Arzneimittel und Therapie

"Pille danach": Notfallkontrazeption – so wird's gemacht

Die Pille wurde falsch eingenommen, das Kondom ist geplatzt oder Ų bei Jugendlichen gar nicht so selten Ų der Geschlechtsverkehr war völlig ungeschützt. Welche Möglichkeiten der "Nach- oder Notfallverhütung" hat frau in solchen Fällen, um eine Schwangerschaft zu verhindern?

Der kanadische Mediziner A. A. Yuzpe zeigte in einer 1977 veröffentlichten Studie, dass man mit einer Östrogen-Gestagen-Kombination postkoital eine Schwangerschaft verhindern kann.

Das nach ihm benannte Yuzpe-Regime besteht aus der Gabe von hoch dosiertem Ethinylestradiol (0,1 mg) plus 0,5 mg Levonorgestrel. Die Hormonkombination wird zweimal eingenommen, das erste Mal innerhalb von 72 (besser 48) Stunden nach dem ungeschützten Verkehr, das zweite Mal 12 Stunden später (Tetragynon®).

Die Levonorgestrel-Pille

In einer 1998 veröffentlichten Studie waren zwei 0,75-mg-Dosen Levonorgestrel, im 12-Stunden-Abstand eingenommen, davon die erste innerhalb von 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr, im Vergleich zum Yuzpe-Regime verträglicher und schützten wirksamer vor Schwangerschaften. Dieses reine Gestagen-Regime ist mittlerweile in über 80 Ländern zugelassen und verdrängt das Yuzpe-Regime zunehmend. In Deutschland ist die Levonorgestrel-Pille zur Notfallverhütung seit dem Jahr 2000 als duofem® rezeptpflichtig erhältlich.

Der Rezeptstatus für das am häufigsten eingesetzte Notfallkontrazeptivum Levonorgestrel ist in Europa uneinheitlich geregelt (siehe Kasten). Für eine Freigabe aus der Rezeptpflicht spricht neben der guten Verträglichkeit, dass das Wirkungsoptimum nur bei einer ersten Einnahme innerhalb von 24 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr erzielt wird.

Innerhalb von 24 Stunden eingenommen, verhindert Levonorgestrel nämlich 95% der Schwangerschaften, zwischen 24 und 48 Stunden eingenommen über 85% und zwischen 48 und 72 Stunden eingenommen nur noch 58%. Die rezeptfreie Abgabe in Apotheken würde den raschen Zugang erheblich erleichtern.

Fragen an die Patientin

Bei der Verordnung bzw. Abgabe einer "Pille danach" sollten folgende Fragen mit der Patientin geklärt werden:

  • Wann hat der ungeschützte Verkehr stattgefunden? Je länger der Zeitpunkt zurückliegt, desto unsicherer ist die erhoffte Wirkung. Die "Pille danach" kann zu jedem Zykluszeitpunkt angewendet werden.
  • Wann war die letzte Regel? Mit dieser Frage wird eine Schwangerschaft ausgeschlossen. Levonorgestrel hat zwar keine abortiven oder teratogenen Eigenschaften, sollte in der Schwangerschaft dennoch nicht eingesetzt werden.
  • Wurde im selben Zyklus schon einmal eine "Pille danach" angewendet? Eine "Pille danach" sollte nicht mehrmals im selben Zyklus eingesetzt werden, da schwere Zyklusstörungen die Folge sein können. Sie sollte nicht als Ersatz für die "Pille" dienen.
  • Ist die Patientin gesund? Die Wirksamkeit der "Pille danach" kann bei Antiepileptika-Gebrauch sowie bei Morbus Crohn eingeschränkt sein.

    Wichtige Beratungshinweise

    Die Patientin sollte auf die Wichtigkeit der möglichst frühen Ersteinnahme hingewiesen werden. Die zweite Einnahme sollte nach 12 Stunden erfolgen. Es kann also nötig sein, den Wecker zu stellen!

    Wird die "Pille danach" in den ersten vier Stunden nach der Einnahme erbrochen, muss eine weitere Tablette eingenommen werden. Der Zyklus kann unter Levonorgestrel etwas verkürzt, seltener auch verlängert sein (unter Mifepriston häufiger verlängert).

    Für alle "Pillen danach" gilt: Für den Rest des Zyklus besteht kein Empfängnisschutz; es muss also unbedingt normal verhütet werden.

    Das Antigestagen Mifepriston

    Ein anderes Notfallkontrazeptivum ist niedrig dosiertes Mifepriston. Es genügt eine Dosis von 10 mg, die innerhalb von 120 Stunden (fünf Tagen) nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen wird. Hoch dosiert (einmal 600 mg) wird das Antigestagen Mifepriston (RU-486; Mifegyne®) zur Abtreibung in der Frühschwangerschaft verwendet.

    Zur postkoitalen Verhütung eingesetzt hat es, wie auch die anderen "Pillen danach", nichts mit Abtreibung zu tun: "Die Prävention einer Schwangerschaft vor der Implantation der Eizelle ist Kontrazeption und kein Abort" (A. Klement). Als Notfallkontrazeptivum ist Mifepriston (Mifegyne®) bislang nicht zugelassen.

    Spirale als Notfallmaßnahme

    Eine nichthormonelle Notfallkontrazeption besteht im Einlegen eines Intrauterinpessars bis fünf Tage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Dieses Verfahren verhindert in über 99% der Fälle eine Einnistung der befruchteten Eizelle und ist somit noch wirksamer als die hormonellen Notfallmaßnahmen. Das Intrauterinpessar kann als bleibendes Verhütungsmittel intrauterin belassen werden. Als Nebenwirkungen können Blutungen, Schmerzen und Infektionen auftreten.

  • Die Pille wurde falsch eingenommen, das Kondom ist geplatzt oder – bei Jugendlichen gar nicht so selten – der Geschlechtsverkehr war völlig ungeschützt. Welche Möglichkeiten der "Nach- oder Notfallverhütung" hat frau in solchen Fällen, um eine Schwangerschaft zu verhindern?

    Rezeptpflichtstatus von Levonorgestrel-Notfallkontrazeptiva in Europa

    • Rezeptfreie Abgabe erlaubt Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritanninen, Irland, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz
    • Rezeptpflichtig Deutschland, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Spanien

    Wie wirken hormonelle Notfallkontrazeptiva? Je nach Wirkstoff und Einnahmezeitpunkt verhindern oder verzögern sie den Eisprung oder verhindern die Einnistung der Blastozyste in die Gebärmutter (Nidation).

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