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Krankengeld: PKV macht Angebot zur Krankengeldversicherung

BERLIN (ks). Bundeskanzler Schröder hat am 14. März in seiner Regierungserklärung vorgeschlagen, das Krankengeld zu "privatisieren" - das ließ die privaten Kassen aufhorchen. Zwischenzeitlich hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ihrer Fraktion versprochen, das Krankengeld bleibe in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und lediglich die paritätische Finanzierung werde aufgehoben. Dessen ungeachtet hat der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) ein Modell zur privaten Krankengeldversicherung erarbeitet.

Der PKV-Verbandsvorsitzende Reinhold Schulte erläuterte am 7. April in Berlin, unter welchen Bedingungen die PKV künftig die Krankengeldversicherung übernehmen könnte. Ebenfalls präsentiert wurde zu diesem Anlass ein Rechtsgutachten: Diesem zufolge ist es rechtlich nicht zulässig, die GKV mit dem Angebot von Zusatzversicherungen zu betrauen, die zuvor aus dem Leistungskatalog ausgegliedert wurden.

PKV gesprächs- und kompromissbereit

Die PKV ist vorbereitet für Gespräche mit der Regierung - so sie denn noch ein Interesse an einer Privatisierung des Krankengeldes haben sollte. Schulte machte klar, dass die privaten Kassen bereit seien, gewisse Rahmenbedingungen zu akzeptieren, würde man ihnen künftig die Versicherung des Krankengeldes überlassen. So würde sich die PKV bei einer Versicherungspflicht einer Annahmeverpflichtung unterwerfen: in dem Umfang, wie der Krankengeldanspruch heute den gesetzlich Versicherten zusteht, soll er künftig auch bei privater Absicherung bestehen. Auf eine Risikoprüfung würden die privaten Assekuranzen dabei ebenso verzichten wie auf Differenzierungen nach Berufsgruppen oder Geschlecht. Eine solche Prüfung würde auch nicht anfallen, wenn sich der Versicherungsschutz bei steigenden Gehältern dynamisiert.

Auch gesetzlich festgelegte Höchstbeiträge wollen die Unternehmen hinnehmen. Ebenfalls soll ein Wechsel des Versicherungsunternehmens für die Versicherten möglich sein: zwar würden auch beim Krankengeld Rückstellungen gebildet, erklärte Schulte, diese seien allerdings risiko-unabhängig, sodass die Lage anders sei als bei der "normalen" privaten Krankenversicherung.

Vom Umlageverfahren zur Kapitaldeckung

Der Übergang vom Umlageverfahren auf die Kapitaldeckung für alle Krankengeldbezieher soll nach dem PKV-Modell schrittweise erfolgen. Bei der Einführung der Versicherung würden bis zum Eintrittsalter von 39 Jahren Alterungsrückstellungen gebildet. Ab dem Eintrittsalter von 40 würden die Versicherten hingegen im Pool versichert, d. h. es findet ein unternehmensübergreifender Ausgleich statt.

Nach den Modellrechnungen des Verbandes sollten die Prämien für die teilweise Lohnfortzahlung bei langen Krankheiten je nach Alter und Einkommen etwa zwischen 3,10 Euro (für 19-jährige mit einem monatlichen Einkommen von 500 Euro) und maximal 59,60 Euro (für Versicherte ab 40 Jahren und mit einem Einkommen von über 3000 Euro) liegen. Dabei sollen die Versicherten ab dem 43. Krankheitstag etwa 60 Prozent ihres Bruttolohnes als Tagegeld erhalten.

Durch Leistungsausgliederungen Beiträge unter 13 Prozent

Schulte erklärte, wer lediglich die Parität bei der Finanzierung der Krankengeldversicherung aufheben wolle, "springt zu kurz" - ein solches Vorgehen stehe in keinem Zusammenhang mit der Ausgliederung einer Leistung. Eine echte Privatisierung des Krankengeldes könne die GKV um 1,04 Beitragspunkte entlasten. Würde zudem der Zahnersatz ausgegliedert, so ließen sich die Beitragssätze der GKV auf unter 13 Prozent drücken - diese Zielmarke schwebt nicht nur der Regierung vor. Schulte ist guter Hoffnung, auch die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände auf seine Seite ziehen zu können. Von der Regierung erwartet er jedenfalls eine "ausführliche Auseinandersetzung" mit den Vorschlägen.

Ein Geschäft nur für die privaten Kassen

Wenn das Krankengeld tatsächlich individuell versichert werden soll, so müsse die gesamten Sparte von den Privatkassen übernommen werden, betonte Schulte. Er stützt sich dabei auf ein Rechtsgutachten, das Prof. Dr. Bernd von Maydell, dem ehemaligen Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Sozialrecht und Prof. Dr. Beatrix Karl von der Universität Graz/Österreich für den PKV-Verband erstellt haben. Die Rechtsprofessoren sind der Ansicht, nicht nur die Berufsfreiheit und der Gleichheitssatz, sondern auch das nationale und das europäische Wettbewerbsrecht würden verletzt, erlaube man der GKV, alleine oder neben den privaten Kassen Zusatzversicherungen anzubieten.

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