Arzneimittel und Therapie

Nebenschilddrüsen minimalinvasiv operiert: Neues Verfahren schont den Stimmband

Die Schilddrüse und die Nebenschilddrüsen noch schonender zu operieren Ų das ist das Ziel eines neuen videoassistierten, minimalinvasiven Verfahrens, das am 22. Mai 2003 erstmals in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) eingesetzt wurde. Ein Team um Prof. Dr. Georg F. W. Scheumann und Priv.-Doz. Dr. Hueseyin Bektas aus der Abteilung Viszeral- und Transplantationschirurgie nahm die Operation erfolgreich vor. Aufgrund des notwendigen Fachwissens können bislang nur sehr wenige Kliniken in Deutschland dieses Verfahren einsetzen.

Bei dem Verfahren setzen die Chirurgen in der Kehlgrube einen ein Zentimeter langen horizontalen Schnitt. Dann führen sie eine starre, fünf Millimeter dünne Optik ein, die eine Kamera enthält. Spezialhaken halten das kleine Operationsfeld offen, kleine Instrumente helfen den Chirurgen, auf winziger Fläche zu agieren.

Durch die Optik erscheint das Bild mehr als 10-fach vergrößert auf dem Monitor – das hilft den Ärzten, besonders schonend zu operieren. Empfindliche Strukturen wie die Stimmbandnerven können damit noch besser gesehen und geschont werden. Zurzeit ist noch eine Vollnarkose notwendig. In Zukunft ist jedoch geplant, lediglich eine örtliche Narkose nur am Hals einzusetzen.

Einsatz bei Krankheiten der Nebenschilddrüsen

Die Nebenschilddrüsen – linsengroße Organe – sitzen in unmittelbarer Nachbarschaft zur Schilddrüse und produzieren einen bestimmten Botenstoff, das Parathormon. Es reguliert den Calcium- und Phosphathaushalt im Körper.

Kommt es beim so genannten Hyperparathyreoidismus zu einer krankhaften Überproduktion, werden viele andere Organe geschädigt: Es lagert sich dort Kalk ab, Nierensteine, Magen- und Zwölffingerdarm-Geschwüre entstehen. Gefürchtet ist das hyperkalzämische Koma, an dem die Patienten sterben können.

Mediziner unterscheiden eine primäre und eine sekundäre Form der Krankheit. Der primäre Hyperparathyreoidismus ist relativ selten mit 42 Neuerkrankungen pro 100 000 Menschen. Die sekundäre Form tritt als Folge von anderen Krankheiten auf, unter anderem bei einer längerfristigen Dialyse.

In all diesen Fällen hilft nur das chirurgische Entfernen. Zukünftig könnte sich die Methode auch für die Operation einzelner Schilddrüsenknoten eignen, deren Durchmesser kleiner als drei Zentimeter ist. Hat bereits eine Schilddrüsen-Operation stattgefunden, lässt sich das neue Verfahren nicht anwenden, ebenso bei allen bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse. Auch Knoten mit einem Durchmesser größer als drei Zentimeter können mit dem minimalinvasiven Verfahren nicht entfernt werden.

Vorteile eines minimal invasiven Eingriffs

Für viele Patienten bedeutet eine Operation an Nebenschilddrüsen oder Schilddrüse bisher, dass sie mit einer mehrere Zentimeter langen Narbe leben müssen. Durch den kleinen Schnitt beim videoassistierten Verfahren ist das kosmetische Ergebnis deutlich besser – die Narbe also kaum sichtbar und damit auch kein Stigma mehr.

Gleichzeitig können die Ärzte dank der optischen Vergrößerung auf dem Monitor im Operationsfeld noch deutlicher alle Details erkennen – besser als mit einer Lupenbrille beim bislang üblichen offenen Eingriff. Die typischen Vorteile eines minimalinvasiven Eingriffs – wenig belastend, schnellere Heilung – scheinen auch für das neue Verfahren zu gelten. Kombiniert mit einer örtlichen Narkose am Hals ist der Eingriff später wahrscheinlich ambulant möglich.

Literatur

Pressemitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) vom 18. Juni 2003. ck

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