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Gesundheitsexperten: Mehr als 31 Mrd. Euro Einsparpotenzial in der GKV

BERLIN (ks). Kurz bevor sich der Bundestag ein erstes Mal mit der Gesundheitsreform befasste, hat der bis dato wenig bekannte "Falkauer Kreis" sein Reformkonzept vorgestellt. Bei Beibehaltung einer "Kernsolidarität" gehören ein gekürzter Leistungskatalog der Krankenkassen und deutlich höhere Zuzahlungen für die Patienten zu den Forderungen der Gesundheitsexperten. So soll die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) um 31,2 Mrd. Euro entlastet und die Beiträge um rund drei Prozentpunkte gesenkt werden.

Zum Falkauer Kreis gehören unter anderem der Präsident der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe, der frühere Vorsitzende der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen Michael Arnold und der Vorsitzende des Landesverbands Bayern der Betriebskrankenkassen Gerhard Schulte. Sie stellten ihr druckfrisches Werk "Durch Verändern bewahren" am 16. Juni in Berlin vor.

Zehn Prozent Zuzahlung

Zur Neuordnung der GKV-Finanzierung macht der Falkauer Kreis eine Reihe mehr oder weniger bekannter Vorschläge. Die meiste Entlastung soll eine Erweiterung der Beitragsbemessung auf alle Einkommensarten und die Anhebung der Bemessungsgrenze auf 3 570 Euro bringen: 8,4 Mrd. Euro hätte die GKV dann mehr zur Verfügung, erklärte Schulte. Jeweils 6,5 Mrd. Euro könnten aktiviert werden, wenn für Arbeitslose künftig ein stabiler Beitrag auf Grundlage des letzten Jahresgehalts gelten würde und Zuzahlungen erweitert und von Ausnahmen befreit würden.

Patienten sollen den Experten zufolge künftig weitaus tiefer in die eigene Tasche greifen: Zehn Euro könnte ein Tag im Krankenhaus kosten, ebensoviel eine ambulante ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung – außer es handelt sich um eine Früherkennungs- oder Vorsorgeuntersuchung oder einen ersten Arztkontakt aufgrund einer Überweisung. Alle anderen Leistungen sollen Patienten zu zehn Prozent selbst tragen. Die Höchstgrenze für alle Zuzahlungen soll bei drei Prozent des Bruttojahreseinkommens liegen.

Kernsolidarität und Gestaltungsleistungen

Die Steuerfinanzierung von sozial- und familienpolitischen Leistungen soll der GKV weitere Einsparungen von 4,9 Mrd. Euro bringen. Nicht ausgliedern will der Falkauer Kreis das Krankengeld – es soll allerdings nur 52 Wochen statt 78 Wochen lang gezahlt werden. Für die Autoren des Reformkonzepts gehört diese Leistung aber zum Bereich der "Kernsolidarität" – ebenso wie Krankenhausbehandlung und Anschlussrehabilitation, ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Arzneimittel und stationäre Hospize.

Alle anderen jetzt bestehenden GKV-Leistungen fassen sie als "Gestaltungsleistungen" zusammen: D.h. die Krankenkassen müssen diese als Solidarleistung anbieten, allerdings werden Art und Umfang in der Satzung geregelt. Sie machen derzeit etwa 17 Prozent der Kassenleistungen aus und könnten ein weiteres Einsparpotenzial von 2,4 Mrd. Euro freisetzen, so Schulte.

Weitere kleinere Einsparungen ließen sich dem Falkauer Kreis zufolge u. a. durch eine Einschränkung der beitragsfreien Mitversicherung, einer nur zeitversetzten Möglichkeit zum Wechsel in die PKV, einer erweiterten Festbetragsbildung von Arzneimitteln und der Herausnahme privater Kfz-Unfälle aus dem GKV-Katalog erreichen.

Die Autoren zeigen sich optimistisch, dass die Politik ein offenes Ohr für ihre Vorschläge haben wird. "Wir werden versuchen mit unserer Gesamtdarstellung zu überzeugen", sagte Arnold. Hoppe erklärte, zwar sei vor der ersten Lesung des ganz anders angelegten Regierungsentwurfs nicht mehr mit Änderungen zu rechnen. Diese könnten sich jedoch ergeben, wenn es zur Diskussion zwischen Bundestag und Bundesrat komme.

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