Arzneistoffporträt

Ibuprofenpräparate im Vergleich – Klinische Studie zur Bioäquivalenz

Ibuprofen ist aufgrund seines überzeugenden therapeutischen Effekts und seiner guten Verträglichkeit eines der am häufigsten verschriebenen Analgetika. Bei Analgetika spielt neben dem Ausmaß der Wirkung der schnelle Wirkungseintritt eine wichtige Rolle. Diesem Zweck dienen verschiedene galenische Ansätze, z. B. ölige Suspension in Gelatine-Kapseln oder die Überführung des Wirkstoffs in ein Salz. Eine aktuelle Bioäquivalenzstudie untersuchte das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Resorption von Ibuprofensäure nach Gabe einer speziellen Ibuprofen-Zubereitung bzw. eines Ibuprofen-Lysinat-Präparates.

NSAR gegen Schmerzen

Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) spielen eine bedeutende Rolle bei der Behandlung von entzündlichen und schmerzhaften Prozessen. Das Wirkprinzip der NSAR besteht in einer reversiblen kompetitiven Hemmung der Cyclooxygenase, wobei Ibuprofen mit der Arachidonsäure um die Bindung am aktiven Zentrum des Enzyms konkurriert. Durch die Hemmung der Cyclooxygenase wird die Prostaglandinsynthese gehemmt.

Ibuprofen (2-(4-isobutyl-phenyl)propionsäure) dient zur Behandlung akuter und chronischer entzündlicher Schmerzen und ist aufgrund seines bemerkenswerten therapeutischen Effekts und seiner guten Verträglichkeit weit verbreitet [1]. Ibuprofen ist das am zweithäufigsten verschriebene NSAR in Deutschland [8]. Insbesondere bei den Indikationen Kopfschmerzen und Migräne, für die Ibuprofen indiziert ist, ist ein schneller Wirkungseintritt wünschenswert [5].

Pharmakokinetik von Ibuprofen

Ibuprofen wird schnell resorbiert, etwa 1 bis 2 Stunden nach Einnahme von 400 mg Ibuprofen wird eine maximale Plasmakonzentration von etwa 34 µg/ml erreicht. Das Lysinat des Ibuprofens erreicht die maximale Plasmakonzentration schon nach etwa 30 Minuten. Nahrungsaufnahme verzögert die Resorption von Ibuprofen.

Die Eliminationshalbwertzeit von Ibuprofen beträgt etwa 2 Stunden. Es hat eine hohe Proteinbindung (99%). Nach hepatischer Metabolisierung werden die pharmakodynamisch inaktiven Metaboliten hauptsächlich renal eliminiert [1– 3], [6], [7].

Bioäquivalenzstudie

Aufgrund unterschiedlicher galenischer Formulierungen können die auf dem Markt befindlichen Ibuprofen-Tablettenzubereitungen in ihren pharmakologischen Eigenschaften stark variieren. Von dem Ibuprofen-Lysinat-Präparat Dolormin® extra ist eine schnelle Resorption bekannt. In In-vitro-Untersuchungen zeigte Eudorlin® extra eine schnellere Wirkstofffreisetzung als andere Ibuprofen-Tablettenzubereitungen [4].

Obwohl durch viele Untersuchungen belegt ist, dass bei Ibuprofen eine eindeutige Korrelation von In-vitro-Freisetzung und In-vivo-Anflutung besteht, wurde eine Bioäquivalenzstudie durchgeführt, um das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Resorption von Eudorlin® extra im Vergleich mit Dolormin® extra auch klinisch zu belegen.

Methode

Durchführung der Studie Die Studie war als offene, randomisierte, zweiarmige Cross-over-Prüfung gemäß den GCP-Richtlinien über Bioäquivalenzstudien angelegt. Zwischen den beiden Studienperioden lag eine Auswaschphase von 7 Tagen. Zu jeder Studienperiode erhielt jeder Proband 1 x 400 mg Ibuprofen. Die Studienmedikation wurde gegen 8.00 Uhr morgens verabreicht. Die Probanden blieben 10 Stunden vor bis 5 Stunden nach jeder Applikation nüchtern.

Die Studie wurde im November/Dezember 2002 in der Klinik für klinische Pharmakologie der Schlesischen Medizinischen Akademie Katowice, Polen, durchgeführt. Die zuständige Ethikkommission "Komisja Bioetyczna Slaskiej Akademii Medycznej w Katowicach" hatte der Durchführung der Studie zugestimmt. Die Analytik wurde von Farmovs-Parexel Bioanalytical Services Division, Bloemfontein, Südafrika, vorgenommen.

Probandenkollektiv An der Studie nahmen 14 männliche und weibliche Probanden teil. Ausschlusskriterien waren Hepatitis und HIV-Infektion sowie Alkohol- und Drogen/Medikamentenmissbrauch. Zwei Probanden wurden wegen schwerer Protokollverletzung von der Auswertung ausgeschlossen.

Die Probanden waren 18 bis 48 Jahren alt, bei einem Durchschnittsalter (± Standardabweichung) von 30,6 (± 10,1) Jahren. Das mittlere Körpergewicht betrug 69,1 ± 11,0 kg, die mittlere Körpergröße 168,2 ± 6,4 cm. Die Ergebnisse der körperlichen Untersuchung, Vitalparameter, EKG und Laboruntersuchungen zeigten einen guten Allgemeinzustand der Patienten.

Probenentnahme und Analytik In beiden Studienperioden wurden von jedem Probanden mittels intravenösem Katheter jeweils 19 x 4 ml Blut entnommen, und zwar zum Zeitpunkt 0 (unmittelbar vor Applikation) sowie 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 25, 30, 45, 60, 90, 120, 180 und 300 Minuten nach Applikation.

Nach der Entnahme wurden die heparinisierten Proben zentrifugiert, in 3 Aliquote getrennt und bis zur Analyse separat bei – 20 °C gelagert. Die pharmakokinetische Analyse erfolgte unter verblindeten Bedingungen. Die Plasmaproben wurden in einem Wasserbad bei ca. 37 °C aufgetaut. Ein Aliquot Plasma (200 µl) wurde in Zentrifugenröhrchen unter Hinzufügung von Acetonitril (400 ml) mit Flufenaminsäure als internem Standard (ca. 18,75 µm/ml) gegeben. Es wurde 30 Sekunden gemischt und anschließend 5 Minuten bei 5300 U/min zentrifugiert, in ein Probensammelröhrchen überführt und der Überstand (5 µl) in die HPLC-Kolonne injiziert. Ibuprofen und der interne Standard wurden durch UV-Extinktion bestimmt (Extraktionsmittel: Acetonitril, Reinheit: B&J high purity; ortho-Phosphorsäure, Reinheit: 85%; Natriumhydroxid, Reinheit: > 98%).

Die mobile Phase bestand aus Acetonitril und Wasser (550 + 450, v/v), versetzt mit 9,86 g ortho-Phosphorsäure je Liter. Der pH wurde mit 5 N NaOH auf 4,5 eingestellt. Die untere Bestimmungsgrenze lag bei 0,249 µg/ml.

Pharmakokinetische Auswertung Die pharmakokinetische Auswertung erfolgte auf der Basis der entsprechenden Leitlinien, insbesondere der "Note for Guidance: Investigation of bioavailability and bioequivalence" (CPMP/EWE/QWP/1401/98). Das Kriterium der Bioäquivalenz war erfüllt, wenn das 90%-Konfidenzintervall in den Bereich von 80% bis 125% fiel.

Ergebnisse

Plasmaspiegel Die mittleren Plasmakonzentrations-Zeit-Profile für beide Zubereitungen waren nahezu gleich (Abb. 1). Die Werte für die maximale Plasmakonzentration, die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Plasmakonzentration sowie die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve lagen innerhalb des für die Bioäquivalenz geforderten Bereiches. Damit erwies sich Eudorlin® extra als bioäquivalent zu Dolormin® extra hinsichtlich Ausmaß und Geschwindigkeit der Resorption. Die maximale Plasmakonzentration (Cmax) von Eudorlin® extra betrug ca. 36 µg/ml und wurde ca. 45 Minuten (tmax) nach Applikation erreicht; die maximale Plasmakonzentration von Dolormin® extra betrug ca. 32 µg/ml und wurde nach ca. 30 Minuten erreicht. Die therapeutisch wirksame Plasmakonzentration von 10 µg/ml wurde bei Eudorlin® extra nach ca. 10 Minuten, bei Dolormin® extra nach ca. 12 Minuten erreicht.

Wie aus Abbildung 2 ersichtlich, korreliert bei Eudorlin® extra das sehr schnelle Anfluten von Ibuprofensäure im Plasma innerhalb der ersten Minuten mit der schnellen In-vitro-Freisetzung bei pH = 7,2 [4]. Die noch nach 5 Stunden hohen, analgetisch wirksamen Blutspiegel belegen die langanhaltende Wirkung beider Ibuprofenpräparate. Die AUC0-last betrug für Eudorlin® extra 6578 ± 1728 µg/ml min und für Dolormin® extra 6059 ± 1914 µg/ml min und ist für beide Ibuprofenzubereitungen als etwa gleich zu bewerten.

Verträglichkeit Während der Studie wurden keine unerwünschten Ereignisse registriert. Die Ergebnisse der körperlichen Untersuchung, Vitalparameter, EKG und Laboruntersuchungen gaben keine Hinweise auf Unverträglichkeiten eines der beiden Präparate.

Diskussion und Schlussfolgerungen

Nach oraler Verabreichung eines Medikamentes werden Ausmaß und Geschwindigkeit der Resorption durch mehrere Vorgänge beeinflusst. Im Hinblick auf die Formulierung des Medikaments sind dies z. B. die Freisetzung und der Transport des Wirkstoffs, seine Auflösung im Magen-Darm-Trakt und seine Resorption über die Schleimhaut. Aufgrund der pH-Abhängigkeit wird durch die Verwendung von Lysinsalz die Resorption von Ibuprofen beschleunigt.

Überraschenderweise kann jedoch eine bestimmte galenische Formulierung (Eudorlin® extra) die Resorption des Ibuprofens in gleicher Weise wie das Lysinsalz beschleunigen: Nachdem In-vitro-Untersuchungen dessen schnelle Wirkstofffreisetzung gezeigt hatten, konnte durch die In-vivo-Studie dessen schnelle Anflutung belegt werden. Die Konzentrations-Zeit-Profile demonstrieren, dass Eudorlin® extra bezüglich Ausmaß und Geschwindigkeit der Resorption bioäquivalent zu dem als schnell anflutend bekannten Dolormin® extra ist. Die Korrelation der In-vitro- und In-vivo-Ergebnisse bestätigt, dass auch für unterschiedliche galenische Zubereitungen von Ibuprofen klinische Untersuchungen zur Bioäquivalenz nicht erforderlich sind, sondern dass die In-vitro-Ergebnisse auf die In-vivo-Situation übertragen werden können.

Die therapeutisch wirksame Konzentration von etwa 10 µg/ml [2] wurde bei Eudorlin® extra mit 10 Minuten nach Applikation sogar etwas früher erreicht als bei Dolormin® extra mit 12 Minuten. Damit kann Eudorlin® extra als eine Zubereitung mit einem bemerkenswert schnellen analgetischen Wirkungseintritt angesehen werden. Das Sicherheitsprofil beider Zubereitungen erwies sich als sehr gut.

Zusammenfassung Ein deutlich schnellerer Wirkungseintritt im Vergleich mit anderen Zubereitungen wurde durch den Einsatz von Ibuprofen-Lysinat erreicht, wie es in Dolormin® extra (Woelm-Pharma) enthalten ist.

In-vitro-Untersuchungen zeigten ebenfalls eine sehr schnelle Freisetzung von Ibuprofensäure aus Eudorlin® extra (Berlin-Chemie), verglichen mit anderen im Handel befindlichen Ibuprofen-Tablettenzubereitungen.

In einer Bioäquivalenzstudie wurden das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Resorption von Ibuprofensäure (Eudorlin® extra) im Vergleich mit Ibuprofen-Lysinat (Dolormin® extra) bestimmt. Dabei erwiesen sich beide Präparate als bioäquivalent.

Die therapeutisch wirksame Plasmakonzentration wurde mit Eudorlin® extra bereits 10 Minuten nach Einnahme erreicht.

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