DAZ-Interview

S. Imhoff-HasseBundesopiumstelle – dieser Name

Von allen Abteilungen in der Zulassungsbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn, ist dies die eigenwilligste: die Bundesopiumstelle. Sie ist die einzige mit einem speziellen Namen im BfArM. An dem wird auch nicht gerüttelt, macht die Leiterin der Bundesopiumstelle im Gespräch mit der DAZ klar. Dr. Carola Lander, Fachapothekerin für öffentliches Gesundheitswesen, ist seit 1992 an der Spitze der Abteilung mit ihren 50 Mitarbeitern, die sich in fünf Fachgebieten rund um die Betäubungsmittel kümmern. Ihren Worten zufolge läuft der Kontakt zwischen Bundesopiumstelle und der Apothekerschaft gut. Lander erläuterte unter anderem, warum eine Umstellung auf ein elektronisches Verfahren für das Handling mit Betäubungsmittelrezepten für die Apotheken vorteilhaft wäre.

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Die Bundesopiumstelle hat einen prägnanten Namen, der etwas verstaubt klingt. Warum wollen Sie an diesem Namen festhalten, wo doch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte insgesamt Wert darauf legt, als Institut zu gelten, um vom Image einer Behörde wegzukommen.

Dr. Lander:

Der Name Bundesopiumstelle ist in der Tat ein alter Name, aber er ist eingeführt und allgemein bekannt. Mit Beginn der staatlichen Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs wurde 1924 eine Opiumabteilung im damaligen Reichsgesundheitsamt errichtet, später wurde daraus die Bundesopiumstelle. Ich selber finde den Namen gar nicht so verstaubt. Opium kann man doch auch im übertragenen Sinne oder als Oberbegriff verstehen.

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Es ist Ihnen also recht, wenn Apotheker und Ärzte am Begriff festhalten?

Dr. Lander:

Ja, auch deshalb, weil er sehr prägnant ist. Alles, was mit Betäubungsmitteln zu tun hat, sei es, dass ich mich als Apotheker registrieren lassen will oder als Arzt BtM-Rezepte benötige, läuft über die Bundesopiumstelle. Dieser Name bleibt besser als andere in Erinnerung.

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Sie sind mit ihrer Bundesopiumstelle im Dezember 1999 von Berlin nach Bonn umgezogen. Haben Sie sich gut eingelebt?

Dr. Lander:

Ja. Die Bundesopiumstelle ist geschlossen als eine Einheit im Dezember 1999 umgezogen. Ein Teil des BfArM hatte schon zuvor im Oktober die Koffer gepackt, weitere Mitarbeiter anderer Abteilungen zogen ein Jahr später um. Unser Umzug hat hervorragend geklappt und dies, obwohl von 45 Mitarbeitern 26 quasi ausgetauscht wurden, denn nur 19 kamen mit von Berlin nach Bonn, 26 waren neu hier vor Ort. Diese Gruppe hat gemeinsam hochmotiviert den Umzug bewerkstelligt. Von den heute 50 Mitarbeitern kommen noch neun ursprünglich aus Berlin.

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Was sind die wichtigsten Aufgaben der Bundesopiumstelle?

Dr. Lander:

Allgemein ausgedrückt ist es die Kontrolle des legalen Betäubungsmittel- und Grundstoffverkehrs. Das Wichtigste für Ihre Leser aus dem Apothekenbereich ist, dass sie sich bei uns registrieren lassen müssen, um eine BtM-Nummer, die frühere BGA-Nummer, zugeteilt zu bekommen. Insgesamt sind es mit den Krankenhausapotheken und tierärztlichen Hausapotheken 32 000 Apotheken, die ansonsten keine Betäubungsmittel beziehen dürften. Wir erteilen auch beispielsweise Universitäten oder PTA-Schulen die Erlaubnis zur Teilnahme am BtM-Verkehr, wenn sie diese Substanzen für Forschung oder zu Lehrzwecken benötigen.

Eine weitere wichtige Aufgabe, mit der die Apotheker indirekt in Berührung kommen, ist die Ausgabe der BtM-Rezepte: etwa 88 000 niedergelassene Ärzte beziehen regelmäßig von uns diese Vordrucke. Hinzu kommt, dass wir den gesamten Binnenhandel registrieren. In der Apotheke sehen Sie das bei einer BtM-Sendung am Abgabebeleg, den wir erfassen, sobald uns der Großhändler ihn zuschickt. Und wir führen das Substitutionsregister, erteilen Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen.

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Laufen Registrierung und Zuteilung der BtM-Nummern reibungslos?

Dr. Lander:

Ja.

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Gibt es etwas, was trotzdem verbessert werden kann?

Dr. Lander:

Es wäre hilfreich, wenn sich die Apotheker, die eine Apotheke eröffnen wollen, oder in deren Apotheke ein Inhaberwechsel stattfindet, schon im Vorfeld bei uns meldeten. Wir könnten dann bereits alles vorbereiten, wobei wir die BtM-Nummer aber erst vergeben können, wenn die Betriebserlaubnis vorliegt. Hier bitte ich um Verständnis. Die Betriebserlaubnis benötigen wir, auch wenn es ganz eilig ist.

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Gab es schon Apotheker, denen das zu langsam ging?

Dr. Lander:

Ja, manchen schon. Dabei hatten sie selber vergessen, uns zu benachrichtigen. Manche hatten wenig Verständnis dafür, dass wir nicht Gewehr bei Fuß standen, um das sofort zu erledigen. Es wäre auch schön, wenn die Apotheken ihre Unterlagen parat hätten. Es gibt Anrufer, die ihre BtM-Nummer nicht wiederfinden. Die benötigen sie aber, zum Beispiel wenn ein neuer pharmazeutischer Großhändler danach fragt.

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Denen helfen Sie?

Dr. Lander:

Natürlich, aber es bedeutet für uns zusätzliche Arbeit.

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Ging schon mal eine Sache richtig schief?

Dr. Lander:

Es gab schon mal Verwarngeld.

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Das führt über zur nächsten Frage, was Apotheker nach dem Betäubungsmittelgesetz beachten müssen. Verhängen Sie auch Bußgelder?

Dr. Lander:

Wenn ein Apotheker zum Beispiel den Betäubungsmittelverkehr in seinem Betrieb nicht angezeigt hat, ist das eine Ordnungswidrigkeit. Dafür gibt es im allgemeinen aber nur ein geringes Verwarngeld, der Schaden ist ja damit behoben, dass sich der Apotheker meldet. Das ist aber nicht sehr häufig. Die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs in den Apotheken obliegt übrigens den Ländern, nicht uns.

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Zur Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV), die lange im Verruf war, zu bürokratisch zu sein und Mediziner zum Teil abzuschrecken, stark wirksame Analgetika zu verordnen. Gibt es noch eine Unterversorgung von Schmerzpatienten?

Dr. Lander:

Die BtMVV war in der Tat früher sehr bürokratisch, aber heute kann man das sicherlich nicht mehr sagen. Wer das heute behauptet, für den ist das ein Vorwand, um sich nicht mit der Verordnung auseinander setzen zu müssen. Ich bin überzeugt davon, dass es sowohl Unter- als auch Überversorgung mit diesen Arzneimitteln gibt. Das ist aber keine Frage der BtMVV, sondern eine der Qualifikation der Ärzte.

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Warum kann man nicht zum Beispiel retardierte BtM, die für Süchtige völlig uninteressant sind, weil sie nur verzögert anfluten, ganz aus der Verordnung streichen?

Dr. Lander:

Ich halte nichts davon, weil durch Schaffung von Ausnahmen die Sache insgesamt verwirrend wird. Das würde den BtM-Verkehr nur unsicher machen. Eine Vorschrift sollte immer so klar wie möglich sein. Wir haben diesen Vorschlag übrigens auch schon einmal im BtM-Sachverständigenausschuss diskutiert. Auch er kam zum Ergebnis, dass derartige Ausnahmeregelungen nicht zur Vereinfachung beitragen.

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Wie steht es um die Überlegungen in der Bundesopiumstelle, die viele Handarbeit, die mit der Handhabung der besonderen Rezepte verbunden ist, zu verbessern? Es gibt aus Ihrer Abteilung den Vorschlag, auf ein elektronisches Verfahren mit Hilfe des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information, des DIMDI umzustellen.

Dr. Lander:

Überlegungen, auf elektronische Verfahren umzustellen, gibt es an vielen Stellen im BfArM, auch in der Bundesopiumstelle. Da sind wir schon weit gediehen. Es sind allerdings verschiedene Schritte erforderlich. Es müssen nicht nur in der Bundesopiumstelle die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, was möglicherweise in acht bis zwölf Monaten zu schaffen wäre.

Auch die Apotheken müssten mitziehen, das heißt, mit geringem technischen Aufwand die Voraussetzungen bei sich schaffen, um ein BtM-Rezept elektronisch entwerten zu können. Das Entwerten wäre im übrigen keine Zusatzarbeit, denn auch heute schon müssen die Apotheker prüfen, ob das BtM-Rezept gefälscht ist oder nicht.

Bei dem neuen Verfahren wäre, egal wie das Rezept aussieht, nur die Frage entscheidend, ob die Rezeptnummer noch offen ist, dann könnte das Rezept beliefert werden. In dem Moment, in dem der Apotheker das BtM herausgibt, muss er die Rezeptnummer elektronisch entwerten. Das würde neben der Vereinfachung der BtM-Rezeptausgabe auch die Prüfung in den Apotheken, ob das vorgelegte Rezept echt ist, vereinfachen.

Schließlich müssten noch die Ärzte auf die Online-Bestellung der Rezepte umrüsten, denen wir dann online BtM-Rezeptnummern zur Verfügung stellen könnten. Allerdings fehlen uns für ein solches elektronisches Verfahren noch die gesetzlichen Voraussetzungen.

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Geht daher Ihr Appell an das Bundesgesundheitsministerium, dies zu forcieren?

Dr. Lander:

Ja. Das zuständige Fachreferat unterstützt auch diese Idee.

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Ein Blick auf die Arbeit in der Bundesopiumstelle insgesamt: Ist es richtig, dass sich der Schwerpunkt insgesamt verlagert hat? 1924, als es anfing mit der Opiumabteilung im Reichsgesundheitsamt, stand im Vordergrund der Schutz vor Missbrauch von Opium und Morphin.

Dr. Lander:

Es hat sich einiges geändert in der Form der Arbeit und wie sie gesehen wird. Heute sprechen wir von der Kontrolle des Betäubungsmittel- und Grundstoffverkehrs. 1924 kümmerte sich die Opiumabteilung noch um Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung von Betäubungsmitteln, damals waren nur Opium, Kokain, Heroin und Morphin erfasst. 1952, als das damalige Bundesgesundheitsamt errichtet wurde, hieß die neue Abteilung Bundesopiumstelle und ihre Aufgabe war die Rauschgiftbekämpfung. Diese Aufgabenbezeichnung finde ich persönlich nicht gut. Kontrolle des Betäubungsmittel- und Grundstoffverkehrs, wie es heute heißt, beschreibt unser Aufgabenspektrum besser.

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Wie fälschungssicher sind zur Zeit die BtM-Rezepte?

Dr. Lander:

Wir haben die Rezepte so konstruiert, dass sie sehr fälschungssicher sind. Ich erinnere daran, dass die Linie unter dem Namen und Vornamen des Patienten kein einfacher Strich ist, sondern aus Minibuchstaben besteht, die fortlaufend das Wort Betäubungsmittelrezept ergeben.

Ein Kopiergerät kann daraus nur eine Linie erstellen, nicht die Buchstaben wiedergeben. Auch die Farbe ist durch einen speziellen Indikator kopiersicher. Außerdem bleiben die erste und die dritte Seite verbunden, selbst wenn der Arzt das mittlere Blatt heraustrennt. Apotheker sollten zumindest stutzig werden, wenn der rechte Teil des Vordrucks abgetrennt ist.

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Kommen häufig Hinweise von Pharmazeuten auf gefälschte Rezepte?

Dr. Lander:

Nein. Wir haben nur einmal eine Meldung darüber erhalten, dass sich jemand viel Mühe mit dem Nachdruck gegeben hatte. Aber das war auch in diesem Falle vergeblich.

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Frau Dr. Lander, vielen Dank für das Gespräch!

Ich selber finde den Namen gar nicht so verstaubt. Dr. Carola Lander, Bundesopiumstelle

Wir haben die Rezepte so konstruiert, dass sie sehr fälschungssicher sind. Dr. Carola Lander, Bundesopiumstelle

Die BtMVV war in der Tat früher sehr bürokratisch, aber heute kann man das sicherlich nicht mehr sagen. Dr. Carola Lander, Bundesopiumstelle

Hier gibt es Infos zu Betäubungsmitteln:

  • schriftliche Anfragen gehen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesopiumstelle, Kurt-Georg-Kiesinger Allee 3, 53175 Bonn, Fax: 02 28 / 2 07 52 10 oder 0 18 88 / 3 07-52 10;
  • telefonische Auskünfte erhalten Sie zur Anzeige von Apotheken zur Teilnahme am BtM-Verkehr unter 02 28 / 2 07 51 85 oder 02 28 / 2 07 51 82;
  • darüber hinausgehende Fragen etwa zu Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten können Sie an die 02 28 / 2 07 51 35 richten;
  • unter www.bfarm.de finden Sie alles Wissenswertes zu Betäubungsmitteln und zur Bundesopiumstelle, unter www.bfarm.de/de/btm/ anspr_pers/indesx.php die oben genannten Rufnummern zu speziellen Fragen.

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