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"Jetzt erst recht!" – diese Überschrift, die über dem von der Pharmagroßhandlung Anzag am 8. März in der Alten Oper in Frankfurt veranstalteten Deutschen Apothekerball stand, gefiel auch ABDA-Präsident Hans-Günter Friese gut ("sie könnte auch von mir stammen"), sodass er sie am Ballabend spontan aufgriff und sie allen Apothekerinnen und Apothekern zurief.

In der Tat: Es nützt nichts, jetzt zu jammern oder gar zu resignieren. Das einzige, was wirklich hilft, heißt kämpfen. Das schreibt sich leicht, wird der eine oder andere Apothekenleiter jetzt sagen, dem das Wasser wirklich bis zum Hals steht, der fällige Rechnungen oder Gehälter kaum noch zahlen kann, dem nahezu die Hälfte seines verfügbaren Einkommens im Vergleich zum letzten Jahr fehlt, der über Kündigungen seiner Mitarbeiter nachdenken muss oder schon Kündigungen aussprechen musste.

Seit kurzem liegen die Abrechnungen der Apothekenrechenzentren vor und weisen schwarz auf weiß aus, dass die Rabatte, die die Apotheken den Kassen gewähren müssen, um über 100 Prozent gestiegen sind. Den Abgeordneten lässt sich jetzt dokumentieren, dass die Apotheker sich nicht arm rechnen, wie noch im vergangenen Herbst den Apothekern vorgeworfen wurde:

Die Apotheker sind tatsächlich "ärmer" geworden. Bei einigen schlägt das Gesetz, wie Meldungen von Apothekerverbänden zeigen, auf die Existenz durch – Erträge sind bis zu 60 Prozent gesunken. Ich möchte den Politiker sehen, der da ruhig bleiben kann, wenn er im nächsten Monat 60 Prozent weniger an Diäten auf seinem Bankkonto vorfindet.

Dramatisch auch die Situation von Apothekenmitarbeitern, denen gekündigt wird bzw. wurde. Während ein Apothekenleiter durch verschiedene Rationalisierungsmaßnahmen und Kündigungen versuchen kann, die erhöhten Rabatte aufzufangen, stehen einem gekündigten Apothekenmitarbeiter keine Ausweichstrategien offen. Er ist erst einmal arbeitslos, wenn er nicht sofort wieder eine neue Stelle findet.

Fakt ist – und das sollte die Politik endlich einmal zur Kenntnis nehmen und nicht wie Frau Caspers-Merk so tun, als könnten sich die Apotheker hier wehren –, dass die Apotheke auch den eigentlich vom Großhandel an die Kassen zu leistenden Rabatt von drei Prozent trägt. Man kann sich natürlich fragen, ob es richtig war, dass Großhandlungen den Apotheken Rabatte von acht Prozent und mehr eingeräumt haben, und Apotheken auf diese Rabatte gebaut und mit ihnen gerechnet haben. Die Arzneimittelpreisverordnung weist dem Großhandel seine eigene Spanne zu. Jetzt zeigt es sich, dass einige Apotheken am Tropf des Großhandels hängen und spüren, wie ungesund dies ist, wenn dieser Tropf versiegt oder drastisch reduziert wird.

Dennoch, zum Aufgeben ist es noch zu früh. "Jetzt erst recht" – schreiben Sie diese drei Worte auf ein großes Stück Papier und hängen Sie es sich in Ihr Büro oder in den Arbeitsraum. Reden Sie mit Ihrem Großhändler, wie man gemeinsam rationalisierend gegensteuern kann, z. B. durch eine Reduzierung der täglichen Großhandelssendungen, durch eine effektivere Bestellweise, durch weniger Retouren.

Überlegen Sie auch, wie Sie Umsatz und Gewinn in Ihrem Betrieb steigern können. Zum Beispiel dadurch, dass Sie sich als kompetente Apotheke für besondere Dienstleistungen bei Ihren Kunden einen Namen machen. Oder dass Sie Ihre Mitarbeiter in Sachen Zusatzverkäufe schulen. Oder dass Sie sich endlich einmal vornehmen, jeden Kunden, jeden Patienten anzusprechen und eine Zusatzfrage zum gekauften Produkt oder zum verordneten Arzneimittel stellen. Es soll noch immer Apotheken geben, in denen der einzige Satz, den der Kunde hört, der zu zahlende Preis ist ... Eine nahezu wortlose Arzneimittelaushändigung darf es nicht mehr geben, wenn wir als unersetzbar angesehen werden wollen.

Mir ist klar, dass Sie mit ein paar Dienstleistungen und Zusatzverkäufen nicht die erhöhten Rabattzahlungen an die Krankenkassen ausgleichen. Aber vielleicht gelingt es doch stärker als bisher, die Apotheke als unverzichtbar und als wichtige Einrichtung im Gesundheitswesen in den Köpfen der Politiker und ihrer Helfer zu verfestigen. Wenn diesen Leuten klar ist, dass die einzelne Apotheke vor Ort mehr tut als eine Versandapotheke oder eine Arzneimittelausgabestelle, dann wird es nicht so leicht sein, diese Institution durch pseudomoderne Strukturen wie Versand- oder Kettenapotheken zu ersetzen.

Also: Jetzt erst recht! Es gibt Chancen – und ein Reformgesetz muss erst einmal den Bundesrat passieren, in dem es apothekenfreundlichere Mehrheiten gibt.

Peter Ditzel

Jetzt erst recht!

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