Praxis

Kosmetikherstellung in der ApothekeTeil 2: Gesetzlic

Die neue DAZ-Serie in sechs Teilen "Kosmetikherstellung in der Apotheke" wendet sich nicht nur an Apotheker, die eine eigene Kosmetikherstellung betreiben, sondern an alle Pharmazeuten, die sich über aktuelle Trends in der Kosmetikherstellung informieren wollen. Der zweite Teil der Serie befasst sich mit den gesetzlichen Anforderungen an das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln.

Kosmetik-GMP

In § 5 c Kosmetikverordnung (KVO) findet sich der kurze Satz: "Bei der Herstellung kosmetischer Mittel sind die Grundsätze der Guten Herstellungspraxis zu berücksichtigen." Während Pharmazeuten unter Guter Herstellungspraxis die Einhaltung arzneilicher GMP-Regularien verstehen, stellt die KVO auf das so genannte "Kosmetik-GMP" ab.

Im Gegensatz zu dem seit dem 1. Januar 1992 in Deutschland rechtsverbindlichen "EG-Leitfaden einer Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel" (EG-GMP-Leitfaden) existiert im Kosmetikrecht kein vergleichbares offizielles Regelwerk. Um diese regulatorische "Lücke" zu füllen, haben verschiedene Interessengruppen selbst Leitlinien zu "Kosmetik-GMP" herausgebracht.

Auf nationaler Ebene beispielsweise publizierte der "Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V." (IKW) 1992 entsprechende Empfehlungen. 1994 brachte der Dachverband der Kosmetikhersteller (COLIPA) inhaltlich abweichende Leitlinien auf europäischer Ebene heraus, gefolgt 1995 vom Council of Europe (CoE) mit einem erneut eigenständigen Textentwurf.

Im Rahmen dieser Folge soll ausschließlich auf die Kosmetik-GMP-Leitlinien mit behördlicher Urheberschaft (Council of Europe) Bezug genommen werden. Diese CoE-Leitlinien beinhalten folgende Kapitel: I. "Quality System" II. Einkauf III. Herstellung IV. Lohnherstellung V. Qualitätsmanagement

Zu Kapitel I: Das "Quality System" beschreibt alle zur Erfüllung der firmenspezifischen Qualitätsvorgaben erforderlichen betrieblichen Organisationsstrukturen, personellen Verantwortlichkeiten, Herstellungs- und Prüfverfahren sowie Ressourcen (Personal, Räumlichkeiten, Gerätschaften). Auf kontinuierlich durchzuführende Mitarbeiterschulungen und die Erstellung von Arbeitsplatzbeschreibungen sowie von Prüf- und Verfahrensanweisungen in Schriftform wird hingewiesen.

Zu Kapitel II: Die Einkaufsabteilung ist in enger Abstimmung mit F&E, Herstellung und Qualitätssicherung für die spezifikationsgetreue Beschaffung aller für die Kosmetikproduktion erforderlichen Mittel verantwortlich. Ihr obliegt die Verwaltung und Archivierung der Einkaufsdokumente. Der Einkauf hat ferner Lieferantenbewertungen und Qualitätsaudits bei Subunternehmern vorzunehmen.

Zu Kapitel III: Dieses Kapitel bezieht Stellung zu qualitätsrelevanten Vorgängen wie Wareneingang, Rohstoffbereitstellung und -verarbeitung, Herstellung, Lagerung von Ausgangs-, Zwischen- und Fertigprodukten, Konfektionierung, Dokumentation und Umsetzung betrieblicher Hygienemaßnahmen. Der Ausgangsstoff Wasser findet im Kapitel ebenfalls Erwähnung. Während Wasser für pharmazeutische Zwecke im nichtsterilen Anwendungsbereich stets den Arzneibuch-Monographien "Aqua purificata" oder "Aqua valde purificata" genügen muss, kennt das Kosmetikrecht zunächst keinen vergleichbaren Anforderungskatalog in Bezug auf die physikalisch-chemischen und biologischen Eigenschaften dieses wichtigen Rohstoffs.

Allerdings findet sich in den CoE-Leitlinien die "Soll"-Bestimmung, Anlagen zur Gewinnung von "Aqua" so zu konstruieren, dass Kontaminationsrisiken minimiert werden, keine Schadstoffe aus Leitungsrohren an das Wasser abgegeben werden und sog. "stehendes Wasser" vermieden wird. Regelmäßige Kontrollen der chemischen und mikrobiellen Reinheit des gewonnenen Wassers sind durchzuführen. Bei Grenzwertüberschreitungen müssen unverzüglich Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden.

Zu Kapitel IV: Die Verantwortlichkeiten von Auftraggeber und Lohnhersteller/-verpacker sind vertraglich festzulegen. Genaue Angaben zur Produktqualität sind dem Subunternehmer vor Tätigkeitsaufnahme zu übermitteln.

Zu Kapitel V: Das Qualitätsmanagement (QM) wendet sich an alle Unternehmensbereiche und benennt die Vermeidung von Qualitätsmängeln als höchstes Ziel. Kernpunkte dieses Kapitels beschreiben die Durchführung von Qualitätskontrollen, die formalen Anforderungen an die Erstellung von Prüfberichten, die Prüf- und Messmittelüberwachung, die Rückstellmusterlagerung, die Lenkung von Dokumenten, die Vorgehensweisen bei Feststellung von Qualitätsmängeln, wichtige Aspekte der Personal- und Betriebshygiene, die Verpflichtung zur Selbstinspektion sowie das Erfordernis, interne Auditergebnisse der Unternehmensleitung mitzuteilen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die CoE-Leitlinien erkennbar Bezug auf zentrale Elemente des international etablierten Qualitätsmanagementsystems der Normenreihe DIN-EN-ISO 9000:2000 nehmen. Verweise auf das Erfordernis von Qualifizierungs- und Validierungsmaßnahmen, wie im Arzneimittelbereich bereits seit langem verbindlich, fehlen in den Kosmetik-GMP-Leitlinien jedoch (noch) gänzlich.

Gesetzliche Meldepflichten

Für kosmetische Mittel besteht keine Zulassungspflicht im EU-Binnenmarkt. Im Unterschied zu pharmazeutischen Unternehmern sind Kosmetikhersteller auch nicht auf die Erteilung einer Herstellungserlaubnis durch die zuständige Behörde angewiesen. Gegenüber den Überwachungsbehörden ist der Produzent nur zur Benennung des Produktionsortes verpflichtet. Einzig der Bundesoberbehörde (Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR; ehem. Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, BgVV) hat er zusätzlich Informationen zu seinem Betrieb und seinen Produkten mitzuteilen. Diese Daten leitet die Bundesoberbehörde an die Giftinformationszentralen (GIZ) weiter, die auch Apotheken beim Bekanntwerden von Vergiftungsfällen als Ansprechpartner dienen können. Änderungsmitteilungen werden nur dann erforderlich, wenn sich relevante Produkt- oder Firmendaten ändern. Je nach Art der Produktrezeptur tritt einer von drei Mitteilungsfällen ein:

(A) Mitteilungsfall 1: Das Produkt entspricht einer Rahmenrezeptur gemäß Bekanntmachung1 und enthält keine der nachstehend gelisteten Stoffe und Stoffgemische. Für diesen Fall teilt der Hersteller nur den Rahmenrezepturcode (Nummer und Bezeichnung) mit.

(B) Mitteilungsfall 2: Das Produkt entspricht einer Rahmenrezeptur gemäß Bekanntmachung1, weist jedoch ggf. pH-Werte < 3 bzw. > 10 auf und/oder beinhaltet gelistete Stoffe und Stoffgemische. In diesem Fall ist der Rahmenrezepturcode, ergänzt um mögliche Angaben zum pH-Wert bzw. zu den gelisteten Inhaltsstoffen, zu notifizieren.

(C) Mitteilungsfall 3: In allen anderen Fällen ist die qualitative und quantitative Zusammensetzung der Gesamtrezeptur mitzuteilen, wobei die Einzelkonzentrationen entweder unverschlüsselt oder codiert (> 75 bis 100% = A1; > 50 bis 75% = A2; > 25 bis 50% = B; ... usw. ... Spuren = H) angegeben werden können. Zu deklarieren ist ferner der pH-Wert (falls bestimmbar).

Folgende gelistete Stoffe und Stoffgemische erfordern qualitative und quantitative Angaben (INCI-Namen und Konzentrationen)²:

  • Ethanol
  • Isopropanol
  • Antischuppen-Wirkstoffe
  • Retinol und Retinolderivate über 7000 I. E./g
  • Vitamin A (S Retinol + Derivate) über 300 000 I. E./Fertigprodukt
  • Xanthinderivate über 0,5% Rezepturanteil
  • Kationische Tenside über 5% Rezepturanteil
  • Kampfer über 0,5% Rezepturanteil
  • ätherische Öle und deren Derivate über 0,5% Rezepturanteil (Parfüm-Rahmenrezeptur 5.1 ausgenommen)
  • Lösemittel in Nagellackprodukten der Rahmenrezeptur 11.3
  • Wasserstoffperoxid in Produkten der Rahmenrezeptur 2.17 (Teil 1), 219, 2.26 (Teil 2) bzw. 2.29 (Lösung A)
  • Fluoridverbindungen in Zahnpasten und Mundspülungen der Rahmenrezepturen 8.1/8.2
  • Natriumchlorid in Badesalzen und Badetabletten der Rahmenrezeptur 3.3
  • Lösemittel von Haarsprayprodukten der Rahmenrezepturen 2.12/2.13
  • Lösemittel von (semi-)permanenten Haarfärbemitteln der Rahmenrezepturen 2.25/2.26
  • Lösemittel von Haarbleichmitteln der Rahmenrezeptur 2.29
  • Persulfatverbindungen von Haarbleichmitteln der Rahmenrezeptur 2.29 Für jeden der drei Mitteilungsfälle steht ein spezielles Formblatt zur Verfügung. Ausdrücklich gewünscht ist eine Notifizierung auf elektronischem Weg. Ist kein geeignetes Datenverarbeitungsprogramm wie beispielsweise SYSDECOS der europäischen Kosmetikindustrie verfügbar, muss der Hersteller für jedes Fertigprodukt einen speziell formatierten Datensatz erzeugen. Detailinformationen hierzu sind bei den Autoren erhältlich.

    Produktangaben

    Für den Fall einer behördlichen Inspektion hat der Hersteller Produktangaben bereitzuhalten. Darunter werden folgende Unterlagen subsumiert:

    (A) Unterlagen über die Zusammensetzung des Fertigprodukts und seiner Ausgangsstoffe. Eine Ausnahmeregelung besteht für geruchsgebende Rohstoffe, da deren Zusammensetzung seitens des Rohstoffherstellers in der Regel geheim gehalten wird. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber insofern Rechnung getragen, als hierfür lediglich Angaben gefordert werden, aus denen Bezeichnung und Artikelnummer des Rohstoffs sowie die Lieferantenadresse hervorgeht.

    (B) Unterlagen über die physikalisch-chemischen und mikrobiologischen Eigenschaften bzw. Spezifikationen der Ausgangsstoffe und des Fertigprodukts;

    (C) Belege über die Kosmetik-GMP-gerechte Herstellung des Fertigproduktes;

    (D) Unterlagen zur Unbedenklichkeit des Fertigprodukts. Diese umfassen die eigentliche Sicherheitsbewertung, Angaben zur Person des Sicherheitsbewerters sowie ggf. Erkenntnismaterial über Nebenwirkungen des vermarkteten Fertigprodukts;

    (E) Unterlagen über den Nachweis ausgelobter oder besonders hervorgehobener Wirkungen des Fertigprodukts.

    Damit entsprechen die gesetzlichen Anforderungen an die Dokumentation kosmetischer Mittel in Grundzügen den für Arzneimittel obligatorischen Zulassungsunterlagen, wobei Letztere wesentlich umfangreichere Daten zur Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und (Pharmazeutischen) Qualität beinhalten müssen. Der Nachweis der Lager- und Anbruchstabilität ist bislang nur für Arzneimittel verpflichtend. Die KVO fordert lediglich die Angabe der Mindesthaltbarkeit bei kosmetischen Mitteln mit einer Lagerstabilität von maximal 30 Monaten.

    Allerdings erweitert die kürzlich veröffentlichte 7. Änderungsrichtlinie der EU-Kosmetik-Direktive die Deklarationspflicht, indem sie für lang haltbare Kosmetika (Lagerstabilität > 30 Monate) die Angabe der Aufbrauchfrist fordert. Somit könnten Stabilitätsprüfungen künftig auch für kosmetische Mittel erforderlich werden, insbesondere für solche, die oxidationsempfindliche Bestandteile enthalten.

    Der Apotheker als Hersteller kosmetischer Mittel

    Kosmetische Mittel, sofern sie unter dem in § 25 ApBetrO aufgeführten Begriff "Mittel und Gegenstände der Hygiene und Körperpflege" subsumiert werden können, zählen zu den apothekenüblichen Waren und dürfen innerhalb öffentlicher Apotheken in den Verkehr gebracht werden (§ 17 ApBetrO). Weder im Gesetz über das Apothekenwesen noch in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) finden sich jedoch Hinweise betreffend der Aufnahme einer Kosmetikherstellung innerhalb der Apothekenbetriebsräume.

    In Ermangelung dezidierter apothekenrechtlicher Bestimmungen könnte man zunächst folgern, dass eine fachgerechte Produktion von kosmetischen Mitteln damit ausschließlich den Bestimmungen der KVO und mitgeltender Leitlinien unterläge. Jedoch ist es dem Apotheker nicht ohne besondere Vorkehrungen erlaubt, in dem zu arzneilichen Rezeptur- und Defekturzwecken bestimmten Bereich seiner Betriebsräume – meist das Laboratorium oder, bei älteren Apotheken, ein ausschließlich Fachpersonal zugängliches "Rezeptureck" nahe dem Offizinbereich – kosmetische Ausgangsstoffe zu kosmetischen Mitteln zu verarbeiten.

    Auf die Besonderheiten bei der Herstellung kosmetischer Mittel in öffentlichen Apotheken wird in den nächsten Folgen näher eingegangen.

    Fußnoten: ¹ Referenz: Bekanntmachung von Rahmenrezepturen für Mitteilungen an die Giftinformationszentralen, Bundesanzeiger vom 22. 12. 2000 ² Referenz: Meldeverfahren kosmetischer Rahmenrezepturen, 3. vollständig überarbeitete Auflage Juli 2000, Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. (IKW), Frankfurt/Main, und Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO), Wien

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