Arzneimittel und Therapie

Onkologie: Bessere Therapieerfolge durch Supportivmaßnahmen

Bei der Therapie onkologischer Erkrankungen spielen nicht nur Zytostatika, sondern auch Supportiva eine wichtige Rolle. Ohne unterstützende Begleitmaßnahmen könnten viele zytostatische Regimes nicht durchgeführt und manche Therapieerfolge nicht erzielt werden. Darüber hinaus verbessern Supportivmaßnahmen ganz entscheidend die Lebensqualität von Tumorpatienten.

Einer der größten Erfolge der Supportivtherapie war die Entwicklung wirksamer Antiemetika. Vor dem Einsatz von 5-HT3-Antagonisten und deren Einbau in antiemetische Therapieregimes konnten viele hochemetogene Therapien nicht durchgeführt werden bzw. wurden vom Patienten abgebrochen, was wiederum den Therapieerfolg schmälerte.

1991 wurde als erster Vertreter der 5-HT3-Antagonisten Ondansetron (Zofran®) zur Therapie der zytostatikabedingten Emesis zugelassen. Zwischenzeitlich sind weitere drei Serotonin-Antagonisten auf dem Markt (Dolasetron [Anemet®], Granisetron [Kevatril®], Tropisetron [Navoban®]), die zwar über unterschiedliche pharmakokinetische Muster verfügen, bei korrekter Handhabung in ihrer Wirkung aber vergleichbar sind. Mit ihrer Hilfe kann das akute zytostatikainduzierte Erbrechen in den meisten Fällen verhindert werden. Problematisch ist noch immer die Behandlung des verzögerten Erbrechens. Darunter versteht man Übelkeit und Erbrechen, die erst zwei bis fünf Tage nach der Chemotherapie auftreten. Wahrscheinlich spielt bei dieser Art des Erbrechens Serotonin keine oder nur eine untergeordnete Rolle und demzufolge sind hier 5-HT3-Antagonisten nicht so wirksam wie beim akuten Erbrechen.

Verzögertes Erbrechen: Hoffnung auf NK1-Antagonisten

Das verzögerte Erbrechen wird vermutlich über die Substanz P gesteuert, die an Neurokininrezeptoren bindet. NK1-Antagonisten hemmen den Neurotransmitter Substanz P, sodass er am Tachykinin-Neurokinin-NK1-Rezeptor keine Wirkung mehr entfalten kann. Die Wirksamkeit von NK1-Antagonisten wird derzeit untersucht. In einer Studie wurde ein NK1-Antagonisten mit einem 5-HT3-Antagonisten und Dexamethason kombiniert, was zu einem verbesserten Erfolg führte. Bislang haben NK1-Antagonisten noch keine Zulassung zur Therapie von Übelkeit und Erbrechen; man rechnet mit einer Markteinführung Ende 2003.

Selten aber bedrohlich: das Tumorlysesyndrom

Einige Tumoren mit einem hohen Zellumsatz können spontan oder – was weitaus häufiger der Fall ist – nach einer Chemotherapie schlagartig zerfallen. Die dabei freigesetzten Nukleinsäuren werden im Organismus als Harnsäure "entsorgt". Treten nun sehr hohe Harnsäuremengen auf, kann dies die Niere nicht mehr ausscheiden und "verstopft". Harnsäure-, Phosphat- und Kaliumspiegel steigen an, es kommt zu Übelkeit, muskulärer Schwäche, Paraesthesien, kardialen Arrhythmien bis hin zum Herzstillstand.

Die Hyperurikämie kann zu einem tödlichen Nierenversagen führen. Dieses Krankheitsbild wird als Tumorlysesyndrom bezeichnet. Das Tumorlysesyndrom kommt selten vor, ist aber immer eine bedrohliche Situation. Es kann vor allem in der Pädiatrie bei Leukämien und Lymphomen sowie bei onkologischen Erkrankungen mit einer hohen Tumormasse und einem guten Ansprechen auf die Chemotherapie auftreten.

Schneller Abbau durch Uratoxidase

Bis vor kurzem wurde neben allgemeinen Maßnahmen wie Hydrierung und Alkalisieren des Harns Allopurinol zur Senkung des Harnsäurespiegels eingesetzt. Die erwünschte Wirkung tritt allerdings erst nach 12 bis 24 Stunden ein. Seit gut einem Jahr steht mit Rasburicase (Fasturtec®) ein Medikament zur Verfügung, dessen Wirkung innerhalb weniger Stunden einsetzt.

Rasburicase ist ein gentechnologisch hergestelltes Enzym (Uratoxidase), welches die Harnsäure zu Allantoin abbaut. Allantoin ist gut wasserlöslich und wird problemlos über den Harn ausgeschieden. Zur Therapie des Tumorlysesyndroms wird Rasburicase über fünf bis sieben Tage hinweg einmal täglich als Kurzinfusion verabreicht. Diese mehrtägige Therapie ist erforderlich, da sich der Zellverfall über mehrere Tage erstreckt und die entstehende Harnsäure kontinuierlich gelöst werden muss.

Neue Indikationen für Bisphosphonate

Das Indikationsgebiet für Bisphosphonate in der Onkologie hat sich im Laufe der Zeit verändert und erheblich erweitert: Zuerst wurden Bisphosphonate zur Therapie der Tumorcalcämie eingesetzt, dann zur Linderung von Knochenschmerzen und zur Verbesserung der Lebensqualität. Heute werden sie vor allem bei Knochenmetastasen eingesetzt.

Bei ossären Metastasen besteht ein pathologisch gesteigerter Knochenabbau. Bisphosphonate hemmen die Aktivität der Osteoklasten sowie die Neubildung von Osteoklasten aus Vorläuferzellen. Ferner unterdrücken sie im Stadium der Mikrometastasierung die Tumorzelladhäsion an der Knochenmatrix. Durch die Hemmung der Osteolyse wird auch die Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus der Knochenmatrix unterbunden. Dies ist von Bedeutung, da diese Wachstumsfaktoren auch das Wachstum von Tumorzellen fördern.

Bisphosphonate in der Prävention?

Zur Zeit wird der adjuvante Einsatz von Bisphosphonaten zur Prävention ossärer Metastasen überprüft. In einer Studie mit rund 300 Brustkrebspatientinnen wurde eine zweijährige Therapie mit Clodronat (Ostac®) im Hinblick auf Fernmetastasen untersucht. Nach drei Jahren hatten die Frauen der Bisphosphonat-Gruppe signifikant weniger Fernmetastasen als die Patientinnen der Plazebo-Gruppe (13% vs. 29%) sowie ein signifikant längeres rezidivfreies und Gesamtüberleben. Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine weitere Studie mit mehr als 1000 Patientinnen. Auch hier konnte eine signifikante Reduktion der Mortalität durch Clodronat nachgewiesen werden.

Die Empfehlung, präventiv zweimal täglich 520 mg Clodronat (Ostac®) oder einmal täglich 1600 mg Clodronsäure (Bonefos®) einzunehmen, beruht unter anderem auf diesen Studien. Allerdings besitzen Bisphosphonate zur Zeit in Deutschland noch keine Zulassung zur Prävention von Knochenmetastasen; ihr adjuvanter Einsatz ist bislang auch noch nicht in Leitlinien aufgenommen.

Fatigue – ein vielschichtiges Problem

Dem Fatigue-Syndrom wird erst in jüngster Zeit vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Dies mag unter anderem daran liegen, dass die Fatigue in ihrer Vielschichtigkeit noch nicht ganz verstanden wird und sich sehr unterschiedlich äußern kann. Auch die Gründe einer Fatigue sind nicht immer bekannt. Eine mögliche und häufige Ursache ist eine Anämie, die krankheits- oder therapiebedingt sein kann.

Liegt ein erniedrigter Hb-Wert vor, ist eine Therapie mit Erythropoetin sinnvoll. Ab welchem Wert eine Therapie angezeigt ist, wird unterschiedlich diskutiert. Bei Hb-Werten unter 10 g/dl sollte man Erythropoetin substituieren, bei Werten zwischen 10 und 12 g/dl kann sein Einsatz erwogen werden. Eine Anhebung des Hb-Wertes verbessert nicht nur die Lebensqualität des Patienten, sondern scheint auch zu besseren Therapieergebnissen zu führen.

Neben der medikamentösen Behandlung der Anämie spielen auch psychoonkologische Maßnahmen zur Verbesserung der Krankheitsbewältigung, ein individuelles Sportprogramm und körperliches Training eine entscheidende Rolle, um das Fatigue-Syndrom zu lindern.

Grundregeln der antiemetischen Therapie

  • Prophylaxe statt Therapie
  • Emesis: 5-HT3-Antagonist plus Corticosteroid
  • jeweils die niedrigste, voll wirksame Dosis des 5-HT3-Antagonisten wählen
  • die verschiedenen 5-HT3-Antagonisten sind vergleichbar gut wirksam

Indikationen für Bisphosphonate in der Onkologie

  • Tumorhyperalcämie
  • Knochenschmerz
  • Tumorosteolyse
  • pathologische Frakturen
  • Verbesserung der Lebensqualität
  • Metastasenprophylaxe
  • Überlebenszeitverbesserung
  • Osteoporose

Das Fatigue-Syndrom Mit Fatigue wird ein allgemeiner Erschöpfungszustand von Krebspatienten bezeichnet. Er kann sich in verminderter Leistungsfähigkeit, starker Müdigkeit, Schwäche, Konzentrationsstörungen, gestörtem Schlafmuster, Niedergeschlagenheit, Gedächtnisstörungen, Interesselosigkeit, Motivationsarmut und Verstimmungen äußern. Das Fatigue-Syndrom kann auch erst Jahre nach der Krebserkrankung auftreten. Als Auslöser der Fatigue kommt die Tumorerkrankung selbst, die Therapie, eine daraus resultierende Anämie und die seelische Belastung in Frage.

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