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Pharmazeutinnen-Verband: Vor allem Frauenarbeitsplätze in Gefahr durch BSSichG

STUTTGART (dpv/daz). "Das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) stranguliert die öffentlichen Apotheken. Trotz steigender Arzneimittelumsätze im 1. Quartal 2003 haben die Apotheken Ertragsrückgänge von über 30 Prozent zu verzeichnen." Das teilte die Erste Vorsitzende des Deutschen Pharmazeutinnen-Verbandes (DPV) e. V., Karin Wahl, am 29. April in Stuttgart mit. Den Apothekeninhaberinnen und -inhabern bleibe als einzige Maßnahme oft nur der Abbau von Personal, um die Apotheke überhaupt zu retten.

Wahl wies darauf hin, dass das BSSichG vor allem Frauenarbeitsplätze in Vollzeit und Teilzeit treffe. "Die Politik agiert zum einen damit frauenfeindlich, ganz entgegen den Versprechungen der Frauenförderung im Koalitionsvertrag. Zum anderen ignoriert sie damit die personalintensiven Serviceangebote der Apotheken, wie zum Beispiel die pharmazeutische Betreuung und weitere Serviceangebote, die über das übliche Beratungsgespräch hinausgehen wie Ernährungsberatung oder Blutwertebestimmungen", so Wahl.

Die DPV-Vorsitzende verwies auf die fachlich fundierte Ausbildung der Apothekerinnen und Apotheker, die im Gesundheitswesen ein niederschwelliges Angebot für die Bevölkerung bereithielten: "Ohne lange Wartezeiten und Vorzeigen eines Ausweises erhält man kostenlos umfassende Informationen", betonte Wahl.

Die Nachteile des Personalabbaus und der Schließungen von Apotheken werden vor allem für ältere, immobile Menschen und sozial schwächere Familien gravierend sein, weil dadurch die wohnortnahe Versorgung in den Stadtteilen und in kleineren Orten verloren gehen werde.

Dies untermauere auch eine Studie der Region Stuttgart über die "Wohnortnahe Versorgung" und die negativen Folgen bei einem Wegfall dieser Versorgungsform. Wahl ist sich sicher, dass die Apotheken wie Einzelhandelsläden, Post- und Bankfilialen nach und nach sterben werden.

Keine Ersparnis durch Versandhandel

Der geplante Versandhandel und die Erlaubnis für Kettenapotheken würden keine Einsparungen bringen, was anhand der Beispiele USA und England nachweisbar sei. "Der Einzelapotheker, der bis zum letzten Cent mit seinem Privatvermögen haftet, ist ein Garant für Verbraucherschutz und Kundenorientierung.

Die in Europa einzigartige Niederlassungsfreiheit für Apotheken sorgt bereits heute für einen harten Wettbewerb um Kunden unter den Apotheken. Andere europäische Länder, auch England und die Niederlande haben ein Konzessionssystem, das erst die Gründung einer neuen Apotheke zulässt, wenn der Bedarf bewiesen ist. Diese Apotheken haben im Gegensatz zu den deutschen Apotheken noch einen hohen Firmenwert", sagte Wahl.

"Die deutschen Apotheken versehen das ganze Jahr über und rund um die Uhr flächendeckend Notdienste. Schon heute bringen fast alle Apotheken ihren Kunden die Medikamente durch Mitarbeiter der Apotheke bis ans Krankenbett und sind damit schneller und sicherer als jeder Versandhandel, der die Medikamente vom Postboten aushändigen lässt."

Die Gesundheitsausgaben seien in allen Ländern der Welt gestiegen, weil die Menschen älter werden, Krankheiten oft erst im Alter entwickeln und durch den pharmazeutischen und medizinischen Fortschritt die Krankheiten überhaupt erst behandelbar werden. "Die Wertschöpfung aller Apotheken an den Arzneimittelausgaben beträgt ca. 3 Prozent.

Selbst wenn von heute auf morgen alle 21 000 deutschen Apotheken abgeschafft würden, hätten die jährlich wachsenden Ausgaben im Wachstumsmarkt ,Gesundheit' binnen Jahresfrist alles bereits wieder ,aufgefressen'. Man sollte bewährte Strukturen nicht nur aus Lust am Neuen zerstören, sondern erst, wenn man etwas wirklich Besseres hat!"

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