Feuilleton

Brauereimuseum Altenburg: Wissenswertes über das kühle Blonde

Die Geschichte der Braukunst und des Gerstensafts von der Antike bis zur Industrialisierung dokumentiert das Brauereimuseum Altenburg in Thüringen. Der Rundgang durch das Museum endet in einer kleinen Kneipe mit Originalinventar aus den Zwanzigerjahren, in der gelegentlich Spezialitäten aus der Altenburger Brauerei verkostet werden können.

Der Bierpreis – ein altes Politikum

Vor etwa 6000 Jahren – so eine Legende – soll in Mesopotamien eine nachlässige Hausfrau vergessen haben, den Brotteig rechtzeitig aus dem Wasser zu nehmen. Zwischen Euphrat und Tigris war es damals üblich, Brotteig einzuweichen, um Wunden zu heilen. Das Brot begann zu gären, und als dann der Ehemann das Wasser trank, "verdrehte es ihm den Kopf". Tatsächlich dürfte das Bier jedoch kulturhistorisch älter das Brot sein. Denn brauen ist einfacher als backen.

In Babylonien kannte man bereits 70 verschiedene Biersorten. Doch nicht nur die Qualität, auch der Preis musste stimmen. 1770 vor Christus verfügte König Hammurabi in seinem ersten Gesetzeswerk: "Wenn ein Bierweib (eine Wirtin) den Preis für das Bier nicht in Korn nimmt, sondern in Silber wegen des höheren Gewichts, oder wenn sie den Wert des Bieres zurücksetzt gegen den Wert des Korns, dann soll dieses Weib bestraft werden und man soll sie ertränken." Es braucht wohl nicht viel Phantasie, dass die Todesstrafe in Gerstensaft vollstreckt wurde.

Reinheitsgebot aus Thüringen

Die Nachbarn im Norden seien eher mit einer Lieferung Cerevisia als mit dem Schwert zu besiegen, lästerte der Römer Tacitus. Den Germanen wurde damals nachgesagt, dass sie zum Bierbrauen auch Eichenrinde, Eschenlaub oder Ochsengalle verwenden. Eine Panscherei? Zumindest in Bayern hat Herzog Wilhelm IV. diese Frage am 23. April 1516 ein für allemal geregelt:

Mit dem bayerischen, später deutschen Reinheitsgebot wurde das erste noch heute gültige Lebensmittelgesetz der Welt erlassen. Auf kommunaler Ebene hatte man allerdings schon früher Richtlinien für die Brauer geschaffen. So wurde in der thüringischen Stadt Weißensee bereits 1434 in den "Statuta thaberna" (Wirtshausgesetz) festgelegt, in welchem Verhältnis Hopfen, Malz und Wasser zu Bier gebraut werden sollen.

"Flüssiges Brot" als Fastenspeise

Jahrtausende lang war die Braukunst eine Domäne der Frauen. Ab dem 8. Jahrhundert wurde es in den Klöstern Brauch, dass Mönche regelmäßig "flüssiges Brot" in der Fastenzeit herstellten. Sie kannten den Nährwert des Getränks und durften es auch in der Fastenzeit mit reinem Gewissen genießen, denn getrunken war ja nicht gegessen.

Vom Privileg zur Gewerbefreiheit

Außerhalb der Klostermauern vergaben die Landesherren die Rechte zum Bierbrauen. Für die Stadt Altenburg verlieh Heinrich der Erlauchte, Markgraf zu Meißen und im Osterlande, 1256 in einem Gnadenbrief 32 Privilegien, unter anderem an Gilden und Zünfte. Darin wurde auch festgelegt, dass außerhalb der Stadtmauern im Umkreis von einer Meile nur Altenburger Bier "verschenkt" werden solle. Später gab es in Altenburg 298 1/2 Braurechte, die von Generation zu Generation weitervererbt wurden.

Bis zum 18. Jahrhundert hatte sich aus der "Hausfrauenarbeit" ein Berufsbild entwickelt. Sogar Friedrich der Große hat den Beruf des Bierbrauers erlernt. Doch erforderte das umfassende Know-how viel Erfahrung: Wer die Braukunst meisterhaft beherrschte, hatte meistens schon den Zenit des Lebens überschritten.

Mit dem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt im 19. Jahrhundert begann man die Bierherstellung zu rationalisieren. 1836 gründeten in Altenburg die Inhaber der Braurechte die "Commun Brauerei", in der Angestellte den Gerstensaft brauten, den die Privilegierten weiterhin an den Verbraucher brachten: Nach einer genau festgelegten Reihenfolge durften sie das jeweils genehmigte Kontingent ausschenken.

Industrialisierung der Braukunst

1868 gab die Aufhebung der Bannmeilenregelung grünes Licht für die freie Marktwirtschaft – zumindest in puncto Biervertrieb und -ausschank. Drei Jahre später gründeten Honoratioren der Stadt die Altenburger Actienbrauerei, und am 1. Juli 1873 wurde in der neuen Produktionsstätte das erste Braunbier eingebraut. Von Anfang an hatten die Aktionäre auf Expansion gesetzt. Das "kühle Blonde" aus der Skatstadt wurde ein Begriff.

Die Altenburger Brauerei florierte. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurde ein neues Sudhaus errichtet. Ein Narr jedoch, wer aus dem hohen Bierausstoß schließt, die Altenburger hätten gern über den Durst getrunken. Die Brauer in der Skatstadt verstanden es vielmehr, ihre Produkte geschickt zu vermarkten und neue Zielgruppen anzusprechen. In den Zwanzigerjahren wurde mit dem Slogan "Bier macht gesund und schön" das alkoholarme "Sanitätsbier" Sportlern, Wandervögeln, aber auch Rekonvaleszenten und stillenden Müttern empfohlen.

Alle Krisen überstanden

1921 fusionierte die Altenburger Actienbrauerei mit der Leipziger Bierbrauerei zu Reudnitz Riebeck & Co. AG. Es wurde ein neues, für alle Abteilungen der Riebeck-Brauerei gleiches Firmenlogo entwickelt: eine Bombe, die wohl eine "zündende Idee" – heute würde man innovatives Marketing sagen – symbolisieren sollte. Sie löste in Altenburg die "Riebeck-Frau" mit der Altenburger Bauerntracht ab.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann in der Brauerei mangels Gerste, Hopfen und Hefe Marmelade produziert. 1949 konnte im VEB Altenburger Brauerei endlich wieder Bier eingebraut werden. Vier Jahrzehnte später bangten die Altenburger abermals um den Fortbestand des traditionsreichen Unternehmens. 1991 atmeten nicht nur die Freunde eines kühlen Blonden auf: Seither firmiert die Altenburger Brauerei GmbH unter Familie Leikeim.

Zu dem Bier brauen soll man nicht mehr nehmen als so viel Malz, als man zu den drei Gebräuen von dreizehn Maltern an ein Viertel Gerstenmalz braucht ... Es sollen auch nicht in das Bier weder Harz noch keinerlei andere Ungeferck. Dazu soll man nichts anderes geben als Hopfen, Malz und Wasser ("hophin malcz und wasser"). Das verbietet man bei zwei Mark, und derjenige (Straffällige) muss die Stadt für vier Wochen räumen. Statuta thaberna (Wirtshausgesetz), Weißensee 1434

Weitere Informationen

Brauereimuseum Altenburg in der Altenburger Brauerei GmbH, Brauereistr. 20, 04600 Altenburg Tel. (0 34 47) 89 09 30, Fax 89 20 77 www.brauerei-altenburg.de/brauerei/museum Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.