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Studie: Pharmaindustrie als Berater in Arzneimittelfragen?

BERLIN (ks). Rund 31 Prozent der Ärzte in den USA, Frankreich und Deutschland haben Patienten, die konkret nach bestimmten Medikamenten oder Behandlungsmethoden fragen, über die sie als Mediziner selbst nur unzureichend informiert sind oder die sie aus medizinischen Gründen nicht verschreiben wollen (Deutschland 28 Prozent). Auch mehr als ein Drittel der Patienten sagen, dass sie ihrem Arzt die genauen Wünsche hinsichtlich Marke des zu verschreibenden Arzneimittels mitteilen. In Deutschland liegt diese Zahl sogar bei 47 Prozent. Dies sind Ergebnisse einer Untersuchung der Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young, die gemeinsam mit der französischen Hochschule INSEAD durchgeführt wurde.

Dr. Rolf Badenhoop, Vizepräsident im Life Sciences Bereich bei Cap Gemini Ernst & Young stellte die Studie am 18. Juni in Berlin vor: Zwischen Januar und Mai 2003 wurden 4042 Privatpersonen, 1421 Ärzte, 76 Pharma- Manager und 33 Leistungserbringer wie z. B. Krankenkassen in den USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien befragt.

Patienten suchen selbst nach Informationen

Ihre Informationen über Krankheiten und Therapiemöglichkeiten recherchieren bis zu zwei Drittel Patienten – vor allem Chroniker – selbst und unabhängig vom Arzt (Deutschland 62 Prozent). Die eigene Krankenkasse, Freunde und Familie, Medien oder Apotheker dienen hier als Quelle.

Das Internet hat entgegen allgemeiner Annahmen noch keinen so hohen Stellenwert. Erst 28 Prozent nutzen es zur Informationsbeschaffung (Deutschland 34 Prozent, USA 40 Prozent). Gleichzeitig beklagt sich ein großer Teil der befragten Privatpersonen darüber, dass sie die Informationsflut verunsichere (Insgesamt 43 Prozent, Deutschland 46 Prozent).

"Das hohe Bedürfnis nach Informationen ist eine Herausforderung für die Spieler im Gesundheitsmarkt", erläuterte Badenhoop. Vor allem Pharma-Unternehmen könnten den Ärzten helfen, besser auf die Fragen und Anforderungen der gut informierten Patienten zu reagieren, meint der Unternehmensberater.

Allerdings sind die Möglichkeiten zur Information für die Hersteller von Arzneimitteln in Deutschland gesetzlich stark beschränkt. Tatsächlich wünschen sich der Studie zufolge 32 Prozent eine stärkere Interaktion mit Pharmafirmen. 58 Prozent würden sich so über neue Produkte informieren wollen, knapp 50 Prozent wünschen mehr Information zu speziellen Krankheiten.

68 Prozent der Befragten sprechen sich allerdings dafür aus, die Interaktion zwischen Verbraucher und Hersteller einzuschränken. Als Gründe führen sie an, dass sie keine Informationen von Gesundheitsanbietern wünschen (71 Prozent), sie die Menge der Informationen verwirrt (28 Prozent) oder Pharma-Unternehmen nicht trauen (23 Prozent).

Ärzte-Wünsche an Pharmavertreter

Die Ärzte wünschen sich für ihre Kontakte mit Pharmaunternehmen, dass statt dem reinen Verkauf der kommunikativ-informative Aspekt weiter in den Vordergrund rücke. In Deutschland ist dieser Wert mit 63 Prozent besonders hoch. Gerade bei Besuchen von Pharmavertretern sollte es mehr Informationen geben, die die Ärzte in der täglichen Arbeit mit den Patienten verwenden können, z. B. Praxis-Studien. Ist dies der Fall, wären sie auch bereit, wieder mehr Zeit für Vertreterbesuche zu investieren.

"Die Pharmaunternehmen müssen daher über neue Formen in der Interaktion mit ihren Kunden nachdenken – und dazu zählen sowohl Ärzte als auch Patienten und Krankenkassen", meint Badenhoop. Unternehmen die hier maßgeschneiderte Informationspakete anbieten können würden sicher einen Vorteil auf dem Gesundheitsmarkt haben.

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