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Die Verleihung des Deutschen (!) Gründerpreises an ein ausländisches Unternehmen, an die niederländische Versandapotheke DocMorris, widerspricht nicht nur den Teilnahmebedingungen der Startup-Initiative, in deren Rahmen dies geschah (siehe den Bericht in unserer AZ vom 30. Juni), es ist schlichtweg ein Skandal ersten Ranges. Und eine Ohrfeige für alle Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland, die korrekt arbeiten, Not- und Nachtdienst machen, ihre Mehrwertsteuer an den Staat abführen, Ausbildungsplätze schaffen und für die Krankenkassen den Geldeintreiber spielen. Die zahlreich eingegangenen empörten Leserbriefe zeigen, wie skandalös diese Preisverleihung, die das ZDF am 25. Juni ausstrahlte, empfunden wird.

Ein "Dankeschön" geht auch an das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" für den "gut recherchierten" Beitrag, wonach Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt den Apothekern bei der Gesundheitsreform zusätzliche Einkünfte verschaffen will. Eine diskutierte Erhöhung des geplanten Fixzuschlags von 7,30 auf 8,10 Euro soll den "Pillenhändlern" nach Berechnungen des Betriebskrankenkassen-Bundesverbands etwa 500 Millionen Euro bescheren. Ein Spiegel-Beitrag, der an Zynismus kaum zu überbieten ist. Dass der von der ABDA favorisierte und im GMG vorgesehene Fixzuschlag per se eine Mehrbelastung für die Apotheken im Vergleich zur jetzigen Arzneimittelpreisverordnung ist, scheint der Spiegel zu ignorieren oder nicht zu wissen.

"Bedanken" können wir uns auch bei so mancher Krankenversicherung, die ihre Versicherten fürsorglich auf "neue Serviceleistungen" aufmerksam macht, so z. B. die Victoria-Versicherung. Sie bietet ihren Mitgliedern einen Medikamenten-Check auf Wechselwirkungen an. Den Check habe man gemeinsam mit einer namhaften Apotheke aufgebaut. Man müsse lediglich seine Arzneimittel in ein Formular eintragen und dieses an die Service-Apotheke schicken. Wollen Sie raten, welcher Adresskopf auf dem Formular steht? Sie haben richtig geraten: 0800DocMorris.com! Und schon kann die Versandapotheke einige Adressen mehr als ihre Kunden speichern.

Fast niedlich wirkt dagegen die am 30. Juni verbreitete Pressemeldung der ABDA, wonach 4700 Patienten in Kalifornien durch die Versandapotheke Kaiser Permanente falsch beliefert wurden, weil das Computersystem des Versandhändlers ausgefallen war. Wer will das wissen? Sie werden diese Meldung nicht in den Magazinen lesen, nicht in den Nachrichten hören, nicht im Fernsehen sehen. Unsere Regierung und die Krankenkassen sind wie versessen auf Arzneimittelversand, Versandapotheken sind einfach "in" – egal ob fehlerhaft, zu spät oder gar nicht geliefert wird. Die Mailorder-Manie ist nicht mehr rational. Das zeigen auch die Verbrauchertipps auf den Seiten des ZDF im Internet. Hier liest man viel Nettes über die Versandapotheken, dass man z. B. die Zuzahlung sparen kann, dass man bei rezeptfreien Arzneimitteln sparen kann und dass die meisten Krankenkassen den Versandhandel begrüßen.

Immerhin sagt die ZDF-Seite: "Offiziell ist der Handel im Internet (noch) nicht legal. Als Kunde haben Sie aber keine Strafe zu befürchten. Durch den Wegfall der in Deutschland üblichen Preisbindung sind die Medikamente meist günstiger für die Kassen. Daher ersetzen die Kassen häufig die Kosten für rezeptpflichtige Medikamente." Wie schön, liebes ZDF, Danke für die Aufklärung.

In Deutschland wollen die Regierungspolitiker denn auch nicht mehr hören, was um sie herum tatsächlich vorgeht. Zum Beispiel die Tatsache, dass sich das Gesundheitskomitee des britischen Unterhauses gegen eine Liberalisierung der Vertragsbedingungen der dortigen Apotheker ausgesprochen hat, so eine ABDA-Pressemeldung. Denn von einem liberalisierten Markt erwartet das Komitee eine deutlich schlechtere Arzneimittelversorgung.

Deutsche Gesundheitspolitiker wollen auch nicht wahrnehmen, dass Deutschland unter allen OECD-Staaten seit 1990 das niedrigste Wachstum bei den Arzneimittelausgaben hat, nämlich nur 17 % – im Vergleich dazu Schweden mit 111 %. Bei den Gesundheitsausgaben liegt Deutschland mit 10,7 % des Bruttosozialprodukts allerdings weltweit auf Platz drei, hinter den USA und der Schweiz. Daraus lässt sich erkennen, dass Arzneimittelkosten nicht für die steigenden Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich sein können.

Deutsche Gesundheitspolitiker der Regierungsparteien vergleichen Arzneimittel und Apotheken da schon lieber mit Dingen und Läden, von denen sie glauben etwas zu verstehen. Zum Beispiel die oberkompetente Biggi Bender, ihres Zeichens gelernte Juristin. Bei Preisen für Brot und Schuhcreme kennt sie sich aus – wenn es hier unterschiedliche Preise gibt, warum sollte es dann nicht auch unterschiedliche Preise bei Arzneimitteln geben, meinte sie vor kurzem auf einer Veranstaltung in Berlin. Oder: Wenn Metzger und Bäcker mehr Geschäfte und Filialen haben dürfen, warum nicht auch die Apotheker? Mehr Filialen stehen nach Benders Meinung für mehr Qualität! Bei so viel "Sachverstand" schlage ich vor, Biggi mit dem Deutschen Preis für Logik auszuzeichnen.

Peter Ditzel

Geschenke für Apotheker

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