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Das "bessere Paket"? (Kommentar)

Der Juli war für die deutschen Apothekerinnen und Apotheker ein spannender Monat. Regierung und Opposition wollten gemeinsam ein Stück Sozialgeschichte schreiben. Das hehre Ziel: eine Gesundheitsreform im Konsens. Angesichts der großen Meinungsunterschiede zwischen Koalition und Opposition in Fragen der Arzneimittelversorgung und des Apothekenwesens ein wahrer Krimi für Pharmazeuten.

Wie heftig und häufig hatten sie den Gesundheitsexperten der Union und der FDP auf Apothekertagen und Fortbildungsveranstaltungen applaudiert, als diese wieder und wieder betonten, mit ihnen werde es weder einen Versandhandel mit Arzneimitteln noch eine Aufhebung des Mehrbesitzverbots geben.

Wer nun in den letzten Wochen glaubte, diese Worte für bare Münze nehmen zu können, wurde jetzt eines Besseren belehrt. Der Versandhandel kommt – der Mehrbesitz ebenfalls, wenngleich zunächst eingeschränkt. Noch sind die Eckpunkt-Formulierungen schwammig – wie das Ganze als Gesetz aussehen wird, wird sich erst in einigen Wochen zeigen.

Erklärungen für das Umschwenken gaben weder Union noch FDP. Die Liberalen hatten offenbar ohnehin nur begrenzte Einflussmöglichkeiten auf den Kompromiss. CDU-Chefin Merkel behauptete, die gefundene Einigung trage "deutlich die Handschrift der Union" – Apotheker können diesen Duktus sicherlich nur schwer erkennen.

Wie es letztlich zum Kompromiss kam, wie heftig der Streit über das Thema Versand und Mehrbesitz tatsächlich war, wird in seinen Details wohl ein ewiges Geheimnis bleiben. Ulla Schmidt sprach von einem Tauschgeschäft Positivliste gegen Liberalisierung des Arzneimittelmarkts. Da letzteres Vorhaben weiter gehe, habe sie sich "für das bessere Paket entschieden" – dafür landete die Positivliste abermals im Schredder.

Doch war die Verhinderung der Positivliste wirklich das vordringliche Ziel der Opposition? Hat sie dafür alle Versprechungen gegenüber der Apothekerschaft gebrochen? Seehofer will "kein Sterbenswörtchen" über den Ablauf der Konsensgespräche verraten. Man könne sich nicht für eine begrenzte Zeit Vertraulichkeit versprechen und diese anschließend verletzen, so der CSU-Politiker.

Es bleibt also ein dichter Nebel über den Gesprächen im heißen Juli 2003 hängen. Und die Erkenntnis, dass nichts sicher ist, außer dass sich alles verändert – auch die Ansichten von Politikern.

Kirsten Sucker

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