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ABDA zur Gesundheitsreform: Entwickeln statt abwickeln!

BERLIN (ks). Eine Gesundheitsreform muss sein Ų das weiß auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Ebenso ist klar, dass dabei das Thema Arzneimittelversorgung nicht außen vor bleiben kann. Über Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) lasse sich reden, erklärte Lutz Tisch, Geschäftsführer im Bereich Apotheken-, Arzneimittel- und Berufsrecht bei der ABDA, am 12. Mai in Berlin. Anders sehe es jedoch bei einer Vielzahl anderer Vorhaben des Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetzes (GMG) aus: Insbesondere die Aufhebung des Versandhandels- und Mehrbesitzverbots, sowie die Ausweitung der ambulanten Zuständigkeiten von Krankenhausapotheken lehnt die ABDA entschieden ab.

Tisch zufolge hat sich das deutsche System der Arzneimittelversorgung bewährt: Die bestehenden Anforderungen an die Produktqualität, den Vertriebsweg und die Zugänglichkeit von Arzneimitteln sorgten als ineinander greifende Instrumente für eine hohe Arzneimittelsicherheit. Wer hieran etwas verändern wolle, müsse seine neuen Ideen stets an den heute erreichten Standards messen.

Einer systemimmanenten Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung verschließe sich die ABDA nicht – wohl aber einer Zerstörung bewährter Strukturen, so Tisch. Die Devise laute daher: "Entwickeln statt abwickeln".

Das Uhrwerk der Arzneimittelversorgung

Von besonderer Bedeutung für die Erfüllung des den Apotheken obliegenden Sicherstellungsauftrags sei die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Apotheken. Gesetzliche Vorgaben wie die AMPreisV, das Verbot der Rezeptzuweisung oder des bevorzugten Angebots bestimmter Arzneimittel sowie die Pflicht zur persönlichen Leitung sorgten dafür, dass Apothekerinnen und Apotheker ihre Aufgabe mit der nötigen Reflexion wahrnehmen.

Das Fremd- und Mehrbesitzverbot soll zudem verhindern, dass Kapitalinteressen in den Vordergrund treten. Auch die detaillierten Vorgaben zur personellen und sachlichen Ausstattung von Apotheken haben in den letzten Jahrzehnten dafür gesorgt, dass hierzulande keine Sicherheitsmängel zutage traten. Dieses Gesamtpaket gebe den Rahmen für eine sichere und hochwertige Arzneimittelversorgung, so Tisch.

GMG gefährdet das hohe Niveau der Arzneimittelsicherheit

Das GMG hält nun eine Reihe von Neuerungen im Apothekenwesen parat: Mit der Zulassung des Arzneimittelversandhandels und des Mehrbesitzes werden wesentliche Grundpfeiler des bestehenden Systems eingerissen. Tisch glaubt nicht, dass die Beschränkung des Mehrbesitzes auf maximal fünf Apotheken juristisch haltbar sei.

Die Folge: die persönliche Haftung des Apothekers werde fallen und die Fremdsteuerung Platz nehmen. Oligopole werden sich bilden und die Kapitalgeber mehr an einer guten Verzinsung als an hoher Sicherheit interessiert sein. Auch beim Versandhandel sieht Tisch nichts Gutes kommen.

Insgesamt werde sich dieser als volkswirtschaftlich teurer erweisen. Zudem werde der Verbraucherschutz geschwächt und verlängerten sich Lieferzeiten. Auch der Sicherstellungsauftrag der Apotheken werde wegfallen.

Auf Ablehnung stößt bei der ABDA zudem die geplante weitere Öffnung von Krankenhausapotheken für die ambulante Versorgung. Dies werde zu Wettbewerbsverzerrungen führen, so Tisch. Sowohl die Kosten für den Apothekenbetrieb als auch für die Arzneimittelversorgung folgen völlig anderen Voraussetzungen als in öffentlichen Apotheken.

Es sei fraglich, ob sich die pharmazeutische Industrie die Subventionierung von Arzneimitteln für Krankenhausapotheken noch leisten wolle und könne, wenn sich diese der ambulanten Versorgung öffneten, sagte Tisch. Bei keiner dieser drei Maßnahmen könnten die Vorteile die Nachteile überwiegen – keine könne davon überzeugen, dass sie die bestehende hohe Qualität der Arzneimittelversorgung erhalten werde.

Es geht nicht ums "Pfründe sichern"

Die ABDA wehrt sich gegen den Vorwurf, sie wolle nur die Pfründe der Apotheker sichern. Was früher als Sachkunde der Verbände geschätzt wurde, werde heute schnell als "Lobby" diffamiert, ohne dass eine Auseinandersetzung mit den Argumenten stattfinde, rügte Tisch. Er befürchtet, wenn den Kassen so viel mehr Macht zugesprochen wird, wie nunmehr im GMG angedacht, werden bald ausschließlich monetäre Interessen die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung bestimmen.

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