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Herstellerrabatte und Festbeträge: VFA sieht Pharma-Forschung in Deutschland in

BERLIN (ks). Die Arzneimittelforschung in Deutschland steht nach Auffassung der forschenden Arzneimittelhersteller durch die Gesundheitsreformpläne auf dem Spiel. "Ein staatlich verordneter 16-prozentiger Zwangsrabatt und die Aushebelung des Patentschutzes durch Festbeträge stellen Deutschland als zukunftsfähigen Forschungsstandort grundsätzlich in Frage", kritisierte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) Cornelia Yzer am 4. August in Berlin. Dr. Stefan Oschmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der MSD Sharp & Dohme GmbH, und Patrick Schwarz-Schütte, Chef der Schwarz Pharma AG, erklärten, die geplanten Maßnahmen seien eine "Kampfansage" an forschende Unternehmen. Das Bundesgesundheitsministerium wies die Kritik umgehend zurück.

Yzer verwies darauf, dass die Branche nun zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren gezwungen werde "Milliardenbeträge in ein erklärtermaßen marodes System zu schießen". Dort versickere das Geld, ohne dass sich an den Verhältnissen etwas ändere und echte Reformen eingeleitet würden. Bereits in diesem Jahr seien die Pharmaunternehmen mit Umsatzverlusten von über zwei Mrd. Euro belastet. Mit den nunmehr geplanten Eingriffen bewegten sich die Einbußen in 2004 auf die 3-Milliarden-Marke zu, so Yzer. Zwei Botschaften sende die Politik an die forschenden Unternehmen, erklärte die VFA-Chefin: Erfolgreiche Forschung wird mit einem Zwangsrabatt bestraft und Patente sind in Deutschland nichts mehr wert.

Firmen-Chefs kündigen Investitionsstopp und Entlassungen an

Oschmann und Schwarz-Schütte betonten, dass ihre Firmen in der Vergangenheit noch auf den Pharmastandort Deutschland gesetzt hätten – doch nun sei hierzulande der Rutsch in die Verlustzone unausweichlich. Angesichts der geplanten Maßnahmen würden sie gezwungen, ihre Geschäfte noch mehr ins Ausland zu verlagern. Für Oschmann liegen die Konsequenzen des Rabatts und der Festbeträge auf der Hand: 85 Prozent des Umsatzes seines Unternehmens seien von Zwangsrabatten betroffen. Daher heiße es für MSD in Deutschland von nun an Stopp für Investitionen, Einstellungen, Forschung und Entwicklung. Zudem müssten Arbeitsplätze abgebaut werden, so Oschmann.

Ähnlich wird es im deutschen Unternehmen Schwarz Pharma aussehen. Schwarz-Schütte erklärte, er erwarte für das Deutschland-Geschäft 2004 einen Umsatzverlust von ca. zehn Mio. Euro und sehe sich deshalb zu einem Abbau von 200 Arbeitsplätzen und einem sofortigen Investitionsstopp gezwungen. "Gott sei Dank haben wir ein Auslandsgeschäft von 90 Prozent", so Schwarz-Schütte.

Dr. Andreas Barner, Mitglied der Unternehmensleitung der Boehringer Ingelheim GmbH und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des VFA, erklärte, die jetzt anstehenden drastischen Verluste stünden künftig für Forschungsaufwendungen nicht mehr zur Verfügung: "Das hat zwangsläufig mittelfristige Auswirkungen auf die Arzneimittelforschung in Deutschland."

VFA begrüßt Streichung der Erstattungspflicht von OTC-Präparaten

Dass die forschenden Arzneimittelhersteller eine Verbesserung der Qualität und Effizienz des Gesundheitswesens für dringend erforderlich halten, stehe nicht in Frage, erklärte Yzer weiter. Doch dies müsse mit anderen Mitteln geschehen. So begrüßt der VFA zum Beispiel die Herausnahme nicht-rezeptpflichtiger Arzneimittel aus der Erstattung. In diesem Bereich sei man zu kompensatorischen Maßnahmen bereit. Dabei glaubt Yzer nicht, dass es zu großen Substitutionseffekten zugunsten rezeptpflichtiger Medikamente kommen wird: "Wer auf nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel eingestellt ist, wird nicht so leicht auf verschreibungspflichtige Mittel umsteigen". Darüber hinaus fordere der VFA "ein wettbewerbliches Gesundheitswesen, in dem sich alle – auch die pharmazeutische Industrie – dem Wettbewerb um die beste Qualität stellen", so Yzer.

Ministerium: Regierung stärkt Pharmastandort Deutschland

Das Bundesgesundheitsministerium wies die VFA-Kritik zurück. "Wir wollen eine leistungsfähige Arzneimittelforschung und innovative Arzneimittel für eine effiziente Versorgung in Deutschland", erklärt der Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder (SPD). Die Pharmaindustrie wisse genau, dass es drei Maßnahmen zur Stärkung des Pharmastandorts Deutschland gebe: So wurde eine Task-force zur Verbesserung des Pharmastandorts Deutschland und zur Förderung der Forschungsrahmenbedingungen eingerichtet. Mit von der Partie seien namhafte Pharmaproduzenten. Erste Gespräche seien erfolgversprechend verlaufen, so Schröder.

Zudem gebe es im europäischen Vergleich kein marktnäheres Instrument als die Festpreise, wie sie in Deutschland gelten. Nicht zuletzt würden zum Schutz von wirklich innovativen Arzneimitteln diese nicht in die Festbetragsregelung einbezogen. Die forschenden Arzneimittelhersteller müssten nun ihre Forschungsanstrengungen stärker auf echte Innovationen konzentrieren, forderte Schröder. Dann hätten sie gute Chancen im internationalen Wettbewerb.

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