Arzneimittel und Therapie

Akutes koronares Syndrom: Löslicher CD 40 Ligand zeigt drohenden Infarkt an

Ein Marker, der bereits vor Einsetzen der ischämischen Myokardnekrosen eine stattfindende Thrombozytenaktivierung anzeigen kann, würde eine frühere Diagnosestellung für einen drohenden Infarkt ermöglichen. Jetzt ist es gelungen, einen löslichen CD40 Liganden, der bei einer Aggregation von Thrombozyten freigesetzt wird, nachzuweisen. In Studien deutete eine erhöhte Konzentration der löslichen CD40 Liganden auf eine signifikante Erhöhung des Risikos für ein kardiales Ereignis oder tödlichen Ausgang hin. Die Bestimmung dieses Markers könnte die Diagnose eines akuten koronaren Syndroms verbessern.

Bisher galt der Nachweis von Troponin im Serum als sensitives und spezifisches Kriterium für die Diagnose eines akuten Koronarsyndroms. Troponin spielt jedoch keine aktive Rolle in diesem pathophysiologischen Geschehen.

CD40 Ligand aktiviert Thrombozyten

Die Ruptur einer arteriosklerotischen Plaque verursacht einen Endotheleinriss. Das Blut gelangt in Kontakt mit dem darunter liegenden subendothelialen Kollagen; Thrombozyten werden aktiviert. Diese setzen u.a. den zelltypischen, löslichen CD40 Liganden ins Blut frei. Der CD40 Ligand spielt eine bedeutende Rolle bei der Destabilisierung der Plaques und Progression eines akuten Koronarsyndroms.

Die Substanz aktiviert über die Bindung an den thrombozytenständigen Glykoprotein IIb/IIIa-Rezeptor weitere Thrombozyten. Die Thrombozytenadhäsion und -aggregation mit Bildung eines Blutpfropfes kann schließlich zum Verschluss der Koronararterien führen. Jetzt wurde der prädiktive Wert von CD40 Ligand-Serumspiegeln in Bezug auf kardiale Ereignisse untersucht. Weiterhin wurde die Wirksamkeit des Glykoprotein IIb/IIIa-Inhibitors Abciximab in Abhängigkeit vom CD40-Spiegel bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom getestet.

Studiendesign

Für diese beiden Ziele wurden in der vorliegenden Studie zwei Patientenkollektive gebildet. Das erste Kollektiv stammte aus der 1997 an Patienten mit akutem Koronarsyndrom durchgeführten und im Lancet veröffentlichten CAPTURE-Studie.

In dieser prospektiven, randomisierten Multicenterstudie zeigte die Gabe von Abciximab kurz vor bis kurz nach perkutaner transluminaler Koronarangioplastie (PTCA) Vorteile in der 30-Tages-Mortalität und in der Vermeidung von akuten Myokardinfarkten gegenüber der Behandlung mit Plazebo. Allerdings war dieser Benefit nach sechs Monaten nicht mehr nachweisbar.

Von den insgesamt 1265 CAPTURE-Patienten wurden in einer neuen Studie die Proben von 1088 Patienten nachträglich auf die Konzentration von löslichem CD40 Liganden untersucht. Für das zweite Kollektiv wurden 626 Patienten mit Brustschmerz prospektiv eingeschlossen. Auch hier wurden die CD40-Spiegel bestimmt und mit dem Risiko für einen akuten Myokardinfarkt und Mortalität korreliert. Es erfolgte keine Behandlung mit Abciximab.

Kardiales Risiko abschätzen

Die im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie zeigte folgende Ergebnisse:

  • 40 % der Patienten in der CAPTURE-Studie wiesen einen initialen CD40-Spiegel von > 5,0 µg/l auf.
  • Ein CD40-Spiegel von > 5,0 µg/l war in der Plazebo-Gruppe der CAPTURE-Studie mit einer erhöhten Mortalität und einem erhöhten Risiko für einen Herzinfarkt verbunden.
  • CAPTURE-Patienten, welche einen erhöhten CD40 Spiegel von > 5,0 µg/l aufwiesen, profitierten am meisten von der Behandlung mit Abciximab.
  • In der Gruppe der Patienten mit Brustschmerz hatten 50 % tatsächlich ein akutes Koronarsyndrom. Ein kardiales Ereignis oder Tod wurden in dieser heterogenen Gruppe bei einem CD40 Wert von > 5,0 µg/l zuverlässig vorhergesagt.
  • Der prädiktive Wert des löslichen CD40 Liganden war unabhängig vom Nachweis oder Fehlen einer Myokardnekrose, wie sie vom Troponin angezeigt wird.
  • Die Patienten mit einem negativen Troponin-Test bei gleichzeitig erhöhtem CD40-Spiegel wiesen das gleiche, erhöhte kardiale Risiko auf wie Patienten mit erhöhten Werten für Troponin und CD40.

Risikoreduktion durch Abciximab

Erhöhte Spiegel des löslichen CD40 Liganden zeigen eine verstärkte thrombozytotische Aktivität koronarer Plaques an und identifizieren zuverlässig die Subgruppe von Patienten mit einem akuten koronaren Syndrom, die ein erhöhtes Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis und Tod haben. Diese Patienten können vom frühen Einsatz des Glykoprotein IIb/IIIa-Inhibitors Abciximab profitieren.

Troponin und der lösliche CD40 Ligand haben unabhängig voneinander einen hohen Stellenwert in der Früherkennung und Risikostratifizierung des akuten Koronarsyndroms. Die Messung beider Parameter könnte vor allem für Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom wertvoll sein, bei denen das Troponin (noch) nicht erhöht ist.

Literatur

Heeschen, C.; S. Dimmeler; et al.: Soluble CD 40 Ligand in Acute Coronary Syndromes. N. Engl. J. Med.; 348; 1104 – 1111 (2003). CAPTURE investigators: Randomised placebo-controlled trial of abciximab before and during coronary intervention in refractory unstable angina: the CAPTURE study. Lancet; 349; 1429 – 1435 (1997).

Troponin Das kardiale Troponin ist ein Protein, das typisch für die Muskulatur des Herzens ist. Wird das Herz durch eine Hypoxie geschädigt, so stirbt als Folge der Unterversorgung der Muskulatur mit Sauerstoff ein Teil des Herzmuskelgewebes ab, die Zellmembran wird durchlässig und ermöglicht so den Austritt intrazellulärer Proteine wie Troponin aus den Myokardzellen in das Blut.

Als Marker für eine Myokardnekrose ist Troponin nach seiner Freisetzung ca. drei Stunden nach Infarktbeginn im Blut nachweisbar. Der Maximalwert wird nach 15 bis 24 Stunden erreicht, erst nach etwa sieben Tagen fällt es wieder in den Normalwertbereich ab. Dieses kann dazu führen, dass eventuell auftretende Reinfarkte maskiert werden.

Akutes Koronarsyndrom Das akute Koronarsyndrom (ACS) umfasst die instabile Angina pectoris sowie den akuten Myokardinfarkt. Es stellt eine häufige kardiologische Notfallsituation dar, in der eine frühzeitige und adäquate Behandlung die Prognose der Patienten wesentlich verbessert.

Im Vordergrund der Therapie des akuten Koronarsyndroms steht die Behandlung mit Heparinen, Hemmstoffen der Thrombozytenaggregation sowie die interventionelle Behandlung mit der perkutanen transluminalen Koronarangioplastie (PTCA).

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