DAZ wissenswert

Bildband: Carl Spitzweg auf Reisen

Etwa 200 Gemälde und 80 Zeichnungen von Carl Spitzweg, deren gemeinsames Thema das "Reisen und Wandern" ist, werden in einem ansprechenden Bildband dokumentiert und interpretiert. Spitzweg malte zwar in seiner Wohnung, aber er war auch viel unterwegs, um sich Anregungen für seine Sujets zu holen.

Spitzweg hatte nicht nur in München seine praktische Ausbildung als Apotheker erhalten und an der Universität studiert, auch später, nachdem er das Pistill mit dem Pinsel vertauscht hatte, lebte er in der bayerischen Großstadt. Man weiß, dass er sich nach der neuesten Mode kleidete – er trug auch die damals hochmoderne Nickelbrille – und freundschaftlichen Umgang mit Intellektuellen und anderen Künstlern pflog. Dennoch verbindet man mit seinem Werk vor allem die Kleinstadtidylle und Porträts von Einsiedlern und komischen Käuzen in ihrer sonderbaren Umgebung.

Anregungen für diese Sujets empfing Spitzweg vor allem auf Reisen, die er teils zu Fuß, teils in der Kutsche unternahm. Ziele von ausgedehnten Wanderungen waren insbesondere die nahe gelegenen bayerischen Alpen und die romantischen Städte Frankens, aber Spitzweg bereiste auch das Ausland: Österreich, Italien, die Schweiz, später Belgien, London und Paris. Auf der ersten Weltausstellung in London, 1851, lernte er indirekt den Orient kennen und reiste sogleich in seiner Fantasie dorthin: Er malte einige Szenen aus Ägypten, als wäre er selbst dort gewesen.

In mancher Hinsicht wird Spitzweg, der doch als Repräsentant des unpolitischen Biedermeiers gilt, neu gedeutet. So sollen seine Soldatenbilder, die insbesondere nach dem Krieg von 1866 entstanden, die deutsche Kleinstaaterei kritisieren.

Und auch so manches Idyll, in dem der Maler die Schwächen und Unzulänglichkeiten seiner Zeitgenossen schildert, birgt im Kern Kritik, was nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass Spitzweg auch Mitarbeiter der satirischen Wochenzeitschriften Simplicissimus und Münchner Bilderbogen war. Wenn zum Beispiel ein Bürger mit einer auffällig geröteten Nase am helllichten Tag von einer Wirtschaft nach Hause wankt, dann ist das nicht nur lustig, zumal in einigen Varianten dieses Motivs die Person als Schulmeister bezeichnet wird.

Auf dem abgebildeten Gemälde "Schwierige Heimkehr" sind übrigens auch die naturgetreue Wiedergabe der Gräser und Kräuter bemerkenswert. Hier wie in seinen anderen Bildern hat Spitzweg nie seine naturwissenschaftliche Bildung verleugnet.

Carl Spitzweg Siegfried Wichmann: Carl Spitzweg – Reisen und Wandern in Europa und der Glückliche Winkel. Belser Verlag, Stuttgart, 384 Seiten, Hardcover 49,90 Euro ISBN 3-7630-2396-8

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.