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Studie: Ärzten fehlt der Nachwuchs

BERLIN (ks). Die deutsche Ärzteschaft überaltert und hat ein Nachwuchsproblem: Vor allem im Bereich der hausärztlichen Versorgung wird es in Zukunft zu Engpässen in der Versorgung kommen, sollten keine geeigneten Gegenmaßnahmen getroffen werden. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Arztzahlenstudie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Bundesärztekammer (BÄK), die am 27. August in Berlin vorgestellt wurde.

"Der drohende Ärztemangel ist in einigen Bereichen nicht nur früher eingetreten als erwartet, er hat auch an Dynamik gewonnen" kommentierten BÄK-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe und der Erste Vorsitzende der KBV Manfred Richter-Reichhelm die zum zweiten Mal erschienene Studie.

Der Untersuchung zufolge lag das Durchschnittsalter der Vertragsärzte im vergangenen Jahr bei 50,2 Jahren – es ist damit seit 1993 um drei Jahre gestiegen. Zwischen 1995 und 2002 stieg der Anteil aller berufstätigen Ärzte, die älter sind als 59 Jahre, um knapp 58 Prozent. Gleichzeitig sank der Anteil der jungen Ärzte um 31 Prozent: Im Jahr 2002 waren lediglich 17 Prozent der berufstätigen Mediziner jünger als 35.

Hoppe warnt vor Wartelisten

Hoppe erläuterte, dass die Gesamtzahl der berufstätigen Ärzte und Ärztinnen zwar zugenommen habe – dennoch suchten Krankenhäuser händeringend nach Ärzten. Der Personalbedarf in den Kliniken werde in den kommenden Jahren noch steigen, wenn der Europäische Gerichtshof entscheidet, dass Bereitschaftszeit als Arbeitszeit anzusehen ist.

Zudem schaffe die älter werdende Gesellschaft und die Zunahme von chronischen Erkrankungen bei jüngeren Menschen – z. B. Allergien – einen höheren medizinischen Leistungsbedarf. "Auch in der ambulanten Versorgung sieht es nicht gut aus: es wird zunehmend schwieriger, die Lücken zu füllen, die ältere Ärzte hinterlassen", so Hoppe.

Der BÄK-Präsident schließt daher nicht aus, dass es künftig zu Wartelisten kommen wird. Sorge bereitet auch der Nachwuchs: "In nur vier Jahren sind die Neuzugänge von Ärzten im Praktikum um 15,1 Prozent zurückgegangen", so Hoppe. Immer mehr Absolventen entschieden sich gegen den Arztberuf und suchten sich attraktivere Berufsalternativen außerhalb der kurativen Medizin, die ein höheres Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen versprechen.

Neue Bundesländer besonders betroffen

Besonders dringlich ist laut Richter-Reichhelm das Problem in der hausärztlichen Versorgung. Bis zum Jahr 2011 würden voraussichtlich 23 000 Hausärzte ausscheiden – ausreichend Nachwuchs ist nicht in Sicht. Vor allem in den neuen Bundesländern sei die Situation alarmierend: Hier würden in den kommenden Jahren rund ein Drittel der Hausärzte in den Ruhestand gehen.

Als Grund für die rückläufigen Arztzahlen nannte der KBV-Chef die wachsende Unzufriedenheit der Ärzte und die sinkende Attraktivität des Arztberufs. Mehr als ein Drittel der heute tätigen Ärzte würde sich kein zweites Mal für den Beruf entscheiden.

Eine zu hohe Arbeitsbelastung und die zunehmende Bürokratisierung seien wesentliche Gründe für diese Haltung. Das Fazit Richter-Reichhelms: "Mediziner müssen praxisnäher ausgebildet und ihre Arbeitsbedingungen attraktiver gestaltet werden, damit sich junge Menschen wieder stärker für diesen Beruf interessieren."

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