Kommentar

ABDA - wegda?

Wir haben es vorausgesagt: das Unvermögen der letzten Jahre in den Bereichen Gesundheitspolitik und Öffentlichkeitsarbeit, das Versagen im Vorfeld der Gesundheitsreform und beim laufenden Gesetzgebungsverfahren verkauft uns die ABDA nun als Leistung: "Es ist uns gelungen, zumindest das Schlimmste zu verhindern", heißt es im letzten PZ-Editorial vollmundig. Nein, meine Herren von der ABDA, genau das ist Ihnen nicht gelungen.

Das Schlimmste ist eingetreten: wir bekommen den Versandhandel, den Mehrbesitz, ein desaströses Honorarmodell, kurzum den Systemwechsel. Mag sein, auch diese Neuerungen hätten im Detail noch schlimmer ausfallen können. Wer aber ein bisschen hinter den Vorhang des Ministeriums blicken kann, weiß, dass an diesem Fein-Tuning zur Verhinderung des totalen Systemabsturzes gerade die ABDA nicht sonderlich beteiligt war ...

Wenn wir nun schon einen Systemwechsel bekommen, dann sollten wir auch über unser System der Berufsführung nachdenken und über Möglichkeiten der Verbesserung. Ist es heute noch opportun geschweige denn rechtlich haltbar, ein Konstrukt aus quasi privatwirtschaftlichen Verbänden und öffentlich-rechtlichen Kammern aufrecht zu erhalten? Ein System, in das zur Finanzierung Gelder aus Verbänden (mit freiwilliger Mitgliedschaft) und Kammern (mit Zwangsmitgliedschaft) fließen? Nur so war es dem Konstrukt ABDA möglich, ein beträchtliches Vermögen zu bilden, was den Kammern nicht erlaubt ist.

Wenn es mit diesem Geld wenigstens gelungen wäre, das Berufsbild des Apothekers in der Öffentlichkeit adäquat zu transportieren und zu verankern. Weit gefehlt. Kein Wunder, wenn jetzt von einer großen Zahl von Apothekern bereits eine Musterklage vorbereitet wird, mit der die Landesapothekerkammern gezwungen werden sollen, aus der ABDA auszutreten und das ABDA-Vermögen auf die LAKs zurück zu überweisen. Die Hessische Apothekerkammer überweist zur Zeit eh nur die Hälfte der geforderten Beiträge.

Wo bitte liegt heute noch die Legitimation, ein rechtlich fragwürdiges ABDA-Konstrukt am Leben zu erhalten? Nicht einmal der feudale ABDA-Palazzo prozzo, der uns mit der ach so praktischen Nähe zur Politik angedreht wurde, hat sichtlich die Gespräche gefördert. Ich kann mich noch gut an die Argumente erinnern, dass dieses Gebäude ein Muss ist wegen der Nähe zum Gesundheitsministerium, für Einladungen an Politiker und und und. Dass dieses Gebäude mittlerweile schon bei linientreuen ABDA-Funktionären nicht mehr so positiv ankommt, zeigt die Tatsache, dass ABDA-Klausursitzungen aufgrund der unpraktikablen Räume des Palais bereits außerhalb im noblen Jagdschlösschen Hubertushöhe abgehalten werden. Der ABDA-Sitzungssaal ist nicht optimal, die Mikrofonanlage mangelhaft. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ABDA-Hauses müssen in ihren künstlich eingebauten Glaskäfigen schwitzen.

Das Gebäude mag symptomatisch stehen für den politischen Stil, der in unserer Berufsvertretung herrscht. Nach außen hin arrogant, altväterlich und erzkonservativ, nach innen unbeweglich, abgehoben und realitätsfremd. Freilich, man muss unserer Standesvertretung zu Gute halten, dass sie von ihrer politischen Strategie überzeugt ist und versucht hat, sie nach bestem Können durchzusetzen. Sicher hat sich so mancher ABDA-Mitarbeiter mit allen Kräften dafür eingesetzt und ist Tag und Nacht rotiert. Gehapert hat's schon eher an einem souveränen Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit, an einer intelligenten Lobbyarbeit, an der richtigen Pflege der Kontakte und an der Selbstreflexion zu erkennen, wann es Zeit ist, Strategien zu ändern und neue Wege zu versuchen - oder vielleicht Platz zu machen für neue Ideen und Personen.

Zu retten ist jetzt nichts mehr. Die Sonntagsreden eines Herrn Stoiber helfen uns jetzt genauso viel wie Beteuerungen des Herrn Seehofer auf dem außerordentlichen Apothekertag. Wir müssen uns eiligst mit dem neuen System anfreunden. Warum also nicht gleich über eine neue Organisation unserer Berufsvertretung nachdenken? Die Verbände bekommen eh "Konkurrenz" von neuen Apothekerzusammenschlüssen, die "special interest groups" vertreten wie Hausapotheken, Einkaufsringe oder Versandapotheker. Damit könnte das ABDA-Konstrukt ausgedient haben. Ist jetzt nicht die Zeit reif für ein neues System der Berufsvertretung? Am besten mit Profis?

Peter Ditzel

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