Kommentar

Kaffeesatzleserei

Die Bayern, Meister der doppelten Verneinung, würden vielleicht - ins Hochdeutsche übersetzt - sagen: Nix Genaues weiß man nicht! Das ist eine fürwahr passende Umschreibung für die bisherigen Ergebnisse der Allparteien-Arbeitsgruppe zur (wievielten?) ultimativen Reform unseres Gesundheitssystems - jedenfalls für das, was bisher davon an echten Ergebnissen nach draußen gedrungen ist.

Na klar: unsere großen Zeitungen versuchten seit dem Start der gut abgeschirmten Beratungen im Wechsel den (falschen) Eindruck zu erwecken, als wüssten sie doch ein bisschen mehr als die Konkurrenz - obwohl die beteiligten Politiker diesmal bemerkenswert dichthalten. Wenn sie sich äußern, dann allenfalls in ebenso wortreichen wie nichtssagenden Sprechblasen. In Wirklichkeit wissen auch die großen Publikumsblätter nicht mehr als wir. Vielleicht sogar weniger. Aber sie starten munter Versuchsballons, hoffen auf erhellende Dementis für Aussagen, die sie "nur einmal so" in den Raum blasen.

Das alte journalistische Spiel scheint diesmal nicht aufzugehen. Wenn sich Rürup und Hartz und Herzog - und wie die Kommissionen sonst noch hießen, man vergisst die Namen - schon nach wenigen Beratungsrunden als oben, unten, rechts und links inkontinent erwiesen und nur noch kakophones Rauschen erzeugten: diesmal, im Laden von Ulla und Horst, scheint die Disziplin wirklich besser.

Wenn dies als positives Signal für die Ergebnisse gewertet werden dürfte - es sollte uns freuen. Allerdings habe ich da meine Zweifel. Reicht diesmal die Zeit, die Tatbestände aufzuarbeiten, bevor man munter Rezepte formuliert? Den Tatbestand zum Beispiel, dass unser Arzneiversorgungssystem (anders als absichtsvoll immer wieder suggeriert wird) nicht verstaubt und nicht verkrustet ist; dass es traditionsreich, aber keinesfalls von gestern ist; dass es verbessert werden kann, aber nicht auf den Kopf gestellt werden muss.

Beispiel Internet: Apotheker und Apotheken haben da seit langem keine Berührungsängste. Sie nutzten das world wide web, wo es etwas zu bieten hat - den Apotheken, vor allem aber unseren Kunden und Patienten. Portale wie apotheken.de und gesundheit.pro erfreuen sich großer, weiter wachsender Beliebtheit. Aber: Apotheker und Apotheken, so offen sie sich für Entwicklungen gerade auf dem EDV-Sektor zeigen, rennen nicht jeder neuen Sau nach, die durchs Dorf gehetzt wird. Unsere Bestellungen beim Großhandel wickeln wir hoch rationell schon seit einem Vierteljahrhundert elektronisch ab. Das Internet ist uns dafür bis heute zu unsicher, zu umständlich und zu langsam.

Lernt Ulla Schmidt in der Arbeitgruppe, dass sie mit ihrer Einschätzung voll daneben liegt, man müsse uns Apotheker für Innovationen öffnen?

Klaus G. Brauer

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