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DocMorris und der pharmazeutische Großhandel: Wer beliefert nun DocMorris?

(daz/aknr). Die Apothekerkammer Nordrhein hat sich mit der Frage, welcher Großhandel die niederländische Versandapotheke DocMorris mit Arzneimittel beliefert, intensiv befasst. Über eine Umfrage bei den deutschen Großhandlungen sollten die Pharmagroßhandlungen erklären, ob sie direkt oder indirekt die Versandapotheke mit Ware versorgen. Das Ergebnis macht nachdenklich.

Nach dem Interview des Chefs von DocMorris in der FAZ-Sonntagszeitung vom 20. April (siehe auch Editorial in DAZ 17 "Wer beliefert DocMorris?"), in dem Ralf Däinghaus öffentlich bestätigt, dass deutsche pharmazeutische Großhändler DocMorris beliefern, ohne Firmennamen zu nennen, ist die Zeit reif, das Ergebnis der Umfrage der Apothekerkammer Nordrhein bekannt zu geben.

Zur Erinnerung: Die Apothekerkammer Nordrhein hat anlässlich des Deutschen Apothekertages 2002 in Berlin folgenden Ad-hoc-Antrag gestellt: "Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert, über die ABDA alle pharmazeutischen Großhandlungen einschließlich der einzelnen Niederlassungen eine Erklärung abzugeben, dass DocMorris nicht, weder direkt noch indirekt, mit Arzneimitteln beliefert wurde und auch nicht beliefert wird.

Hierzu werden von der ABDA alle pharmazeutischen Großhandlungen kurzfristig angeschrieben. Vier Wochen später wird das Ergebnis in der Pharmazeutischen Zeitung bekannt gegeben."

Begründet hat der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein Karl-Rudolf Mattenklotz diesen Antrag damit, dass der Bundesverband des Pharmazeutischen Großhandels – Phagro – e.V. – sowie einzelne Mitglieder immer wieder erklärt haben, dass sie gegen den Versandhandel mit Arzneimitteln sind, zuletzt noch in der Pharmazeutischen Zeitung am 10. Oktober 2002.

Dem, so Mattenklotz, steht die Aussage des Hamburger Unternehmers Gottfried Neuhaus im Hamburger Abendblatt vom 7./8. September 2002 entgegen. In einem Artikel "Bittere Pillen für die Apotheker" sei berichtet worden, wie "ein Hamburger mit preiswerten Medikamenten per Post einer Branche das Fürchten lehrt".

Danach sei der Unternehmer Gottfried Neuhaus Erfinder und Geldgeber der niederländischen Online-Apotheke DocMorris. Neuhaus wird in der Zeitung weiter zitiert: "Wir hatten schon Spione, die herausfinden wollten, wer uns (DocMorris) beliefert, um damit den Großhändler unter Druck zu setzen." Damit, so Mattenklotz, sei zugegeben worden, dass ein pharmazeutischer Großhändler DocMorris beliefert.

Der Ad-hoc-Antrag wurde leider von den Delegierten des Deutschen Apothekertages mit Mehrheit abgelehnt. Deshalb hat sich die Apothekerkammer Nordrhein mit einem Schreiben vom 15. Oktober 2002 schriftlich an die pharmazeutischen Großhandlungen gewandt, die dem Phagro e.V. angehören.

Die Unternehmen einschließlich der einzelnen Niederlassungen sind am 15. Oktober 2002 gebeten worden, sich zu der Anfrage zu äußern. Das Ergebnis ist beschämenswert und macht nachdenklich.

Die Apothekerkammer Nordrhein hat in dem Schreiben vom 15. Oktober 2002 den pharmazeutischen Großhandlungen mitgeteilt, dass das Umfrageergebnis in geeigneter Weise bekannt gegeben wird.

Die Gehe Pharma Handel GmbH Stuttgart hat schriftlich mitgeteilt, dass Gehe (Pharma Handel Deutschland und Konzernfirmen) DocMorris nicht beliefert. In Bezug auf den Versandhandel stehe Gehe europaweit zur Position der deutschen Apothekerschaft. Schließlich sei Gehe das erste Unternehmen in Deutschland gewesen, das aktiv gegen DocMorris mit einer einstweiligen Verfügung schon im Jahre 1999 vorgegangen sei. Seither, so Gehe, habe man die ablehnende Position immer wieder in Wort und Tat vertreten.

Der Phagro e.V. hat schriftlich mitgeteilt, dass die Niederlassungen der Phagro-Mitgliedsfirmen weder direkt noch indirekt den holländischen Versandhändler DocMorris beliefern. Vor dem Hintergrund drohender wettbewerblicher und kartellrechtlicher Auseinandersetzungen mit DocMorris seien die Geschäftsleitungen der Mitgliedsfirmen dringend gebeten worden, zunächst auf das Schreiben der Apothekerkammer Nordrhein keine Stellungnahmen abzugeben.

Die Forderung an alle Mitglieder des Phagro e. V., sich schriftlich zu dieser Thematik zu äußern, sei mit einer Vielzahl von rechtlichen Implikationen verbunden, die einer genauen Prüfung bedürfe. Der Phagro e. V. hofft auf das Verständnis der Apothekerkammer Nordrhein, dass in der von der Apothekerkammer Nordrhein gesetzten Zeit (vier Wochen) weder die Phagro-Mitgliedsfirmen noch die Phagro-Geschäftsleitung auf das Schreiben antworten werden.

Schließlich wird auf eine Äußerung des Phagro e.V. vor einem Auditorium von etwa 80 Pharmaziestudierenden verwiesen, dass kein Phagro-Mitglied bereit sei, DocMorris zu beliefern und dieses ein gesetzwidriger Boykott sei. Der Phagro e. V. hält diese Aussage für bedeutungsvoller als den Bericht im Hamburger Abendblatt, dass ein deutscher Großhändler DocMorris beliefere.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass es nach vorliegenden Mitteilungen des Bundesamtes für Statistik allein in Nordrhein-Westfalen mehr als 2000 pharmazeutische Großhändler geben soll.

Die Noweda eG schreibt, dass die Anfrage zur Abgabe einer Ehrenerklärung nicht beantwortet wird. Das Begehren der Apothekerkammer Nordrhein sei unzumutbar, weil damit im Grundsatz schon die Vermutung unterstellt werde, dass die Noweda zu dem möglichen Kreis der DocMorris-Lieferanten gehören könnte. Die Noweda sei ein apothekeneigenes Unternehmen und damit ausschließlich der eigentümer-geführten Individual-Apotheke verpflichtet.

Die Noweda habe eindeutig Stellung bezogen, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln allein schon aus Sicherheitsgründen abzulehnen ist. Eine Geschäftspolitik, die dieser Zielrichtung widerspreche, sei für die Noweda undenkbar. Bisher sei man davon ausgegangen, dass die Noweda-Geschäftspolitik auch bei der Apothekerkammer Nordrhein bekannt sei.

Außerdem weist die Noweda darauf hin, dass es gelte, den Versandhandel mit Arzneimitteln zu verhindern. Die Noweda werde alle Mittel ausschöpfen und Hilfestellung anbieten, damit dieses Ziel erreicht wird. Schließlich bittet die Noweda die Apothekerkammer Nordrhein massiven Einfluss auf SPD-Kreise auszuüben, damit die Befürworter des Versandhandels in der Politik in der Minderheit bleiben.

Von 112 angeschriebenen pharmazeutischen Großhandlungen einschließlich deren Niederlassungen, entnommen aus dem Mitgliederverzeichnis 2002 des Phagro e. V., sind bis heute die drei zitierten Antworten eingegangen. Das Ergebnis macht nachdenklich!

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