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Gesundheitsreform: Pharmaindustrie kritisiert Ausschluss von OTC-Präparaten

BERLIN (ks). Das Vorhaben, nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu streichen, trifft in weiten Teilen der pharmazeutischen Industrie auf Unverständnis. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hält den Plan für "fatal für Patienten und GKV". Der Deutsche Generikaverband spricht von einem "gesundheitspolitischen Eigentor".

Es war in fast allen Zeitungen zu lesen: Die pharmazeutische Industrie werde bei der anstehenden Gesundheitsreform nahezu ungeschoren davon kommen. Das sehen die Betroffenen allerdings anders: "Der Branche wird ein Beitrag in Höhe von einer Mrd. Euro abverlangt.

Wer dies klein redet, will nur wieder altbekannte Vorurteile pflegen", kommentierte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp die Behauptungen. Vielmehr leiste die Pharmaindustrie bereits seit Jahren über Festbeträge, das Beitragssatzsicherungsgesetz und die Aut-idem-Regelung einen erheblichen Beitrag zur Entlastung der GKV.

BPI: Streichung der Positivliste "einzig richtige Entscheidung"

So ist für Fahrenkamp auch die vorgesehene Erhöhung des Herstellerrabatts nicht nachvollziehbar: bis die neue Festbetragsregelung für verschreibungspflichtige Arzneimittel wirksam wird, soll der Kassenabschlag von sechs auf 16 Prozent steigen.

Der BPI-Geschäftsführer: "Das ist rational nicht begründbar und dient allein der Geldbeschaffung." Vor den Folgen der Herausnahme rezeptfreier Arzneimittel aus dem GKV-Leistungskatalog hatte der Verband schon im Vorfeld gewarnt: Durch den Rückgriff auf verschreibungspflichtige Medikamente würde dies den Kassen langfristig Mehrkosten und den Patienten stärkere Nebenwirkungen bescheren.

Eine willkürliche Ausnahme für zehn bis zwölf Indikationen trifft beim BPI ebenfalls auf Skepsis. Die Zahl der Indikationen müsse sich vielmehr nach dem Versorgungsbedarf richten. Auch mit der neuen Zuzahlungsregelung für Arzneimittel ist der Verband "nicht ganz glücklich".

Zwar sei die prozentuale Zuzahlung ein alter BPI-Vorschlag. Doch es wäre gegenüber den Versicherten fairer gewesen, keine Mindestzuzahlung von fünf Euro einzuführen, so Fahrenkamp. Denn: "Bei preisgünstigen Arzneimitteln zahlen die Patienten auf diese Weise unnötig drauf".

Darüber hinaus kritisiert der BPI am gefundenen Kompromiss, dass die Politik mit diesem ihr selbst gestecktes Ziel nicht erreicht habe. Schon in wenigen Jahren würden die strukturellen Probleme des Gesundheitswesens eine erneute Reform erfordern, so Fahrenkamp.

Auch richtige Ansätze

"Einige richtige Ansätze", will aber auch der BPI nicht verkennen: So begrüßte der BPI-Hauptgeschäftsführer, dass das Zentrum für Qualität in der Medizin nicht wie ursprünglich geplant komme. Zudem lobte er ausdrücklich die Streichung der Positivliste: "Damit hat die Politik die einzig richtige Entscheidung getroffen."

Auch der Generikaverband bleibt bei seiner Einschätzung, dass die Herausnahme nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus der GKV-Erstattung nur dazu führe, dass die Patienten stärker zur Kasse gebeten werden, ohne dass es zu Entlastungen bei den Krankenkassen komme.

Auch die Wiedereinführung der Drittelregelung bei den Festbeträgen stößt bei der Generikaindustrie auf Ablehnung. Sie sei ein untaugliches Instrument zur Senkung der Arzneimittelkosten – und zwar völlig unabhängig davon, ob sie bei Aut-idem oder der Festbetragsregelung praktiziert werde.

Eine Reihe weiterer Reformmaßnahmen lassen sich dem Generikaverband zufolge noch nicht abschließend bewerten. So komme es etwa bei der Reform der Arzneimittelpreisverordnung entscheidend auf die konkrete Ausgestaltung im Gesetzentwurf an.

Hier fordert der Verband eine Trennung des geplanten Abgabehonorars für Apotheken von 8,10 Euro vom Apothekenverkaufspreis, um eine extreme und ungerechtfertigte Verteuerung von Generika zu verhindern. Auch was eine Kommentierung der Abschaffung der Aut-idem-Regelung und der Einführung einer prozentualen Zuzahlung betrifft, wollen die Generikafirmen die tatsächliche Ausgestaltung im Gesetz abwarten.

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