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Gesundheitsreform: Streit um sinkende Krankenkassenbeiträge

BERLIN (ks). Auf durchschnittlich 13,6 Prozent sollen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im kommenden Jahr sinken Ų so jedenfalls haben es die Verfasser der Eckpunkte zum Gesundheitskonsens errechnet. Möglich werden soll dies durch Einsparungen in Höhe von knapp zehn Mrd. Euro im ersten Jahr der Reform. Kaum wurde diese Rechnung publik, wetterten die Kassen. Allen voran die AOK: Beitragssatzsenkungen seien nicht möglich, erklärte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands Hans Jürgen Ahrens, zunächst müssten Schulden abgebaut und Reserven aufgefüllt werden. Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet. Einige Kassen haben bereits Beitragssenkungen in Aussicht gestellt.

"Ein riesiges Informationsdefizit" habe in den ersten Tagen nach Veröffentlichung der Konsens-Eckpunkte bestanden, erklärte der Chef-Verhandler der Union, Horst Seehofer, die Äußerungen der zweifelnden Kassenchefs. Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zeigte sich verärgert über das schnelle "Nein" der Kassen.

Eilig bemühte man sich klar zu stellen: Die Kassen sollen ihr auf rund sieben Mrd. Euro angelaufenes Defizit durchaus tilgen – allerdings gestreckt über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren. 2004 sollen von den eingesparten zehn Mrd. Euro sieben Mrd. für Beitragssatzsenkungen verwendet werden, drei Mrd. für den Schuldenabbau. Sollte das nicht funktionieren, werde sie die Kassen notfalls gesetzlich zur Senkung ihrer Beiträge verpflichten, so Schmidt.

Nunmehr haben Barmer Ersatzkasse, Kaufmännische Krankenkasse, Techniker Krankenkasse, DAK und die AOK in Aussicht gestellt, ihre Beiträge zu senken. Nicht alle Kassen haben Schulden, sodass ihnen die Weiterreichung der Einsparungen an ihre Versicherten weniger Probleme bereitet.

Auch Ahrens erklärte am 25. Juli, eine gesetzliche Verpflichtung zur Beitragssatzsenkung sei angesichts des harten Wettbewerbs zwischen den Kassen überflüssig. Die AOK werde jede realistische Möglichkeit zu Beitragssatzsenkungen nutzen: "Keine Krankenkasse kann es sich leisten, ihren Beitragssatz künstlich hoch zu halten", sagte der AOK-Chef.

Senkungen seien möglich, wenn die Politik plane, den Schuldenabbau über mehrere Jahre zu strecken. Dies müsse allerdings "klar gesetzlich geregelt werden", so Ahrens. Ein Zwangsgesetz zur Beitragssenkung hält auch Barmer-Chef Eckardt Fiedler für "vollkommen überflüssig". Jeder Beitragsspielraum werde sofort zur Beitragssenkung genutzt, sagte er der "Welt" (Ausgabe vom 25. Juli).

Der Pressesprecher des BKK-Bundesverbands Florian Lanz übte sich in Zurückhaltung: Allein die vorgelegten Eckpunkte änderten die Realität noch nicht. "Deshalb halten wir es für seriöser, erst das konkrete Gesetz abzuwarten und dann im Herbst zu entscheiden, ob die Beiträge gesenkt werden können oder nicht", so Lanz. Es wäre bereits ein Erfolg, wenn der durchschnittliche Beitragssatz auf 14 Prozent gesenkt werden könnte.

Für den 30. Juli – nach Redaktionsschluss – hatte Schmidt Vertreter der Kassen zu einem Spitzengespräch im Ministerium eingeladen. Dort sollten mit Staatssekretär Klaus Theo Schröder die letzten Unklarheiten beseitigt und der Spielraum für Beitragssenkungen ausgelotet werden.

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