Rahmenvertrag nach § 129 SGB V: Apotheken sollen Rabatte an Krankenkassen weite

Stuttgart (daz). Nach dem inzwischen der DAZ-Redaktion vorliegenden neuen Rahmenvertrag nach § 129 SGB V in der am 5. Dezember 2003 zwischen den Verhandlungsdelegationen von GKV-Spitzenverbänden und Deutschem Apothekerverband (DAV) vereinbarten Fassung über die Arzneimittelversorgung sollen Apotheken Rabatte bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die über den Großhandelsaufschlag hinausgehen, an die Krankenkassen weiterleiten.

Dieses Ergebnis kam nach der DAZ vorliegenden Informationen in einer Verhandlungsrunde zustande, an der dem Vernehmen nach auch der Vorsitzende des DAV, Hermann Stefan Keller, teilgenommen hat. Die Vereinbarung war nach unseren Informationen Anfang letzter Woche im DAV-Vorstand nicht mehrheitsfähig. Nunmehr soll versucht werden, die Vereinbarung in einem Spitzengespräch nachzubessern.

Nach § 129 Absatz 2 SGB V können der DAV und die GKV-Spitzenverbände Einzelheiten zur Arzneimittelversorgung, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehen, in einem Rahmenvertrag regeln. Hierzu gehören u. a.

  • die Regeln für die Anwendung der Aut-idem-Regelung,
  • die Abgabe preisgünstiger importierter Arzneimittel,
  • die Handhabung der Auseinzelung,
  • die Angabe des Apothekenabgabepreises auf den Arzneimittelpackungen,
  • Maßnahmen bei Verstößen von Apotheken gegen gesetzliche Verpflichtungen bei der Arzneimittelversorgung sowie
  • die Gewährung des Apothekenrabatts an die Krankenkassen.

    Der Rahmenvertrag musste neu verhandelt werden, weil der DAV den Vertrag zum Jahresende gekündigt hatte. Die Delegationen standen unter einem erheblichen Einigungsdruck, weil ansonsten ab Januar ein vertragsloser Zustand bestünde. Der am 5. Dezember 2003 von den Verhandlungsdelegationen paraphierte Vertrag beinhaltet folgende Neuregelungen: Verordnungen dürfen von Apotheken nur noch innerhalb eines Monats nach Ausstellung zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen beliefert werden.

    Die Notwendigkeit zur Weiterleitung von Rabatten bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die über den Großhandelsaufschlag hinausgehen, ergibt sich aus folgender Regelung: "Für die Preisberechnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, für die die Arzneimittelpreisverordnung gilt, ist der vom pharmazeutischen Hersteller bekannt gegebene Herstellerabgabepreis zu Grunde zu legen. Wird dieser Herstellerabgabepreis insbesondere durch Rabatte wie Bar- oder Naturalrabatte unterschritten, so ist der daraus resultierende Herstellerabgabepreis zu Grunde zu legen. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit des Großhandels, durch Verzicht auf die vollständige Ausschöpfung des in der Arzneimittelpreisverordnung vorgesehenen Höchstzuschlags der Apotheke Rabatte zu gewähren. Werden Fertigarzneimittel vom Hersteller direkt bezogen, gilt Satz 3 entsprechend."

    Der vorliegende Vertragstext enthält keine Regelungen zur Preisermittlung bei nicht-verschreibungspflichtigen Produkten. Da die Verpflichtung zur Weiterleitung von Rabatten ausdrücklich auf verschreibungspflichtige Arzneimittel beschränkt ist, wären im Segment apothekenpflichtiger, nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel weiterhin auch über den bei der Ermittlung des Erstattungspreises angesetzten Höchstzuschlag des Großhandels hinausgehende Rabatte zulässig, ohne dass diese an die Krankenkassen weitergegeben werden müssen.

    Komplizierter wird die Handhabung der Importregelung. Zwar wird die Importquote auf 5 % des Umsatzes mit der jeweiligen Krankenkasse reduziert, doch muss über die Abgabe von Importen eine Wirtschaftlichkeitsreserve von 10 % des mit der Importquote festgelegten Umsatzes erzielt werden. Das bedeutet, dass Apotheken bei der Abgabe von Importen durchschnittlich 10 % der Kosten der Originalpräparate einsparen müssen. Damit soll offenbar verhindert werden, dass Apotheken ihre Importquote vorrangig durch Abgabe hochpreisiger Arzneimittel erfüllen, bei denen der Mindestpreisabstand nur 15 Euro betragen muss und je nach Preis des Arzneimittels deutlich unter 15 % liegt. Nach Einschätzung von Experten ist der vorliegende Text auch so zu verstehen, dass importierte Arzneimittel, die u. a. die gesetzlichen Mindestpreisabstände nicht erfüllen, nicht als Importarzneimittel im Sinne des Rahmenvertrages gelten und bei der Ermittlung der Importquote nicht berücksichtigt werden.

    Die Aut-idem-Regelung, so die Einschätzung von Beobachtern, wird durch die Abgabebestimmungen im Rahmenvertrag weitgehend ausgehebelt. Wenn der Apotheker bei Verordnung eines Fertigarzneimittels nur das verordnete oder eines der zwei preisgünstigsten Produkte abgeben dürfte, würden Hersteller zum Selbstschutz gegen unliebsame Konkurrenz nicht verfügbare Billigprodukte in den Markt bringen, so dass die Apotheken nur noch die Möglichkeit hätten, das verordnete Mittel abzugeben.

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