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Demographie: Das Jahrhundert des Alterns stellt die Welt vor Probleme

BERLIN (ks). Nachdem das 20. Jahrhundert zweifelsohne als das Jahrhundert des Bevölkerungswachstums Ų oder gar der Bevölkerungsexplosion Ų bezeichnet werden kann, wird der Megatrend des 21. Jahrhundert das Altern sein. Zwischen 1900 bis 2000 wuchs die Weltbevölkerung von 1,6 auf 6,1 Mrd. Menschen an. Heute beträgt sie rund 6,3 Mrd. Menschen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) werden 2050 etwa 8,9 Mrd. Menschen die Erde bevölkern. Vor allem in den Entwicklungsländern wird die Population weiter zunehmen. In Industrienationen wird hingegen ein Bevölkerungsrückgang erwartet.

Anlässlich eines Kongresses internationaler Statistik-Institute vom 13. bis 20. August in Berlin, erläuterten Demographie-Experten aus Europa und den Vereinigten Staaten am 15. August, welche Herausforderungen uns in diesem Jahrhundert bevorstehen: In den ärmsten Entwicklungsländern wird die Bevölkerung weiter anwachsen, in den reicheren Entwicklungsländern – etwa China – wird sich eine Alterung anbahnen, wie sie sich schon jetzt in den Industrieländern deutlich abzeichnet.

Bereits heute leben 80 Prozent der Menschen in Entwicklungsländern – 2050 werden es voraussichtlich 90 Prozent sein, so Dr. Joseph Chamie, Direktor der UN-Bevölkerungsabteilung. Bis dahin wird sich voraussichtlich auch die weltweite Lebenserwartung von derzeit rund 66 Jahren um zehn Jahre auf 76 Jahre erhöhen – Frauen werden weiterhin eine um fast fünf Jahre höhere Lebenserwartung als Männer haben.

Dabei wird sich der Anteil der über 65-Jährigen von sieben auf 16 Prozent steigern – in manchen Ländern wird gar jeder Dritte älter als 65 sein, so Chamie. Die Fruchtbarkeit wird weltweit sinken. Mitte des Jahrhunderts erwarten die UN, dass sich die Fruchtbarkeitsraten durchschnittlich nahe am Bestandserhaltungsniveau halten werden.

Auch Dr. Wolfgang Lutz, Leiter des Bevölkerungsprojekts am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) und Direktor des österreichischen Instituts für Demographie, erklärte, dass in den letzten Jahrzehnten in praktisch allen Ländern die Geburtenziffern gefallen seien.

Als Gründe nannte er die zunehmende Bildung der Frauen, Familienplanungsprogramme sowie einen Wertewandel (lieber weniger Kinder, denen man jedoch mehr bieten kann). Langfristig sei daher ein Ende des Bevölkerungswachstums in Sicht – möglicherweise gar ein Schrumpfen.

Die beständige Alterung wird vor allem die sozialen Sicherungssysteme auf eine harte Probe stellen. Dr. Paul Demeny vom Population Council New York, ist der Ansicht, dass die Systeme der modernen Wohlfahrtstaaten die Stunde der Wahrheit nur geringfügig werden hinaus schieben können.

Auch eine liberale Zuwanderungspolitik könnte die Verzerrung der Altersverteilung nur geringfügig abschwächen. Noch schwieriger wird es in Ländern wie Thailand oder China werden, wo die Anzahl alter Menschen ebenfalls wachsen wird, nennenswerte soziale Sicherungssysteme aber gar nicht existieren.

Die Statistiker beschränken sich derzeit vor allem auf eine Analyse der Ist-Situation und auf Prognosen für das laufende Jahrhundert – eine Lösung für die drohenden Probleme haben sie nicht parat. Diese zu finden, soll den Politikern überlassen bleiben.

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