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Computersimulation: Neue Reform als Bausatz

BONN (im). In diesen Tagen werden durch die geplante Gesundheitsreform voraussichtlich Weichen für ein neues Apothekenwesen und eine geänderte Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gestellt. Auch wenn das Thema ernst ist, Sie können spielerisch einmal in die Rolle einer Gesundheitspolitikerin schlüpfen und auf Tastendruck sehen, was bei Änderungen im Arzneibereich geschieht. Was spült wo wieviel in die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)? Eine Computersimulation macht's sichtbar.

Das Unternehmen Schwarz Pharma hat ein entsprechendes Programm ins Internet (www.gesundheitspolitik.de) gestellt, um nach eigenen Angaben mehr Transparenz zu schaffen und die unterschiedlichen Reformthesen zusammenzuführen. Es erscheint der "Reform-O-Mat", der nach ein paar einleitenden Worten mit harten Fakten beginnt. Ausgangspunkt: Die Krankenkassen gaben im vergangenen Jahr 142,6 Milliarden Euro aus und steckten mit 2,9 Milliarden Euro in den Miesen.

Auf einem bunten Diagramm sind alle Ausgabenblöcke der GKV sichtbar. Auf einen Blick ist violett die Dominanz des Kliniksektors zu sehen, es folgen die weiteren großen Blöcke Arzneiversorgung oder ärztliche Behandlung. Je nach Vorliebe kann man nun durchspielen, was welcher Reformschritt bringen würde.

Beispielsweise liegen die Arzneimittelausgaben bei 23,4 Milliarden Euro, die virtuell gesenkt werden können, etwa durch höhere Zuzahlungen der Patienten. Wahlweise können Sie aber auch den Selbstbehalt im Krankenhaus anheben oder den Kassen neue Einnahmen etwa durch die Beitragserhebung auf Miete, Pacht oder Zinseinkünften verschaffen.

Versuchsweise erhöhe ich die Zuzahlung der Patienten zu Arzneimitteln um einen Euro, 0,44 Milliarden Euro würde das der klammen GKV bringen. Das Kästchen mit dem Vorschlag von noch mehr Reimporten lasse ich frei, das scheint mir nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein, die Einführung des Versandhandels ebenso wenig (würde angeblich das Minus von 2,9 Milliarden Euro auf minus 1,1 Milliarden drücken).

Die "Pille" jungen Frauen unter 20 Jahren nicht mehr kostenlos auf Kassenrezept zur Verfügung zu stellen, bringt von der Summe her nicht viel, gerade einmal zehn Millionen Euro.

Mehr entlastet dagegen eine abgesenkte Mehrwertsteuer (MWSt) die defizitäre Krankenversicherung. Mit einer siebenprozentigen MWSt anstelle der jetzigen 16-prozentigen könnten die Kassen 1,5 Milliarden Euro sparen.

Ein paar Fragen tauchen auf: 200 Millionen würde es angeblich bringen, wenn Arzneimittel für Bagatellerkrankungen selbst bezahlt werden müssten. Hier sind jedoch die aufgeführten Beispiele Husten und Schnupfen unglücklich gewählt, zahlt doch bekanntlich der GKV-Versicherte über 18 Jahre die Präparate gegen Erkältungskrankheiten selbst.

Wie auch immer, ich verlasse den Arzneisektor und verschaffe der GKV lieber mehr Einnahmen. Hier kommen ganz andere Dimensionen ins Spiel: Fünf Milliarden Euro hätte die GKV mehr in der Kasse, wenn die Subventionierung anderer Sozialversicherungszweige wegfiele, weitere 3,6 Milliarden Euro frische Einnahmen gäbe es, wenn auch auf Einkünfte aus Miete, Pacht oder Zinsen Kassenbeiträge erhoben würden.

Für meine Reform – sieben Prozent MWSt, Arzneimittelzuzahlung um einen Euro erhöht, Stopp der Subventionierung anderer Sozialversicherungszweige, Heranziehung von Einkünften aus Miete und Co. ernte ich als Resultat einen grünen Smiley als Symbol für den GKV-Versicherten und einen grünen Button als Stellvertreter des Steuerzahlers.

Nach dem Spiel wird aufgelistet, wieviel sich an Einnahmen und Ausgaben der Kassen ändern würde und wie weit der Beitragssatz nach unten gehen könnte. Aber wie gesagt, alles nur im Spiel.

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