Arzneimittel und Therapie

Anti-IgE-Antikörper: TNX-901 bei Erdnussallergie

Die Erdnussallergie kann bislang nur durch Allergenkarenz und das Notfallmedikament Adrenalin behandelt werden. Möglicherweise ist die regelmäßige subkutane Injektion des Anti-IgE-Antikörpers TNX-901 eine wirksame Prophylaxe. In einer randomisierten Studie an Erdnussallergikern setzte die vierwöchentliche Injektion von 450 mg TNX-901 die Empfindlichkeitsschwelle im oralen Provokationstest im Vergleich zu Plazebo signifikant herauf.

In den USA haben etwa 1,5 Millionen Menschen eine Erdnussallergie. Jährlich sterben dort 50 bis 100 Personen nach versehentlichem Verzehr Erdnuss-haltiger Produkte. Schwere allergische Reaktionen können in jedem Lebensalter auftreten; bereits die erste Reaktion kann lebensbedrohlich sein.

Eine Allergenkarenz ist schwierig; nicht immer werden verwendete Erdnussbestandteile auf Lebensmittelverpackungen angegeben. Die Desensibilisierung hat ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis. Bislang trägt nur ein kleiner Teil der Erdnussallergiker Adrenalin als Notfallmedikament bei sich, das bei anaphylaktischem Schock lebensrettend sein kann.

IgE-Blockade

Allergische Reaktionen scheinen über Antigen-spezifisches IgE vermittelt zu werden, das an hochaffine IgE-Rezeptoren auf Mastzellen und basophilen Granulozyten bindet. TNX-901 ist ein humanisierter, monoklonaler IgG1-Antikörper gegen IgE. Der Antikörper erkennt und maskiert ein Epitop in der CH3-Region von IgE, das für die Bindung an hochaffine Rezeptoren auf Mastzellen und basophilen Granulzyten verantwortlich ist.

Schwellendosis im Provokationstest ermitteln

Ob mit der TNX-901-Gabe schwere allergische Reaktionen bei versehentlichem Erdnussverzehr vermieden werden können, kann in einer prospektiven klinischen Studie nur anhand eines "Ersatzparameters" überprüft werden: Es wird untersucht, ob die Menge Erdnussmehl, die in einem oralen Provokationstest erste Allergiesymptome auslöst, unter der Behandlung zunimmt.

In eine randomisierte, doppelblinde Dosisfindungsstudie wurden Patienten zwischen 12 und 60 Jahren aufgenommen, die bereits Überempfindlichkeitsreaktionen vom Soforttyp auf Erdnüsse gezeigt hatten. Ihre Allergie war als Nesselsucht, Angioödeme, untere Atemwegssymptome oder Blutdruckabfall zutage getreten. In einem ersten oralen Provokationstest wurde die Allergie bestätigt und die Schwellendosis von verkapseltem Erdnussmehl ermittelt, die erste allergische Symptome auslöste.

Subkutane Injektion im Abstand von vier Wochen

Die Patienten bekamen randomisiert und doppelblind viermal TNX-901 in einer Dosis von 150, 300 oder 450 mg oder ein Plazebo im Abstand von vier Wochen subkutan injiziert. Zwei bis vier Wochen nach der letzten Dosis fand ein zweiter oraler Provokationstest statt.

Die US-amerikanische Studie erfasste 84 Patienten an sieben Zentren. 82 Patienten hatten mindestens eine Dosis des Studienmedikaments erhalten und beide Provokationstests durchlaufen. Ihre Daten wurden in der Wirksamkeitsanalyse ausgewertet. Von ihnen hatten 23 Patienten Plazebo erhalten, jeweils 19 Patienten 150 bzw. 300 mg TNX-901 und 21 Patienten 450 mg TNX-901.

Signifikanter Anstieg

nur in der 450-mg-Gruppe Die durchschnittliche Schwellendosis für eine Empfindlichkeit gegenüber Erdnussmehl betrug beim ersten Provokationstest: 300 mg in der Plazebo-Gruppe, 435 mg in der 150-mg-Gruppe, 433 mg in der 300-mg-Gruppe, 178 mg in der 450-mg-Gruppe.

Bis zum zweiten Provokationstest war die durchschnittliche Schwellendosis um 710 mg (Plazebo), 913 mg (150 mg TNX-901), 1650 mg (300 mg TNX-901) und 2627 mg (450 mg TNX-901) gestiegen. Die Schwellendosis stieg abhängig von der TNX-901-Dosis.

Als Erfolg galt eine Zunahme der Schwellendosis um mindestens 0,9 Log-Stufen (Faktor 7,9). Die Erfolgsrate war in allen drei Verum-Gruppen höher als in der Plazebo-Gruppe; sie betrug 22% unter Plazebo, 53% unter 150 mg, 47% unter 300 mg und 76% unter 450 mg TNX-901. Gegenüber Plazebo war die Erfolgsrate jedoch nur unter der höchsten Dosis TNX-901 signifikant erhöht.

In allen drei Verum-Gruppen sank die Serumkonzentration des freien IgE. TNX-901 wurde gut vertragen. Systemische Nebenwirkungen, aber auch Reaktionen an der Injektionsstelle traten in allen Gruppen gleich häufig auf.

Ist der Patient ausreichend geschützt?

Da auch Angst die Symptome im Provokationstest hervorrufen kann, ist die Schwellendosis keine völlig objektive Größe. Für die Zuverlässigkeit der Methode spricht jedoch, dass die Schwellendosis in der Plazebo-Gruppe weitgehend stabil blieb.

Ein versehentlicher Verzehr beschränkt sich im Mittel vermutlich auf höchstens ein bis zwei Erdnüsse. Das entspricht einer Menge von 325 bis 650 mg Erdnussmehl. In den beiden höheren TNX-901-Dosisgruppen lagen die Schwellendosen nach der Behandlung bei 2083 bzw. 2805 mg Erdnussmehl. Das entspricht gut sechs bzw. acht Erdnüssen. Ein Fünftel bzw. ein Viertel dieser Patienten vertrug nach der Behandlung sogar die höchste getestete Menge Erdnussmehl (8 g, entsprechend 24 Erdnüssen).

Demnach erhöht die vierwöchentliche subkutane Injektion von 450 mg TNX-901 bei Erdnussallergikern die Empfindlichkeitsschwelle gegenüber Erdnussmehl. Es ist daher anzunehmen, dass die Behandlung die Allergiker zumindest teilweise vor schweren allergischen Reaktionen bei versehentlichem Verzehr von Erdnussprodukten schützt.

Literatur

Leung, D. Y. M, et al.: Effect of anti-IgE therapy in patients with peanut allergy. N. Engl. J. Med. 348, 986 – 993 (2003).

Die Erdnussallergie kann bislang nur durch Allergenkarenz und das Notfallmedikament Adrenalin behandelt werden. Möglicherweise ist die regelmäßige subkutane Injektion des Anti-IgE-Antikörpers TNX-901 eine wirksame Prophylaxe. In einer randomisierten Studie an Erdnussallergikern setzte die vierwöchentliche Injektion von 450 mg TNX-901 die Empfindlichkeitsschwelle im oralen Provokationstest im Vergleich zu Plazebo signifikant herauf.

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