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Sächsische LAK: Fortbildung über Psycho- und Neuropharmaka

Die Sächsische Landesapothekerkammer startete eine neue Fortbildungsreihe über die therapeutischen Vorteile, aber auch unerwünschten Wirkungen neuer Wirkstoffe in ausgewählten Indikationsgruppen. Den Auftakt machte Anfang März eine Veranstaltung in Leipzig über Psycho- und Neuropharmaka.

Frau Prof. Dr. Karen Nieber erläuterte zum Einstieg in die Thematik die Mechanismen der synaptischen Informationsübertragung. Gerät einer oder gar mehrere dieser Übertragungsprozesse aus der Balance, spricht man von einer psychischen oder neurodegenerativen Erkrankung. Zu ihrer Behandlung steht eine Vielzahl von Psychopharmaka zur Verfügung, die alle die Prozesse an der Synapse der Neuronen beeinflussen.

Antidepressiva, Neuroleptika, Antidementiva

Das größte Problem in der Behandlung mit Antidepressiva liegt in der hohen Abbruchrate von bis zu 30 Prozent. Ursache ist häufig eine Verschlechterung des Erkrankungszustandes in der Anfangsphase der Behandlung. Denn die Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie machen sich relativ schnell bemerkbar, die gewünschte antidepressive Wirkung stellt sich hingegen erst nach 2 bis 4 Wochen ein. Im Hinblick auf diese Problematik kommt der guten Zusammenarbeit von Arzt, Apotheker und Patient eine besonders große Bedeutung zu, um die Compliance zu erhöhen.

Neuere Antidepressiva (Venlafaxin, Mirtazapin, Reboxetin) haben es schwer, einen Platz in der Therapie zu finden, da sichere Leitlinien für die gezielte Medikamentenauswahl, aber auch Studien an Patienten mit chronischen Begleiterkrankungen fehlen. Sie sind aber besser verträglich als die trizyklischen Antidepressiva. Ihre Wirksamkeiten sind vergleichbar mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI), jedoch bei einem unterschiedlichen Nebenwirkungsprofil.

Bei unerwünschter Gewichtszunahme stellen Venlafaxin und Reboxetin eine Alternative dar, Mirtazapin ist hingegen bei Patienten mit Gewichtsverlust geeignet. Weiterhin verursacht Mirtazapin kaum noch sexuelle Funktionsstörungen. Der Wirkstoff Reboxetin empfiehlt sich bei antriebsschwachen Patienten, ängstlich-agierte Patienten profitieren vom Mirtazapin.

Das Stichwort "Vom Clozapin zum Ziprasidon" bildete die Überleitung zu den Wirkungsmechanismen der Neuroleptika. Atypische Neuroleptika verursachen weniger extrapyramidale Störungen, sind deutlich wirksamer bei einer Negativsymptomatik, haben ein erweitertes antipsychotisches Wirkspektrum und verringern die Muskelverkrampfungen (Katalepsie). Der Vorteil des atypischen Neuroleptikums Ziprasidon liegt in der Affinität zu einer Vielzahl von Rezeptoren, woraus sich eine Wirkung auf die Positiv- und Negativsymptomatik ergibt. Bei einer zusätzlichen geringen antidepressiven Wirkung kann ein Rückgang der Verstimmungen und eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit erfolgen.

Zum Abschluss wandte sich Nieber der medikamentösen Therapie der neurodegenerativen Erkrankungen, speziell der Alzheimer-Demenz, zu. Das Behandlungsziel ist, die Kognition, das Verhalten und die Alltagskompetenz der Patienten zu erhalten und somit die Lebensqualität der Patienten und ihrer Angehörigen. Die Acetylcholinesterasehemmer Galantamin und Rivastigmin sowie Donezepil brachten einen therapeutischen Fortschritt, dennoch gibt es nach wie vor eine hohe Zahl von Therapieversagern. So besteht weiterhin die Notwendigkeit neue Medikamente zu entwickeln und die Diagnostik zu verbessern. Denn wenn diese Erkrankungen in einem sehr frühen Stadium erkannt werden, ist eine Therapie erfolgreicher.

Ginkgo und Johanniskraut

Apothekerin Sandra Hentzschel vom Institut für Pharmazie der Universität Leipzig referierte über den Einsatz von Ginkgo biloba-Extrakten in der Demenztherapie und von Johanniskrautextrakten zur Behandlung depressiver Verstimmungen. Ginkgo biloba wirkt multifaktoriell und muss als standardisierter Extrakt in ausreichender Dosierung über einen längeren Zeitraum genommen werden, damit er bei Demenzerkrankungen wirksam ist. Da viele klinische Studien starke Mängel bzw. methodische Fehler aufweisen, liegt aber insgesamt wenig verwertbares Material über die Wirksamkeit vor. So ist der standardisierte Ginkgoextrakt nicht in den Behandlungsleitlinien der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte zu finden, obwohl zwischenzeitlich verbesserte Studienergebnisse vorliegen.

Bei leichten bis mittelschweren Depressionen liegt mit Johanniskrautextrakten eine sinnvolle Alternative zu den trizyklischen Antidepressiva und den SSRI vor. Sie wirken stimmungsaufhellend, aktivitätssteigernd und innerlich ausgleichend bei einem günstigem Nebenwirkungsprofil. Die kritischen Aspekte der Behandlung mit Johanniskraut wie die Interaktion mit anderen Arzneistoffen, z.B. mit Chemotherapeutika, aber auch Anmerkungen zum vorliegenden Studienmaterial kamen hier deutlich zur Sprache.

Chemische Betrachtungen zu Psychopharmaka

Prof. Dr. Kurt Eger vom Leipziger Institut für Pharmazie machte einen Exkurs in die Pharmazeutische Chemie und bot dabei eine interessante Querverbindung zwischen den Indikationsgruppen. In einem geschichtlichen Abriss stellte er dar, dass alte Arzneistoffe durchaus nicht an Aktualität verloren haben, sondern vielmehr eine sehr wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe spielen. Beispielsweise ist Thalidomid als "kleines Molekül mit vielfachen Wirkungen" heute wieder im Visier der Forschungen, unter anderem als Hemmstoff der Angiogenese, als Regulator der TNF-alpha-Produktion und der sich daraus abzuleitenden Einsatzmöglichkeiten.

Sehr interessant waren Egers Ausführungen zum neuroprotektiven Potenzial der Tetracycline, zum Beispiel von Epidoxycyclin und Metacyclin, die ursprünglich als Verunreinigungen bei der Synthese des Doxycyclins auftraten. So eröffnete ein Problem der pharmazeutischen Chemie neue Perspektiven für die pharmazeutische Forschung. Am Beispiel des Clozapins schilderte er das Prinzip der Bioisosterie, das der Weiterentwicklung von Arzneistoffen dient.

Parkinsonsche Erkrankung

Abschließend referierte Oberarzt Dr. W. Herrmann, Facharzt für Neurologie an der Universität Leipzig, über eine besondere Form der neurodegenerativen Erkrankungen: das Parkinsonsche Syndrom. Dr. Herrmann referierte aus der Sicht des Klinikers über die Historie, die Anatomie und Pathophysiologie der Parkinsonschen Erkrankung, von der in Deutschland bis zu 250 000 Personen betroffenen sind, und ging dann auf die Diagnostik und die medikamentöse Therapie ein. Er schilderte seine praktischen Erfahrungen mit verschiedenen Therapieschemata bis hin zu neueren operativen Methoden und gab einen sehr interessanten Einblick in die Arbeit des Klinikers.

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