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Folgen des Beitragssatzsicherungsgesetzes: Apotheken planen massiven Personalabb

BERLIN (ks). Der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zufolge sind bis zu 12 000 der insgesamt 140 000 Arbeitsplätze in Apotheken akut bedroht. Grund: Die Auswirkungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes (BSSichG). Es belaste die Apotheken nicht mit 350 Mio. Euro (so die Rechnung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung), sondern mit etwa 900 Mio. Euro, erklärte ABDA-Präsident Hans-Günter Friese am 26. Februar vor Vertretern der Fach- und Publikumspresse in Berlin. Auch die weiteren Vorhaben der Regierung, die deutsche Apothekenlandschaft zu reformieren, stoßen bei der ABDA auf Widerstand.

Um herauszufinden, wie es nach dem letzten Spargesetz der Bundesregierung tatsächlich um die Situation der Apotheken bestellt ist, verschickte der Deutsche Apothekerverband zu Beginn dieses Jahres Fragebögen.

Die Auswertung von 6700 Fragebögen ergab folgendes Bild:

  • 55,3 Prozent der Apothekenleiter planen eine Verkleinerung des Warenlagers, um die Lagerkosten zu senken.
  • 5,7 Prozent geben an, dass der Großhandel die Einkaufsrabatte bereits gekürzt hat, 64,5 Prozent haben eine entsprechende Ankündigung des Großhandels erhalten.
  • 68,6 Prozent der Apothekenleiter werden wegen des BSSichG eine geplante Investition zunächst zurückstellen.
  • 75,1 Prozent planen bis Ende des ersten Quartals 2003 eine Reduktion des vorhandenen Personalbestands – angedacht sind sowohl Entlassungen, Verringerungen des Arbeitsumfangs und das Nicht-Wiederbesetzen freiwerdender Stellen.

Das Apothekereinkommen vor Steuern werde sich um ca. 35 bis 40 Prozent reduzieren, sagte Friese – mit deutlichen Konsequenzen. So seien in Hessen seit Beginn des neuen Jahres bereits 800 Kündigungen in Apotheken ausgesprochen worden. Der ABDA-Chef weiter: "Wir befürchten bundesweit einen Personalabbau von 10 bis 15 Prozent, wenn die Maßnahmen des BSSichG nicht umgehend revidiert oder zumindest reduziert werden".

Hausapotheke statt Versand – Freier Heilberuf statt Apothekenketten

Auch die neuen Reformpläne von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt setzen die ABDA in Alarmbereitschaft: Der Versandhandel und der Mehrbesitz sollen erlaubt und die Arzneimittelpreisverordnung novelliert werden. Statt den Versandhandel einzuführen, der ohnehin keine Einsparungen erwarten lasse, sollte sich die Ministerin lieber von den Konzepten der Apothekerschaft überzeugen lassen, meint Friese.

Home-Service-System und Hausapothekermodell sind die Schlagworte der ABDA. Zudem, so der ABDA-Hauptgeschäftsführer Rainer Braun, ziehe die Zulassung des Versandhandels auch zwangsweise das Ende des deutschen Fremd- und Mehrbesitzverbots mit sich. Den Mehrbesitz will die Regierung tatsächlich zulassen – allerdings in eingeschränkter Form (vgl. DAZ 2003, Nr. 7, S. 23ff. und DAZ 2003, Nr. 9, S. 16 ff.). Ein Kompromiss, mit dem der ABDA-Vorstand auch nicht leben kann.

Selbst ein Apotheker der nur maximal fünf Apotheken besitze, komme in die Funktion eines Kapitaleigners, so Braun. In der Folge sei auch der Fremdbesitz unausweichlich – bereits aus europarechtlichen Gründen. Denn es könne nicht sein, dass sich Kapitalgesellschaften aus dem Ausland in Deutschland niederlassen dürfen, Inländern dies jedoch verwehrt bliebe. Friese wies zudem darauf hin, dass in Ländern, die einen Mehrbesitz von Apotheken erlaubten, die Vertriebskosten für Arzneimittel durchweg höher seien als in Deutschland.

Arzneimittelpreisverordnung ändern

Was die Novellierung der Arzneimittelpreisverordnung angeht, so schlägt die ABDA ein dynamisches Kombimodell vor: Hiernach sollen eine vom Arzneimittelpreis unabhängige und eine preisabhängige Komponente sinnvoll miteinander kombiniert werden. Damit, so Friese, soll einerseits eine stärkere heilberufliche Orientierung ermöglicht, andererseits die kaufmännischen Erfordernisse gewährleistet werden.

Den Vorstoß der Ministerin, die Preise für nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden, freizugeben, lehnt die ABDA ab. Dies würde lediglich zu Hard-Selling-Methoden führen, so Friese: geht der Preis runter, geht die Menge rauf.

Hoffnung auf die Opposition

Wenn das Reformgesetzeswerk, so wie es jetzt vorliegt, verabschiedet werden sollte, so wird es viele Klagen geben, prognostizierten Friese und Braun. Allerdings setzt die ABDA noch auf die Wahlversprechen der Opposition. Sowohl Union als auch FDP haben sich im vergangenen Jahr wiederholt gegen einen Internethandel mit Arzneimitteln und für den Erhalt des freien Heilberufs Apotheker ausgesprochen, erläuterte der Präsident der Bundesapothekerkammer Johannes Metzger.

Wie weit die Opposition auf die Regierung zuzugehen bereit ist, wird sich in den kommenden Wochen zeigen – einen Vorgeschmack erhofft man sich vom Außerordentlichen Apothekertag am 19. März in Berlin. Dort werden die Fraktionsvorsitzenden aller im Bundestag vertretenen Parteien Gelegenheit erhalten, ihre Position darzulegen. Sie und auch Ulla Schmidt sind bereits eingeladen.

Der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zufolge sind bis zu 12 000 der insgesamt 140 000 Arbeitsplätze in Apotheken akut bedroht. Grund: Die Auswirkungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes (BSSichG). Es belaste die Apotheken nicht mit 350 Mio. Euro (so die Rechnung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung), sondern mit etwa 900 Mio. Euro, erklärte ABDA-Präsident Hans-Günter Friese am 26. Februar vor Vertretern der Fach- und Publikumspresse in Berlin. Auch die weiteren Vorhaben der Regierung, die deutsche Apothekenlandschaft zu reformieren, stoßen bei der ABDA auf Widerstand.

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