Jahreswirtschaftsbericht: Clement kündigt Liberalisierung des Arzneimittelmarkt

Berlin (ks). Die Bundesregierung erwartet für das laufende Jahr nur ein geringes Wirtschaftswachstum von einem Prozent. Auch die Arbeitslosenzahl werde voraussichtlich auf durchschnittlich 4,2 Millionen steigen. Dies gab Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts am 29. Januar in Berlin bekannt. Für höheres Wachstum und mehr Beschäftigung sollen unter anderem weitreichende Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in den Sozialversicherungssystemen sorgen. Clement ist sich bewusst: Eine Zusammenarbeit mit der Opposition, die den Bundesrat dominiert, ist nötiger denn je.

Auch wenn die wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen für die kommenden Monate eher schwierig seien, sieht der Minister "erste Aufhellungen am Horizont". So erwartet er etwa eine niedrige Inflationsrate und bessere Gewinnaussichten für Unternehmen .Was die anstehenden Reformvorhaben der Regierung betrifft, signalisierte Clement gegenüber der Opposition Bereitschaft zur Zusammenarbeit: "Nach dem 2. Februar beginnt für uns eine gute Zeit für sachorientierte Arbeit von allen Seiten".

Ziel: Lohnnebenkosten senken

Der gut 70 Seiten starke Jahreswirtschaftsbericht enthält auch Hinweise zu den anstehenden Reformen im Gesundheitswesen. Nachdem mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz die Voraussetzungen für langfristige Strukturreformen geschaffen habe, müsse nun begonnen werden, die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung zu verbessern. Mehr Transparenz, mehr Wettbewerb und eine stärkere Verzahnung der einzelnen Sektoren müsse geschaffen werden, heißt es im Bericht. Zudem müssten Vorschriften und Hemmnisse, die der Kooperation der Leistungserbringer entgegenstünden, beseitigt werden.

Exemplarisch zählt der Wirtschaftsbericht einige Strukturmaßnahmen der Reform 2003 auf: Ganz vorne findet sich auch die "Liberalisierung des Arzneimittelmarkts". Zudem sollen die Versorgungsstrukturen einschließlich des vertragsärztlichen Honorarsystems modernisiert und der Hausarzt in seiner Rolle als Lotse gestärkt werden. Ebenfalls auf der Agenda: Die Einführung der Patientenquittung und der freiwilligen Patientenkarte, die Stärkung der Prävention und der Patientenrechte einschließlich der Einführung von Bonussystemen für gesundheits- und kostenbewusstes Verhalten. Nicht zuletzt soll der bisherige Leistungsumfang in der Gesundheitsversorgung bedarfsgerecht weiterentwickelt werden.

Hoffnung auf gemeinsame Sozialreformen der großen Parteien Es wird sich zeigen, wie weit sich Regierung und Opposition in Fragen des Gesundheitswesens annähern können. Der Wirtschaftsminister gibt sich zuversichtlich: In einem Streitgespräch zwischen Clement und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz (CDU) erinnerte er daran, dass Sozialreformen von den großen Parteien häufig gemeinsam gemacht worden seien. "Und zwar aus guten Gründen, weil irgendwann doch der andere wieder an die Regierung kommt", so Clement. Auch Merz will sich der Zusammenarbeit nicht verschließen: "Ich gehöre nicht zu denen, die der Blockade im Bundesrat nach Lafontaineschem Vorbild das Wort reden." Man wolle aber "so viel wie möglich die Handschrift der Union durchsetzen", so der Merz gegenüber dem "Stern".

BDI: Da hilft kein Placebo

Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), erklärte anlässlich der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts, man müsse sich von der Illusion verabschieden, eine Stabilisierung der angeschlagenen Sozialsysteme sei ohne schmerzhafte Korrekturen erreichbar: "Da hilft kein Placebo, sondern nur eine konsequente Rosskur", so Rogowski. Seine Lösung: Mehr Eigenverantwortung, Wahlrechte und Selbstbehalte der Beitragszahler sowie eine schrittweise Lösung vom Faktor Arbeit.

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