Rezepte trotz uneindeutiger Rechtslage erstatten. DocMorris habe dazu beigetragen, "einen starren Markt zu knacken".

Mit der Gesundheitsreform sei man nun einen entscheidenden Schritt vorangekommen, jede Apotheke in Deutschland könne ab 2004 Versandhandel betreiben, aber auch jeder Patient könne seine Arzneimittel in einer europäischen Apotheke einkaufen.

Hebel bedauerte jedoch, dass es mit dieser Reform noch nicht gelungen sei, den Festpreis bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln abzuschaffen, begrüßenswert sei, dass immerhin der OTC-Markt frei gegeben worden sei. Dies bedeute aber auch, dass weiterhin Anreize aus dem Ausland, hier aus den Niederlanden, für die Patienten kommen könnten.

Denn zum einen kenne Holland keine Festpreise bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, zum andern müssten die niederländischen Apotheker keine Zuzahlungen von den deutschen Patienten erheben.

Ein "seriöses Unternehmen"

Bei der Vorstellung seines Unternehmens vor Unternehmern aus den verschiedensten Branchen versuchte der 36-jährige Ralf Däinghaus mit einigen Vorurteilen über seine Versandapotheke DocMorris aufzuräumen. Er legte Wert darauf, dass DocMorris als "seriöses Unternehmen" dargestellt werde.

Die Vorteile für den Kunden bei DocMorris liegen in der diskreten Bedienung (da auf dem Weg der Bestellung), in der bequemen Lieferung nach Hause, in den günstigen Preisen und in dem Verzicht auf die Zuzahlung sowie in der vorbildlichen pharmazeutischen Dienstleistung.

Etwa 160 Mitarbeiter, davon rund ein Drittel Fachpersonal, sorgen in der Versandapotheke, die seit 2001 ISO-zertifiziert ist, für eine qualitätsgesicherte Abgabe von Arzneimitteln. Um Fehler bei der Abgabe weitgehend auszuschalten, herrsche ein striktes Vier-Augen-Prinzip, jede abgehende Lieferung werde von zwei pharmazeutischen Fachkräften überprüft.

Umsatzerwartung 2003: 45 Mio. Euro

Mittlerweile zähle DocMorris über 200 000 Kunden, mehr als die Hälfte der Kunden sei über 40 Jahre alt, meist aus Ballungsräumen und chronisch Kranke. Rund 80 Prozent der Kunden nutzen die traditionellen Kommunikationswege (und nicht das Internet) um ihre Arzneimittel bei DocMorris zu bestellen.

Der Umsatz sei seit 2000 sprunghaft angestiegen. Nach 1 Mio. Euro in 2000, 5 Mio. Euro in 2001 und 22 Mio. in 2002 schätze man, dieses Jahr mit einem Umsatz von 45 Mio. Euro abzuschließen. Von dem Gesamtarzneimittelmarkt in Deutschland, der rund 27,6 Mrd. Euro beträgt, könnte der Versandhandelsanteil bei insgesamt 8 Prozent liegen, hofft Däinghaus.

Ihm war es bewusst, mit der Versandapotheke in abgeschottete Märkte einzubrechen und gegen Besitzstandswahrer kämpfen zu müssen. So klagten zahlreiche Apothekerverbände gegen DocMorris, der Großhandel boykottiere die niederländische Versandapotheke und die Hersteller verweigerten Rabatte.

Auf die Frage, wer denn nun DocMorris beliefere, nannte Däinghaus keine Namen, aber Arzneimittel im Wert von 4,5 Mio. Euro pro Monat "müssen ja irgend wo herkommen". Dies sei eine Größenordnung, die schon "für den einen oder anderen Großhandel attraktiv" sei. Man habe Kanäle gefunden, die an uns Arzneimittel weitergeben. Denn: "DocMorris ist ein guter Handelspartner, das bricht so manchen Boykott", ergänzte der DocMorris-Chef.

Danke für die Unterschriftenaktion

Sehr gefreut habe man sich dagegen über die Unterschriftenaktion der ABDA gegen die Versandapotheke. Denn durch diese Aktion habe DocMorris einen noch stärkeren Bekanntheitsgrad erreicht. Däinghaus wörtlich: "Jetzt wissen 7,7 Millionen, dass es den Versandhandel gibt."

Ein weiteres Phänomen im Zusammenhang mit DocMorris ließ Däinghaus nicht unerwähnt: Die riesige Werbung durch eine gigantische Pressemaschinerie. "Wir haben 0 Euro für Werbung ausgegeben", rühmte sich der DocMorris-Chef, "wir bedanken uns auch bei den Apothekerverbänden, wir schicken gelegentlich mal ein Frühstückskörbchen." Die Berichterstattung in nahezu allen Medien führte immerhin dazu, dass jeder vierte Deutsche die Versandapotheke DocMorris kennt.

Kampf gegen die Etablierten

Man rechnete damit, dass die etablierten Märkte sich wehren, so habe man denn auch mit einigen Gerichtsprozessen zu kämpfen, insgesamt seien 13 einstweilige Verfügungen, 4 Hauptsachverfahren gegen DocMorris erlassen worden. Da man gegen einstweilige Verfügungen verstoßen habe, müsse man etwa 200 000 Euro an Ordnungsgeldern bezahlen. Dies sei bei seinem Unternehmen lediglich "eine Frage der Liquidität".

Was die Hauptsacheverfahren angeht, so gebe es hier widersprüchliche Urteile. Einige Gerichte hätten die Lieferung nach Deutschland und die Abrechnung durch die Krankenkassen erlaubt, die Werbung für die Internetapotheke aber verboten. Ein wenig mehr Klarheit erwarte man sich von dem Ausgang des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof.

Bald Investorwechsel

Zur finanziellen Lage erklärte Däinghaus, dass DocMorris eine Aktiengesellschaft sei, einen Teil der Aktien halte er selbst, der größere Teil jedoch sei venture capital, das von Finanzinvestoren komme. Die Investitionsphase sei erst im ersten Quartal 2004 abgeschlossen, bisher schießen die Gesellschafter noch zu.

Im Übrigen stehe, so merkte Däinghaus an, in Kürze ein Investorwechsel bei DocMorris an, dies sei jedoch kein besonderer Vorgang, sondern eine Eigenheit in dem Markt, der mit venture capital arbeite.

Wir bleiben vorerst in den Niederlanden

Däinhaus bedauerte, dass die Gesundheitsreform, seine Pläne, sich auch in Deutschland niederzulassen vereitelte. Man wolle daher in den Niederlanden bleiben, bis die Gesetze in Deutschland auch den Fremdbesitz liberalisierten was, so seine Einschätzung, wohl bis spätestens 2007 kommen wird.

Angesprochen darauf, ob nicht sein Erfolg auch mit den unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen von Deutschland und den Niederlanden zusammenhänge, stellte Däinghaus erneut klar, dass sein Unternehmen bei Lieferungen nach Deutschland auch den deutschen Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent bezahle und an das Finanzamt Kleve abführe.

Selbstkritisch zeigte sich Däinghaus bei den Lieferfristen seines Unternehmens, die derzeit noch bei vier bis fünf Tagen lägen. Man wolle bis Ende des Jahres ein eingegangenes Rezept binnen zwei Tagen liefern.

GEK: Wir sparen X Prozent

Welche Vorteile konkret die Gmünder Ersatzkasse davon hat, dass Versicherte ihr Rezept bei DocMorris einlassen, erfuhr man allerdings nicht, GEK-Chef Dieter Hebel: "Wir sparen x-Prozent, die Zahl sage ich nicht."

Hebel sprach sich für mehr Wettbewerb von Qualität und Preis im Apothekenmarkt aus: "Mir tun die deutschen Apotheker leid wegen des Festpreissystems bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln", so der Chef der Gmünder Ersatzkasse, "weil Jungs wie Däinghaus die Festpreise unterbieten können."

Den anwesenden Unternehmern auf der Veranstaltung machte Däinghaus noch einmal die Vorteile seiner Versandapotheke klar: Patienten könnten Geld sparen, die Krankenkassen würden weniger belastet, damit könnten die Beiträge sinken, dies sei alles in allem volkswirtschaftlich sinnvoll, "wir tun 80 Millionen Bundesbürgern gut".

Bis jetzt, so meinte Däinghaus zum Schluss der Veranstaltung, habe er der deutschen Apotheke noch nicht weh getan. Für die Zukunft glaube er jedoch, werden viele Apotheken umdenken müssen. Er reihe sich in die Stimmen ein, die sagten, dass man in Deutschland auf 5000 bis 7000 Apotheken verzichten könne.

Däinghaus prognostizierte, dass in den nächsten Jahren einige Apotheken schließen müssten, aber nicht wegen DocMorris. Der Umsatz einer heutigen Durchschnittsapotheke sei langfristig zu niedrig, als dass diese Apotheke rentabel arbeiten könnte. Eine Apotheke muss wachsen, was nur noch auf Kosten anderer Apotheken möglich sei.

Die Versandapothekee 0800DocMorris wird sich entgegen früherer Ankündigungen nun doch nicht in Deutschland niederlassen. Diese Pläne seien durch das "Gesundheitsreförmchen" vereitelt worden, räumte Ralf Däinghaus, Mitgründer und Geschäftsführer von DocMorris, auf einer Veranstaltung der Gmünder Ersatzkasse (GEK) und des Baden-Württembergischen Wirtschaftsrats der CDU in Schwäbisch Gmünd am 20. Oktober 2003 ein. Außerdem, so gestand der Träger des Deutschen Innovationspreises auf dieser Veranstaltung, schreibe sein Unternehmen immer noch rote Zahlen. Den Durchbruch erwarte er im ersten Quartal 2004.

Wir haben Staub aufgewirbelt, weil es viel Staub gab.

Ralf Däinghaus

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