Arzneimittelverordnung in der GKV: Steht die Positivliste vor dem Aus?

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt musste vergangene Woche eine Schlappe in Sachen Positivliste hinnehmen: Nicht nur die beiden Rechtsgutachten, die der Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) und der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in Auftrag gegeben hatten, kamen zu dem Schluss, dass ihr Vorhaben, die Liste zustimmungsfrei über ein neues Gesetz einzubringen, mit dem Grundgesetz nicht zu vereinen ist. Auch ein Gutachten aus dem Bundesministerium für Justiz (BMJ) musste feststellen: so, wie der Referentenentwurf derzeit ausgestaltet ist, kann Schmidt die Länderkammer nicht gänzlich ausschalten.

In einer Fragestunde im Deutschen Bundestag räumte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung, Marion Caspers-Merk (SPD), ein, dass das BMJ für den vorliegenden Gesetzentwurf eine Zustimmungsbedürftigkeit bejaht. Doch das verunsichert das Ministerium offenbar noch nicht: "Der Gesetzentwurf wird unter Berücksichtigung der Stellungnahme des BMJ so ausgestaltet werden, dass er nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf" antwortete Caspers-Merk der fragenden Annette Widmann-Mauz (CDU).

BMJ: Fortschreibung der Liste bedarf der Zustimmung

Wenngleich die Gutachten der Pharma-Verbände und des BMJ, die der AZ sämtlich vorliegen, zum gleichen Ergebnis kommen: Die Begründungen sind jeweils unterschiedlich. Anders als im VFA- und das BPI-Gutachten ist man beim BMJ der Ansicht, die Einführung des Gesetzes selbst bedürfe der Zustimmung der Bundesrats nicht. Da schon die Vorgängerregelung, § 33a Sozialgesetzbuch, 5. Buch, die mit dem neuen Gesetz wegfallen soll, im Rahmen des Gesundheitsreformgesetzes 2000 zustimmungsfrei ergangen sei, bedürfe auch deren Änderung keiner Zustimmung. Allerdings, so das BMJ-Gutachten weiter, könne die vorgesehene Fortschreibung und Änderung der Positivliste per Rechtsverordnung nicht – wie im Entwurf vorgesehen – ohne Zustimmung des Bundesrats ergehen.

Nach Art. 80 Abs. 2 Grundgesetz ist eine Rechtsverordnung dann zustimmungsbedürftig, wenn die ihr zugrunde liegende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage selbst zustimmungsbedürftig ist (was nach Auffassung des BMJ gerade nicht der Fall ist) oder aber ihre Ausführung den Ländern obliegt – sei es im Auftrag des Bundes oder als eigene Angelegenheit. Und hier liegt dem BMJ zufolge der Knackpunkt: Die Krankenkassen müssen die Positivliste vollziehen – und diese sind Gliederungen der Landesverwaltung. Nun soll geprüft werden, ob eine andere Gesetzeskonstruktion weiterhelfen kann, um die Ablehnung der Liste im Bundesrat zu vermeiden. Gedacht wird etwa an eine Fortschreibung im Rahmen des Verwaltungsvollzuges durch den Bund, ähnlich wie bei den Festbeträgen.

Union will Zustimmung verweigern

Es bleibt abzuwarten, ob die Juristen der Ministerien rasch eine wasserdichte Lösung finden können. Denn die Union will auf keinen Fall mitspielen. Die beiden Gesundheitsexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Horst Seehofer und Andreas Storm erklärten, die Union werde "der ökonomisch unsinnigen und medizinisch unverantwortlichen Positivliste in jedem Falle die Zustimmung verweigern".

Im Übrigen enthält das BMJ-Gutachten eine Reihe weiterer Nachbesserungsvorschläge. So müssten etwa europarechtliche Vorgaben besser eingearbeitet werden (Transparenzrichtlinie). Diese und weitere Änderungsvorschläge dürften allerdings problemlos in einen neuen Gesetzentwurf eingearbeitet werden können.

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