Feuilleton

Ausstellung: Christus als Apotheker

Bis zum 16. Februar 2003 zeigt das Museum Altomünster in Bayern die Sonderausstellung "Christus ruft in die Himmelsapotheke". In dem Museum, das im Gebäude des ehemaligen Birgittenklosters untergebracht ist, sind etwa 50 Beispiele des Motivs "Christus als Apotheker" sowie etwa 70 historische Apothekengefäße und pharmazeutische Gerätschaften zu besichtigen. Die Leihgaben stammen aus Museen, Kirchen und Klöstern sowie zu einem beträchtlichen Teil aus Privatbesitz.

An alle, die mit Mühe und Arbeit beladen sind

"Kommt her zu mir alle, die ihr mit Mühe und Arbeit beladen seid, ich will euch erquicken." Dieser "Heilandsruf" aus Matthäus 11,28 steht auf einem Schriftband, das vorn an einen Rezepturtisch geheftet ist, an dessen rückwärtiger Seite der nur leicht bekleidete, von einer Dornenkrone gemarterte und mit den Wundmalen der Kreuzigung versehene Christus steht. In seiner Hand hält er eine kleine Waage, offensichtlich nicht die Waage der Gerechtigkeit, mit der der Erzengel Michael auf Darstellungen des Jüngsten Gerichtes die Seelen wägt, sondern eine Apothekerwaage.

Dass Christus auf diesem Andachtsbild des 18. Jahrhunderts, das heute zum Bestand des Deutschen Apotheken-Museums in Heidelberg zählt, tatsächlich als allegorischer Apotheker dargestellt ist, verdeutlichen die meisten Gegenstände auf dem Tisch: Es sind typische Apothekenstandgefäße aus jener Zeit, Töpfe aus Keramik, Büchsen aus Holz und Flaschen aus Glas. Nur der Kelch des Glaubens mit der Hostie ist dem christlichen Kult entlehnt.

Da alle Apothekengefäße beschriftet sind, ist leicht zu erkennen, dass sie allegorische Arzneien enthalten – man spricht auch von Seelenarzneien, wie man Christus auf diesen Andachtsbildern auch als Himmelsapotheker bezeichnet. So befinden sich in den Töpfen u. a. die Tugenden Beständigkeit, Geduld, Hoffnung, während in den Büchsen Gottesgnade, Barmherzigkeit und ewiges Leben verwahrt sind.

Wasser, Öl und Wein sind zwar Grundstoffe der Arzneimittel- und Nahrungsmittelherstellung, haben aber auch im Kultus ihren Platz: bei der Taufe, beim Sterbesakrament und beim Abendmahl.

Das Arzneibuch, das früher quasi die "Bibel des Apothekers" war, ist hier durch die Beschriftung "Evangelia" als ein echter Teil der Bibel gekennzeichnet. Auch eine ohne jeden Zweifel allegorische pflanzliche Arzneidroge ist auf dem Tisch zu sehen: Kreuzwurzel (sie hat mit dem Kreuzkraut Senecio nichts zu tun).

Interkonfessionelles Motiv

Den Ursprung des "Christus als Apotheker" sieht man in einem Bild von Michael Herr aus dem Jahr 1619. Dieses Motiv ist bei näherer Analyse der protestantischen Theologie zuzuordnen. Allerdings fand es sehr schnell auch in katholischen Kreisen Anklang und wurde hier, mit entsprechenden Abwandlungen, übernommen. Von Schweden und Norddeutschland bis nach Österreich, Südtirol und in die Schweiz erstreckte sich das Ausbreitungsgebiet dieses Motivs.

Fast alle diese Andachtsbilder entstammen der Volkskunst. Sie waren ja auch mit wenigen Ausnahmen für das einfache Volk und sein Frömmigkeitsempfinden gedacht; dabei setzen sie die Kenntnis der Glaubenssätze voraus, die sie propagieren.

Mit diesem Bildmotiv wird gleichsam die Pharmazie, die ein hohes Ansehen genoss, in den Dienst der Theologie und Frömmigkeit gestellt. Das Bereiten und Darreichen eines Heilmittels in der Apotheke wird als jedermann bekanntes und von jedem am eigenen Leib erfahrenes (aber weitgehend unerklärliches) Geschehen dargestellt und durch Attribute, die den Bezug zur Religion herstellen, ergänzt. Uns bieten diese allegorischen Darstellungen mitunter auch interessante Einblicke in die Apotheke des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir aus originalen Darstellungen nicht besitzen.

Auswahl aus 150 Bildern

Bisher sind mehr als 150 Beispiele beider konfessionellen Ausrichtungen bekannt geworden. Ein knappes Drittel dieser Bilder wird in dieser Ausstellung gezeigt und repräsentiert die Geschichte und Entwicklung des Motivs bis in die jüngste Zeit.

Prof. Dr. Fritz Krafft, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte der Pharmazie an der Universität Marburg, hat das Konzept der Ausstellung erarbeitet und die Bildwerke des Motivs "Christus als Apotheker" ausgewählt.

Frau Prof. Dr. Dr. Christa Habrich, Leiterin des Deutschen Medizinhistorischen Museums in Ingolstadt, hat diese Ausstellung durch historische Objekte aus Apotheke und Liturgie ergänzt, um die auf den Bildern dargestellten Gegenstände auch materiell vor Augen führen zu können.

Apotheker Peter Schultes, der Leiter des Museums Altomünster, schuf die Voraussetzungen für die Realisierung der Ausstellung.

Kasten

Museum Altomünster, St. Birgittenhof 6 – 8, 85250 Altomünster Tel. (0 82 54) 24 62 www.museum-altomuenster.de

Geöffnet: Mittwoch bis Samstag 13 bis 16 Uhr, Sonntag 13 bis 17 Uhr.

Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung: Fritz Krafft: Christus ruft in die Himmelsapotheke – die Verbildlichung des Heilandsrufs durch Christus als Apotheker (mit Beiträgen von Christa Habrich und Woty Gollwitzer-Voll). Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, Band 81. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart. 338 Seiten, 16 Farbtafeln, ca. 75 s/w Abb., 28 Euro. ISBN 3-8047-1981-3

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