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Regierungserklärung: Kanzler für mehr Eigenverantwortung und Selbstbeteiligung

BERLIN (ks). Am 14. März gab Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seine mit Spannung erwartete Regierungserklärung mit dem Titel "Mut zum Frieden und Mut zur Veränderung" ab. Wesentlicher Bestandteil der Rede: Die anstehenden Reformen der sozialen Sicherungssysteme. Was die Gesundheitspolitik betrifft, äußerte Schröder auch Vorstellungen, die man von Ministerin Ulla Schmidt noch nicht in dieser Klarheit gehört hatte Ų dabei sparte er allerdings Fragen der Arzneimittelpolitik oder des Apothekenwesens aus.

"Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen", erklärte der Kanzler gleich zu Beginn seiner Rede. Dabei würden alle Kräfte der Gesellschaft ihren Beitrag leisten müssen: Unternehmer und Arbeitnehmer, freiberuflich Tätige und auch Rentner, fuhr er fort.

Ziel: Lohnnebenkosten senken

Durchgreifende Veränderungen im Sozialsystem erfordern Schröder zufolge vor allem die steigenden Lohnnebenkosten: sie verhindern die Schaffung neuer Arbeitsplätze und damit Wachstum. Dabei sei die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) der wichtigste und notwendigste Teil der innenpolitischen Erneuerung. Auch wenn Qualität und Standards im deutschen Gesundheitswesen im internationalen Vergleich immer noch vorbildlich seien, müsse man auch sehen, dass sich Einnahmen und Ausgaben auseinander entwickelten, erklärte Schröder.

"Die Strategie der Kostendämpfung ist eindeutig an ihre Grenzen gestoßen", so der Kanzler. Änderungen im Interesse der Patienten müssten jetzt durchgesetzt werden, "auch und gerade weil das deutsche Gesundheitssystem verkrustet und in einer Weise vermachtet ist wie kaum ein anderes gesellschaftliches System". Dabei zählt Schröder auf die Zusammenarbeit mit der Opposition: Das Gefühl einer gemeinsamen Verantwortung müsse wieder hergestellt werden, erklärte er.

Kostentreibende Monopole beseitigen

Dann wurde Schröder konkreter: Der Staat müsse helfen, den "Abbau von Verkrustungen" zu ermöglichen. "Er muss mehr Wettbewerb im System zulassen und fördern und kostentreibende Monopolstrukturen beseitigen", so der Kanzler. Dazu zähle etwa die Aufweichung des Vertragsmonopols der Kassenärztlichen Vereinigungen. Den Krankenkassen müsse der Abschluss von Einzelverträgen mit Ärzten ermöglicht werden. Aber auch die Krankenkassen sollen moderner werden: 350 Kassen sind zu viel, will man überschaubare und leistungsfähige Strukturen schaffen, meint Schröder.

Für Krankengeld privat vorsorgen

Darüber hinaus soll der Leistungskatalog überarbeitet werden. Es bedürfe einer neuen Bestimmung, was künftig zum Kernbereich der GKV gehöre und was nicht, erklärte der Kanzler. Den Ausschluss von Kosten für Zahnersatz oder Zahnbehandlung hält er allerdings nicht für richtig. "Ich möchte nicht, dass man den sozialen Status der Menschen wieder an ihren Zähnen ablesen kann." Ebenso wenig ist er überzeugt von der Forderung, private Unfälle aus dem Leistungskatalog herauszunehmen. Zu schwer sei eine trennscharfe Abgrenzung zwischen krankheits- und unfallbedingten Leiden. Auch die Herausnahme von Extremsportarten aus dem Leistungskatalog bringt nach Auffassung Schröders nicht viel.

Anders beurteilt er die Frage der privaten Vorsorge im Hinblick auf das Krankengeld. Hier handle es sich um einen klar abgrenzbaren Kostenblock, der auch für die Zukunft überschaubar bleibe: "Die Kostenbelastung für den Einzelnen durch eine private Versicherung bliebe beherrschbar. Medizinisch notwendige Leistungen würden nicht berührt." Der Kanzler sprach sich auch dafür aus, die GKV von einer Reihe so genannter versicherungsfremder Leistungen, etwa dem Mutterschaftsgeld, zu befreien. Hier sei eine Steuerfinanzierung angebracht.

Kanzler für Praxisgebühr

Nicht zuletzt müsse über Zuzahlungen und Selbstbehalte nachgedacht werden, sagte Schröder. Formen von Eigenbeteiligungen hätten Steuerungswirkung und hielten Versicherte zu kostenbewusstem Verhalten an. Dabei schweben dem Kanzler etwa differenzierte Praxisgebühren vor. Menschen mit geringem Einkommen, Kinder und chronisch Kranke müssten davon jedoch ausgenommen werden. Mehr Prävention, mehr Modernisierung und Transparenz waren die letzten Schlagworte: Wie von Ulla Schmidt schon lange angekündigt, sollen der elektronische Patientenausweis und die elektronische Krankenakte bis spätestens 2006 voll einsatzbereit sein.

Union sieht Berührungspunkte

Die Annäherung des Kanzlers an die Idee des Selbstbehalts begrüßte CDU-Parteichefin Angela Merkel in ihrer anschließenden Rede ausdrücklich. Ebenso das Ziel, die Krankenkassenbeiträge deutlich zu senken. Merkel zweifelte allerdings, dass der Bundeshaushalt die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen zulassen wird – obgleich die Union eine solche Finanzierung grundsätzlich unterstütze. Auch das Vorhaben, Krankengeldzahlungen künftig privat versichern zu lassen, verurteile die Union nicht – allerdings müsse die Regierung im Gegenzug prüfen, ob eine solche Lösung nicht auch im Bereich der Zahnbehandlung möglich sei.

Müntefering: "Wir brauchen das Miteinander"

Der Fraktionschef der SPD-Bundestagsfraktion betonte im Anschluss erneut die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit von Regierung und Opposition: "Wenn wir in Deutschland die Dinge in den Griff bekommen wollen, brauchen wir das Miteinander." Bei allem Streit müsse es im Interesse des Landes möglich sein, dass das gelinge, so Müntefering. So sollte etwa die für den Sommer geplante Reform des Gesundheitswesens nicht erst im Vermittlungsausschuss des Bundesrats, sondern bereits in den Sitzungen der Ausschüsse und im Bundestag verhandelt werden.

Am 14. März gab Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seine mit Spannung erwartete Regierungserklärung mit dem Titel "Mut zum Frieden und Mut zur Veränderung" ab. Wesentlicher Bestandteil der Rede: Die anstehenden Reformen der sozialen Sicherungssysteme. Was die Gesundheitspolitik betrifft, äußerte Schröder auch Vorstellungen, die man von Ministerin Ulla Schmidt noch nicht in dieser Klarheit gehört hatte – dabei sparte er allerdings Fragen der Arzneimittelpolitik oder des Apothekenwesens aus.

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