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Der außerordentliche Apothekertag ist gut eine Woche vorbei. Immer stärker kristallisiert sich jetzt heraus, was ein Kernpunkt des Apothekertags war: das Schlachten einer Art heiligen Kuh für uns Apothekerinnen und Apotheker, nämlich die angedachte Änderung oder Neustrukturierung unserer Arzneimittelpreisverordnung. Viele Jahre lang war das ein Tabuthema. Bloß nicht an der AMpreisV rütteln, nur nicht hinterfragen, nach Möglichkeit einfach so lassen wie es ist. Sie wies zwar in den letzten Jahren einige Schwächen auf, trotz eines eingebauten degressiven Effekts waren hochpreisige Arzneimittel relativ teuer, was Begehrlichkeiten auf den Seiten der Kassen weckte; mit einer Kappung im hochpreisigen Bereich versuchte man, allzu hohe Aufschläge zu vermeiden. Da die Industrie ihre Arzneimittelpreise jedoch weiter und weiter erhöhte und innovative Arzneimittel aufgrund der hohen Forschungsaufwendungen per se sehr teuer sind, siedeln sich die Arzneimittelpreise trotz Kappung immer stärker in den höheren Regionen an.

Jetzt überrascht Gesundheitsministerin Schmidt im Zuge der großen Gesundheitsreform mit der Ankündigung, die Arzneimittelpreisverordnung ändern zu wollen. Der Apotheker soll nicht mehr (nur) am Preis des abgegebenen Arzneimittels verdienen. Vielmehr soll, unabhängig vom Preis des Arzneimittels, seine Beratungsleistung honoriert werden, also das, was ihn zum Experten, zum Fachmann ausmacht. Auf dem außerordentlichen Apothekertag ließ sie sogar durchblicken, dass dann endlich die leidigen Rabattdiskussionen vom Tisch sein sollten, d. h., auch die Rabatte, die die Apotheke heute den Krankenkassen einräumen muss, sollten der Vergangenheit angehören.

Die ABDA ihrerseits glänzte auf der Krisensitzung in Berlin mit der Vorstellung eines neuen Preisbildungssystems für Apotheken, auch als dynamisches Kombimodell bezeichnet, das die AMpreisV ablösen könnte. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln würde verstärkt die heilberufliche Komponente honoriert, d. h., die pharmazeutische Basisleistung des Apothekers überwiegen, zu der sich ein prozentualer Aufschlag gesellt und eine dynamische Öffnungsklausel für weitere pharmazeutische Leistungen. Im Gegensatz dazu sollte für im OTC-Bereich abgegebene Arzneimittel die AMpreisV in modernisierter überarbeiteter Form erhalten bleiben, um eine übermäßige Verteuerung von Arzneimitteln in der Selbstmedikation durch einen Basispreis zu vermeiden. Das Modell ist durchaus diskussionswürdig. Schade nur, dass es in Berlin so plötzlich aus dem Hut gezaubert wurde, die meisten es in dieser Form zum ersten Mal hörten und – da das Modell nicht allzu leicht zugänglich ist – nicht alle folgen konnten. Da das letzte Komma in einem zu verabschiedenden Resolutionstext auf dem Apothekertag wohl wichtiger war, kam die Diskussion und Willensbildung um ein neues Honorierungsmodell für Apotheker leider zu kurz.

Erste begeisterte Stimmen dazu: endlich, unser Einkommen ist nicht mehr so stark davon abhängig, ob wir ein teures oder ein preisgünstiges Arzneimittel abgeben, der Apotheker ist dadurch als Heilberuf glaubwürdiger, es wird mehr seine Beratungsleistung honoriert als sein kaufmännisches Verhalten. Und die Kritiker: bloß nichts ändern, mit der AMpreisV sind wir bisher gut gefahren, wir sind auch Kaufleute, die am Arzneimittel verdienen, und wie würde es überhaupt mit einer Anpassung eines Honorars aussehen? Müssten wir jährlich um eine Honoraranpassung betteln?

Mich würde brennend interessieren, welche Gedanken Sie dazu haben. Immerhin geht es um unsere Existenz, unser Einkommen. Ein Honorarsystem wäre für mich durchaus vorstellbar, unter der Voraussetzung, dass seine Dynamisierung klipp und klar geregelt wäre. Es würde uns in unserer Heilberufsfunktion stärken und darin unentbehrlicher machen, wozu wir angetreten sind: nämlich der Fachmann zu sein in Arzneimittelfragen. Die Logistik, die Distribution der Arzneimittel und das Arzneimittel-Handling sind zwar wichtige Faktoren, aber letztendlich könnten diese Aufgaben auch von Maschinen, Computern und Automaten übernommen werden. Die persönliche Beratung, das Abwägen bei Entscheidungen, die Betreuung, die Auswahl eines Arzneimittels anhand von bestimmten Kriterien usw. – das sind heilberufliche Aufgaben, bei denen wir unersetzbar sind.

Um für diese Aufgabe auch in Zukunft gerüstet zu sein, ist Fortbildung angesagt: Der Besuch des Interpharm-Kongresses hilft Ihnen, auf dem Laufenden zu bleiben. Trotz Krisenstimmung, trotz oder gerade wegen der Gesundheitsreform: Kommen Sie nach Hamburg und bilden Sie sich fort. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Peter Ditzel

Honorar statt Gewinn?

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