Kommentar

Misstrauen angesagt

Ob die Regierung weiß, was uns durch neue Strukturen im Gesundheitswesen blüht? Die Gesundheitsministerin will "moderne" Behandlungsformen mit aller Macht. Versandapotheken oder Gesundheitszentren kommen zum bestehenden System dazu, dann wird's der Wettbewerb schon richten. Glaubt sie. Wettbewerb über Preise, das ist neu. Bisher galt beispielsweise der einheitliche Apothekenabgabepreis bei Arzneimitteln.

Der wäre Makulatur, würde sich Ulla Schmidt durchsetzen. Ihre Reform sieht unterschiedliche Preise vor, wenn Kassen etwa mit Versandapotheken oder Gesundheitszentren verhandeln, dasselbe gilt für Hausarztmodell oder integrierte Versorgung. Individuelle Verträge könnte es für die Apotheken geben, die bei den neuen Behandlungsformen mitmachen. Und Krankenhausapotheken dürfen bei der ambulanten Versorgung mitmischen. Dazu die Preisfreigabe bei nichtrezeptpflichtigen Arzneimitteln und deren Herausnahme aus dem Leistungskatalog.

Da bleibt kein Stein auf dem anderen! Es darf nicht zu Einzelverträgen zwischen Kassen und Apotheken kommen. Dann säßen Apothekenleiter als David den Goliaths von AOK, Barmer und Co. gegenüber. Angesichts dieser Nachfragemacht kann ich mir Wettbewerb gar nicht ungleicher vorstellen. Die kleinen Einheiten wären doch erpressbar – und der Weg in den Krankenkassen-Staat wäre nicht mehr weit. Besser sind Verträge zwischen Kassen und Apothekerverbänden, weil die unter anderem den einheitlichen Abgabepreis sichern. Dann fallen für den Patienten eben nicht je nach Wohnort unterschiedlich hohe Preise an. Werden Zusatzleistungen gewünscht, wie beim Hausapothekenmodell, können die verhandelt werden, aber ebenfalls als Kollektivvertrag zwischen Apothekerverband und Kasse.

Daher Ja zu Fortentwicklungen im Apothekensektor und zu Arzneipreisen. Aber im System! Jedoch ein kompletter Systemwechsel – nein, wozu? Unser Gesundheitswesen sichert die Bevölkerung zu hundert Prozent ab, über die privaten Krankenversicherer und die gesetzlichen Kassen – im Gegensatz etwa zu den USA mit ihren 40 Millionen Amerikanern mit nur unzureichendem oder keinem Schutz. Aber es ist Vorsicht geboten – gerade wenn die Ministerin uns ApothekerInnen ihre Reform als Chance zur Teilhabe an "modernen" Versorgungsformen schmackhaft machen möchte. Da ist Misstrauen angesagt.

Susanne Imhoff-Hasse

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