Patientenquittung: Transparenz contra Bürokratie

Berlin (ks.) Das Gesundheitswesen muss transparenter werden - da sind sich Regierungskoalition, Opposition und Leistungserbringer einig. Eines der favorisierten Instrumente ist die Patientenquittung. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat sie genauso in ihrem Reformfahrplan wie die Union. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist dafür - allerdings nur auf freiwilliger Basis. Nicht zuletzt ein Modellprojekt zur Patientenquittung im Rheinhessen habe gezeigt, dass dem Verlangen nach mehr Transparenz ein großer bürokratischer Aufwand gegenüber stehe.

Manfred Richter-Reichhelm, Erster Vorsitzender der KBV, stellte am 12. Februar in Berlin erste Ergebnisse des Modellvorhabens vor. Seit dem 1. April 2002 läuft das auf ein Jahr angelegte gemeinsame Projekt der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinhessen, den Krankenkassen in Rheinland-Pfalz, dem Landessozialministerium und der KBV. Es soll Aufschluss über die Durchführbarkeit und Akzeptanz von Kosten- und Leistungsnachweisen geben. 93 Ärzte in 67 Praxen nehmen daran teil. In 21 Praxen wird die Tagesquittung getestet, die dem Patienten direkt nach der Behandlung ausgestellt wird. 46 Praxen erproben die Quartalsquittung, die nach Ablauf eines Quartals erstellt und dem Patienten per Post zugeschickt wird. Die Patienten können sich freiwillig an dem Projekt beteiligen. Auf der Quittung werden die erbrachten Leistungen aufgelistet, mit den jeweiligen Punkten versehen und diese mit dem durchschnittlichen Punktwert der KV des vergangenen Jahres multipliziert. Die so errechnete Summe in Euro ergibt daher lediglich eine Orientierung für die tatsächlichen Kosten der Behandlung.

Tagesquittung bevorzugt

Während im ersten Quartal des Modellvorhabens noch 22% der Patienten Interesse an der Quittung hatten, lag die Beteiligungsquote im dritten Quartal nur noch bei 14%. Dabei ließ das Interesse an der Tagesquittung kaum nach und blieb durchgehend doppelt so hoch wie an der Quartalsquittung. Zeitnähe zur Behandlung ist somit offenbar ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz. Richter-Reichhelm wies auch darauf hin, dass Versicherte bei Ersatzkassen (15,7%) und Betriebskrankenkassen (15,4%) ein höheres Interesse an der Quittung haben als AOK-Versicherte (10,6%). Auch sei die Inanspruchnahme in Facharztpraxen häufiger als in Hausarztpraxen. Dies, so der KBV-Chef, lasse den Schluss zu, dass Alter und Bildungsstand wichtige Faktoren für das Interesse der jeweiligen Patienten darstellten.

Auch die Einschätzung der Patienten wird abgefragt: Die meisten geben an, am Modellversuch teilzunehmen, um die Leistung ihres Arztes besser zu verstehen. Zwei Drittel der Patienten meinen, dass die Preise für ärztliche Leistungen niedriger sind, als sie dachten. Allerdings betrug die Rücklaufquote der Patientenfragebögen bislang lediglich 15%. Die Ärzte versprechen sich von der Patientenquittung vor allem ein bessere Beurteilung ihrer Leistungen durch die Patienten sowie eine bessere Therapietreue. Sie bemängeln aber den hohen Aufwand zur Erstellung der Quittung.

Nutzen im Verhältnis zum Aufwand nur im Einzelfall höher

Eine veränderte Inanspruchnahme der Leistungen als Folge der ausgehändigten Quittung erwarten jedoch weder Patienten noch Ärzte, erklärte Richter-Reichhelm. Insofern müsse der enorme bürokratische Aufwand mit dem Nutzen der Quittung in Relation gesetzt werden: Würde man pro Patient jährlich nur eine Quittung ausstellen, so wären dies bereits eine halbe Milliarde Quittungen mit jährlichen Kosten von 800 Millionen Euro. Nach Berechnungen der KBV würde eine Praxis mindestens 1.000 Euro pro Jahr zusätzliche Ausgaben haben. Aus Sicht der Ärzte sei die Patientenquittung eine besondere Serviceleistung, die für den Patienten im Einzelfall einen hohen Wert haben kann, so der KBV-Chef. Dann reiche jedoch die freiwillige Inanspruchnahme dieser Leistung aus. Eine generelle Einführung lehnt die KBV strikt ab. Ihr Fazit: Mehr Transparenz, ja, mehr Bürokratie, nein.

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