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Deutsches Zentrum für Qualität in der Medizin: Kosten-Nutzen-Bewertung: Was be

BERLIN (ks). Bei allem Streit um das geplante Zentrum für Qualität in der Medizin mag der Überblick darüber verloren gehen, was die Ministerin derzeit wirklich plant. Die Formulierungshilfe zum Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz (GMG) sieht vor, dass dem Institut die Aufgabe obliegt, für verordnungsfähige Arzneimittel "Empfehlungen" zu deren Nutzen einschließlich einer finanziellen Bewertung sowie zur Anwendung abzugeben (neu eingefügter § 35 b Sozialgesetzbuch, 5. Buch [SGB V]. Diese Empfehlungen werden sodann den Bundesausschüssen als fachliche Grundlage für ihre Beschlüsse zu den Arzneimittelrichtlinien zugeleitet. Im Folgenden wird erläutert, wie dies dem Gesetz zufolge aussehen soll — und was sich das Ministerium dabei gedacht hat.

Die Empfehlungen des Zentrums können (nicht: "müssen", Anm. der Red.) für jedes erstmals verordnungsfähige Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen sowie für Arzneimittel, die in der Patientenversorgung von erheblicher Bedeutung sind oder erhebliche Kosten verursachen, erstellt werden.

Zur Feststellung des Nutzens werden die Arzneimittel jeweils einer von drei Stufen zugeordnet: Arzneimitteln mit verbesserter Wirkung und Wirkstoffen mit neuem Wirkprinzip (Stufe A), Arzneimitteln mit verbesserter Wirkung, deren Wirkprinzip aber einem bereits zugelassenen Medikament entspricht (Stufe B) oder Arzneimitteln ohne verbesserte Wirkung, deren Wirkstoff entweder einem neuen Wirkprinzip unterliegt oder dem eines bereits zugelassenen Mittels entspricht (Stufe C).

Für eine Zuordnung zu den Stufen A und B setzt das Gesetz voraus, dass die Anwendung des Arzneimittels für die Therapie einen "bedeutsam höheren Nutzen, auch wegen geringerer Nebenwirkungen" erwarten lässt, als bislang nach anerkanntem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis verordnete Präparate. Für ein Medikament der Stufen B und C legt das Zentrum ein "Referenzarzneimittel" mit bereits zugelassenem Wirkstoff und vergleichbarem Wirkprinzip fest, "das in besonderer Weise wirtschaftlich und zweckmäßig ist".

Bewertung von Arzneimitteln mit verbesserter Wirkung

Die Empfehlungen für Arzneimittel der Stufen A und B sollen nun Angaben zum höheren Nutzen einschließlich seiner finanziellen Bewertung im Vergleich zur bisherigen Standard-Therapie enthalten. Dabei müssen Präparate der Stufe B mit dem entsprechenden Referenzarzneimittel verglichen werden.

In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es zudem, dass auch die Anwendungsgebiete, Anwendungsbedingungen und geeignete Patientengruppen näher bestimmt werden sollen, für welche die Verordnung eines innovativen Arzneimittels erheblich bessere therapeutische Ergebnisse erwarten lässt.

Dies soll gewährleisten, dass diejenigen Patienten innovative Arzneimittel erhalten, die diese auch benötigen. Vermieden werden soll, dass ein kostenintensives Präparat auch dann verordnet wird, wenn hierdurch keine maßgebliche therapeutische Verbesserung im Vergleich zu den bisher in der Regel verordneten Arzneimitteln erzielbar ist.

Vorläufige Festbeträge für Mittel ohne verbesserte Wirkung

Etwas anderes gilt für Arzneimittel der Stufe C: Für sie bestimmen die Spitzenverbände der Krankenkassen abweichend vom gewöhnlichen Festbetrags-Festsetzungsverfahren einen vorläufigen Festbetrag. Grundlage hierfür bildet der Festbetrag des vom Zentrum bestimmten Referenzarzneimittels.

Der vorläufige Festbetrag gilt, bis eine Neubestimmung oder Anpassung nach den allgemeinen Vorschriften erfolgt ist, d. h. durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Arzneimittelrichtlinien bzw. per Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Gesundheit, wie es das SGB V jedenfalls bis Ende 2003 vorsieht.

Sollte das Referenzarzneimittel keinem Festbetrag unterliegen, sieht die Vorschrift eine andere Berechnung zur Ermittlung des vorläufigen Festbetrags vor. Einmal bestimmt, gilt der vorläufige Festbetrag für längstens zwölf Monate. Mit dieser Regelung, so die Begründung des Gesetzgebers, soll die Versichertengemeinschaft vor im Vergleich zum Mehrnutzen überhöhten Mehrkosten geschützt werden.

Weitere Bestimmungen

Sämtliche Empfehlungen sind in "geeigneten Abständen", spätestens jedoch drei Jahre nach der erstmaligen Zuleitung an den Bundesausschuss, zu überprüfen und ggf. anzupassen.

Darüber hinaus sieht der neue § 35 b SGB V vor, dass Krankenkassen für festbetragsfreie Arzneimittel mit innovativen Wirkstoffen der Stufen A und B mit den Herstellern Rabattvereinbarungen treffen – die gesetzliche Grundlage hierfür wurde bereits mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz in das SGB V eingeführt.

Auch dem Off-Label-Use nimmt sich die neue Norm an: Empfehlungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von Arzneimitteln in Indikationsgebieten, für die sie nicht zugelassen sind, soll eine Expertengruppe im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte abgeben. Diese Empfehlungen sollen Bestandteil der Arzneimittelrichtlinien werden, soweit auch der pharmazeutische Hersteller seine Zustimmung erklärt hat.

Rechtsmittel gegen Empfehlungen des Zentrums bestehen nicht. Grund: sie haben keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Diese kommt erst den Arzneimittelrichtlinien zu, die die Bundesausschüsse mithilfe der Empfehlungen erstellen. Lediglich gegen die vorläufige Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen kann Klage erhoben werden – ganz so wie im gewöhnlichen Festbetragsfestsetzungsverfahren – eine aufschiebende Wirkung hat die Einlegung des Rechtsmittels allerdings nicht.

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