DAZ aktuell

Bald neue Zuzahlungen? (Kommentar)

Jetzt also die Zuzahlungen der Patienten zu Arzneimitteln. Von den wenigen Details, die von der neuen Gesundheitsreform durchsickern, betrifft eins die Selbstbehalte. Ministerin Schmidt denkt an einen Euro pro Verordnungsblatt für diejenigen, die sich an einem der neuen Behandlungsprogramme beteiligen, sowie an Zuzahlungen von 3, 6 und 9 Euro für N1, N2 und N3 für die übrigen Patienten.

Ironisch könnte man anmerken, hier ist eine Neuregelung schon überfällig, gemessen daran, wie schnell sich ansonsten Änderungen in der Gesundheitspolitik abwechseln. Schon seit 1999 gilt die jetzige Staffelung, die Einführung des Euro mit ihren Miniabrundungen nicht eingerechnet.

Aber ernsthaft. Lang ist die Geschichte der Zuzahlungsänderungen, von zwei Mark pro Verordnungsblatt – erinnern Sie sich noch? – über 3 Mark für Arzneimittel ohne Festbetrag (1992) über eine Staffelung nach Preisklassen (1993) hin zur packungsgrößenabhängigen Aufteilung von drei, fünf und sieben Mark für N1, N2 und N3 (1994), die Anhebung auf vier, sechs und acht Mark (Januar 1997) sowie die auf neun, elf und 13 Mark (Juli 1997). Geplant war noch von schwarzgelb die automatische Koppelung an steigende Kassenbeitragssätze und eine automatische Dynamisierung alle zwei Jahre ab 1999, was beides nicht kam.

Rotgrün schließlich hatte 1998 schwer gegen die angeblich hohen Zuzahlungen gewettert und vor der Wahl deren Absenkung versprochen. Dies allein führte natürlich nicht zum Regierungswechsel, aber zumindest in der Gesundheitspolitik gab es eine populistische Debatte um Selbstbehalte mit entsprechenden Folgen beim Wähler. Nach der gewonnenen Wahl bereitete die grüne Bundesgesundheitsministerin Fischer die Absenkung auf acht, neun und zehn Mark vor, die im Januar 1999 in Kraft trat.

4, 4,50 und 5 Euro gelten seitdem für N1, N2 und N3. Das, was den einzelnen Patienten leicht erlassen wurde, belastet im Umkehrschluss die gesetzlichen Kassen. Jahr für Jahr.

Weiterer Nebeneffekt: Bei dem einen oder anderen Kranken stieg der Anreiz, doch die größere Packung beim Arzt zu verlangen (und zu bekommen). Schon zwischen N2 und N3 gibt’s "mehr" für einen "geringen Aufpreis", noch größer ist die Diskrepanz zwischen N1 und N3, deren Abstand von gerade einem Euro bei der Zuzahlung einfach zu klein ist.

Hinzu kommen die geänderten Härtefall- und Chronikerregelungen, über die Sie in der DAZ viel lesen konnten. In der Vergangenheit war stabil ein Viertel der GKV-Versicherten von Zuzahlungen befreit, nämlich Kinder und sozial Schwache. Das ist auf mehr als 50 Prozent Befreiungen hochgeschnellt – das kann es nicht sein. Hier sind Änderungen überfällig.

Über die Reihe von Jahren gesehen fällt zudem die große Schwankung auf zwischen den Anteilen, die die gesetzlichen Kassen (GKV) von den Arzneikosten zahlen, und denen der Patienten. Nach ABDA-Angaben pendelte der Patientenanteil erheblich zwischen 3,6 Prozent an den Gesamtarzneiausgaben der GKV in 1992, über beispielsweise 13,8 Prozent in 1998 hin zu 9,1 Prozent im Jahr 2000. Von einer stabilen Aufteilung keine Spur, aber stattdessen eine Riesen-Fluktuation je nach politischem Eingriff.

Verfolgen wir, was sich die Bundesgesundheitsministerin oder die Fraktionen von SPD und Grünen zu Selbstbehalten ausdenken, Änderungen stehen vor der Tür. Von prozentualen Zuzahlungen übrigens, wie sie etwa Teile der pharmazeutischen Industrie fordern, ist in diesen Tagen nichts zu hören.

Susanne Imhoff-Hasse

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