Arzneimittel und Therapie

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung: Individuelle Hilfe für den Zap

Methylphenidat (Concerta®) Ų in Kombination mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen Ų gilt heute als Standard bei der Behandlung von Kindern mit ADHS. Der Wirkstoff, der dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt, steht nun in einer galenischen Form zur Verfügung, die eine Wirkung der Substanz über den ganzen aktiven Tag bei nur einmal täglicher Medikamentengabe ermöglicht. Die medikamentöse Behandlung sollte jedoch nur bei Kindern mit gesicherter Diagnose einer ADHS durchgeführt werden.

Aus der Oros®-Tablette wird Methylphenidat in einem zweistufigen Prozess freigesetzt, so dass bereits kurz nach der Einnahme ein wirksamer Plasmaspiegel erreicht wird. Nach oraler Einnahme am Morgen wird ein Mantel aus Methylphenidat sofort abgebaut, und rund 22 Prozent der Gesamtdosis bereits nach der ersten Stunde abgegeben.

Sobald sich die Methylphenidat-Ummantelung aufgelöst hat, dringt Wasser durch die freiliegende, semipermeable Tablettenhülle ein. Im Inneren der Tablette baut sich ein osmotischer Druck auf und das Quellkompartiment beginnt sich auszudehnen, so dass während des weiteren Tages der verbleibende Wirkstoff kontinuierlich aus der Tablette freigesetzt wird. Ein maximaler Plasmaspiegel wird nach sechs bis acht Stunden erreicht und eine stabile Wirkung über den gesamten aktiven Tag erzielt.

Verhaltenstherapie und Medikation nur gemeinsam

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie empfiehlt in ihren Leitlinien zur Behandlung der ADHS eine multimodale Therapie mit einer Kombination aus verhaltenstherapeutischen und medikamentösen Interventionen. Vor jeder Therapieentscheidung muss jedoch eine ausführliche Beratung und Aufklärung der Eltern über die Erkrankung, deren Symptomatik sowie die zur Verfügung stehenden Therapieoptionen erfolgen. Denn eine Behandlungsstrategie kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie das gesamte familiäre und gegebenenfalls auch das schulische Umfeld mit einbezieht.

Die Therapie der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung beruht auf mehreren Säulen, wobei Verhaltenstherapie und Medikation die Eckpfeiler bilden. Die Wahl der geeigneten Therapiemethode richtet sich vor allem nach der individuellen Symptomausprägung. Bei einer leichten Symptomatik kann bereits der alleinige Einsatz von verhaltenstherapeutischen Maßnahmen ausreichen. Sprechen die Kinder jedoch auf eine Verhaltenstherapie nicht an oder sind die Symptome entsprechend stark ausgeprägt, muss gegebenenfalls bereits zu Beginn der Therapie medikamentös behandelt werden.

Ursache der Störung noch ungeklärt

Als Ursache für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung gilt ein Ungleichgewicht im Neurotransmitterhaushalt, insbesondere im dopaminergen System. Die Verfügbarkeit von Dopamin im synaptischen Spalt scheint eingeschränkt zu sein. Verantwortlich dafür ist offenbar eine erhöhte Dichte an Transporterproteinen, die eine zu schnelle Wiederaufnahme des Dopamins und damit eine Unterversorgung verursacht. Infolge dessen können Reize und Impulse nur unzureichend gefiltert werden, so dass die Betroffenen einer permanenten Reizüberflutung ausgesetzt sind. Obwohl die pathophysiologischen Hintergründe der ADHS noch immer nicht vollständig geklärt werden konnten, geht man heute von einer vornehmlich genetisch bedingten neurobiologischen Funktionsstörung aus. ck

Methylphenidat (Concerta) – in Kombination mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen – gilt heute als Standard bei der Behandlung von Kindern mit ADHS. Der Wirkstoff, der dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt, steht nun in einer galenischen Form zur Verfügung, die eine Wirkung der Substanz über den ganzen Tag bei nur einmal täglicher Medikamentengabe ermöglicht. Die medikamentöse Behandlung sollte jedoch nur bei Kindern mit gesicherter Diagnose einer ADHS durchgeführt werden.

Häufigkeit der ADHS

Epidemiologische Daten gehen von Prävalenzraten von etwa zwei bis sechs Prozent aus. Demnach leben in Deutschland 500 000 bis 600 000 Kinder zwischen sechs und 18 Jahren mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Damit zählt ADHS zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung tritt bei Jungen drei- bis viermal häufiger auf als bei Mädchen.

Auch die Symptomatik ist geschlechtsspezifisch unterschiedlich ausgeprägt. Während bei Jungen der hyperaktive Subtyp vorherrscht, dominiert bei Mädchen die eher unaufmerksame und verträumte Variante. Viele Kinder mit ADHS leiden gleichzeitig an weiteren psychischen Erkrankungen, die durch eine exakte Differenzialdiagnostik abgegrenzt und gegebenenfalls gesondert therapeutisch behandelt werden müssen. Oft sind ein aggressives Verhalten, Störungen des Sozialverhaltens und Teilleistungsstörungen wie Lese-Rechtschreibschwächen oder Rechenschwächen, Depressionen und Angststörungen zu beobachten.

Orales osmotischen System Oros®

Bei Oros®-Systemen wird der Arzneistoff mit einem semipermeablen und wasserunlöslichen Lack umhüllt, in den mittels Lasertechnik eine kleine, genau definierte Öffnung (ø 0,3 mm) gebrannt wird. Durch Osmose dringt Flüssigkeit aus dem Magen- bzw. Darmsaft ein und löst den Wirkstoff bis zum Erreichen einer gesättigten Lösung auf. Die gesättigte Arzneimittellösung kann den Lack nicht passieren, es baut sich eine osmotische Druckdifferenz auf beiden Seiten der Membran auf.

Der Wirkstoff wird durch den erhöhten osmotischen Druck aus dem Innern des Systems mit konstanter Geschwindigkeit durch die Öffnung hinausgedrückt (Einkammersystem). Zusätzlich kann sich in dem System ein osmotisch aktiver Hilfsstoff und ein Quellmittel befinden, das sich durch Quellung ausdehnt und so den Wirkstoff herausdrückt (Zweischichtensystem).

Die unverdauliche Lackhülle passiert den gesamten Magen-Darm-Trakt und wird als weitgehend intakte Hülle mit dem Stuhl wieder ausgeschieden. Da dieses Ausscheiden einer scheinbar ganzen Tablette bei den Patienten zu Verunsicherungen führen kann, sollten sie darüber informiert werden, dass der Wirkstoff zuvor aus der Arzneiform freigesetzt wurde.

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