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Einzeln oder kollektiv – welche Verträge brauchen die Apotheken? (Komment

Die freiberuflichen Strukturen im Gesundheitswesen stehen im Visier der Gesundheitspolitik. Dies gilt für die Apotheken ebenso wie für die Arztpraxen, insbesondere die Fachärzte. Für beide könnte die Lösung ihrer Probleme in flexiblen Verträgen liegen, die Krankenkassen und Leistungserbringern neue Freiheiten geben und die Politik ein Stück weit überflüssig machen.

Bisher galten in der Arzneimittelversorgung nur Kollektivverträge, die Krankenkassen und Apotheker gleichermaßen binden. Ist der Vertrag erst einmal ausgehandelt, gilt er für alle. Bei den jüngst in Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgeschlossenen Hausapothekenverträgen ist dies anders.

Sie definieren die Bedingungen für Hausapotheken, aber jedem Apothekenleiter steht es frei, diese anzuerkennen. Wer nicht mitmacht, kann zu den alten Bedingungen weiterarbeiten. Wer aber mitmachen will, verpflichtet sich durch die eigene Unterschrift, die definierten Qualitätsanforderungen zu erfüllen und die festgelegten Leistungen zu erbringen.

Verträge sind nicht mehr für alle da, sondern nur für die, die sich beteiligen wollen. Für die Apotheken bedeutet dies einen gewaltigen Paradigmenwechsel. Denn damit schreiben auch ABDA-Organisationen fest, dass nicht alle Apotheken gleich sind. Die neue Doktrin lautet stattdessen: Die Hürde in den Verträgen darf nur so hoch sein, dass alle Apotheken sie mit einer gewissen Mühe überwinden können.

Die alte Doktrin, dass alle Apotheken gleich sind, ist durch die hervorragende Resonanz auf die Hausapothekenverträge erledigt. Für die weitere Entwicklung solcher Verträge öffnet dies nun viele Optionen: Wie hoch eine für alle erreichbare Hürde sein darf, kann diskutiert werden.

Denkbar sind auch Entlohnungen für einzelne Leistungen in Abhängigkeit von der Struktur-, Prozess- oder gar Ergebnisqualität. Auf der Seite der Krankenkassen ist zu fragen, inwieweit einzelne Kassen den Verträgen ihrer Verbände beitreten müssen. Echter Wettbewerb unter Krankenkassen könnte Realität werden.

Diese neue Art der Kollektivverträge eröffnet viele Möglichkeiten und bietet viele Vorteile gegenüber den Einzelverträgen, die die extreme Gegenposition zu den klassischen Kollektivverträgen darstellen. Einzelverträge kann niemand ernsthaft wollen, denn einzelne Verträge jeder Krankenkasse mit jeder einzelnen Apotheke und jedem Arzt sind allein wegen der Logistikkosten schlicht und einfach Unsinn.

Wer tatsächlich "echte" Einzelverträge fordert, kann nur die Absicht haben, das ganze System durch den Vertragsschluss mit einigen Versand- oder Kettenapotheken auszuhebeln und die freiberuflichen Strukturen zu zerschlagen.

Anders sieht das bei den so genannten Rahmenverträgen aus. Dahinter kann ein faires Angebot stecken, das inhaltlich sehr nahe bei den neuartigen Kollektivverträgen à la Hausapotheke liegt.

Hier liegen die Bezeichnungen weiter auseinander als die Inhalte. Doch offenbar haben Kollektivverträge bei Apothekerverbänden und Rahmenverträge bei Krankenkassen einen besseren Klang. Letztlich sind dies alles Gruppenverträge für die, die sich daran beteiligen möchten.

Dann sind auch Gruppenverträge mit Kooperationen von Apotheken denkbar. Dies ist keine graue Theorie, sondern wurde auf der jüngsten Mitgliederversammlung der parmapharm bereits angekündigt. Wenn die vertraglichen Freiheiten zunehmen und nicht mehr alle Apotheken gleich sein sollen, muss auch dies möglich sein. Auch diese Vertragsvariante würde die freiberuflichen Apotheken stärken, weil sogar der radikalste Krankenkassenfunktionär kein Argument mehr für Ketten oder Versender anführen könnte.

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