AV Schleswig-Holstein: Pharmazeutische Versorgungsleistung mit IKK Schleswig-Hol

Der Apothekerverband Schleswig-Holstein hat erstmals einen pharmazeutischen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Damit steht die pharmazeutische Dienstleistung im Mittelpunkt der apothekerlichen Tätigkeit und wird Gegenstand der Honorierung. Der Vertrag regelt die freiwillige Einschreibung von Versicherten der IKK Schleswig-Holstein bei "IKK-Service.Apotheken". Er lehnt sich inhaltlich an den niedersächsischen BKK-Hausapothekenvertrag an, enthält aber zusätzliche zukunftsweisende Elemente der honorierten Wirtschaftlichkeit zum Nutzen beider Vertragsparteien.

Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, erläuterte die wesentlichen Vertragsinhalte in einem Gespräch mit der DAZ. Demnach werden die schleswig-holsteinischen "IKK-Service.Apotheken" wie die niedersächsischen "BKK-Hauspotheken" für die eingeschriebenen Patienten ein Arzneimitteltagebuch führen und die Arzneimittel im Bedarfsfall bis an das Krankenbett liefern. Diese Lieferung erfolgt "in Ausfüllung der Apothekenbetriebsordnung".

Entgangene Handelsspanne als Leistungshonorar

Darüber hinaus beschreibt der schleswig-holsteinische Vertrag honorierungsfähige Leistungen der Apotheker im Zusammenhang mit der Belieferung von Verordnungen. Die Apotheker werden erstmals dafür honoriert, überflüssige Verordnungen von den Ärzten korrigieren zu lassen. Wenn beispielsweise Doppelverordnungen von zwei Ärzten vorgelegt werden oder eine therapeutisch unangemessene Packungsgröße verordnet wird, sollen diese Rezepte durch die Verordner gestrichen bzw. korrigiert werden. Die Apotheker erhalten für das Identifizieren solcher Verordnungen, die Rücksprache mit dem Arzt und die zugehörige Beratung des Patienten die entgangene Handelsspanne als Honorar.

Für Froese ist dies ein erster testender Versuch, den Apothekern mehr wirtschaftliche Verantwortung in der Arzneimittelversorgung zu geben. Dieser Abrechnungsmodus könne, wenn er erst einmal etabliert ist, auch für weitere pharmazeutische Leistungen genutzt werden. Gemeinsam mit den Vertragspartnern bei der IKK Schleswig-Holstein sei er überzeugt, dass solche motivierenden Instrumente sinnvoller als Zwangsmaßnahmen des Gesetzgebers seien. Dieser Gedanke ist ohnehin die Grundlage des gesamten Vertrages, der auf faire Verhandlungen zwischen Partnern im Gesundheitswesen statt auf staatlichen Dirigismus setzt. Nach Einschätzung von Froese komme dies auch bei den Politikern gut an.

Bonusregelung noch offen

Wie in Niedersachsen wird auch in Schleswig-Holstein eine Bonusregelung als finanzielle Motivation für die teilnehmenden Patienten angestrebt. Deren Inhalt steht allerdings noch nicht fest und soll bis zum Inkrafttreten des Vertrages am 1. Juli geklärt werden. Im Unterschied zum Rabatt auf das Randsortiment im niedersächsischen Vertrag suchen die Schleswig-Holsteiner noch nach einem stärker gesundheitsbezogenen Anreiz. Die Patienten sollen erst informiert werden, nachdem ein solcher Anreiz vereinbart worden ist.

Wirksame Qualitätssicherung

Für die Apotheken ist die Teilnahme an einer Schulung Voraussetzung für die Arbeit als "IKK-Service.Apotheke". Die Schulung wird zweimal vier Stunden umfassen und vom Verband kostenlos angeboten. Sie soll die inhaltlichen Grundlagen für die pharmazeutische Betreuung und die Bearbeitung des Patiententagebuches vermitteln. Dabei wird eine enge Zusammenarbeit mit den Herstellern von Apotheken-EDV angestrebt, die die technischen Vorausetzungen für die Datenauswertung bereitstellen. Für die Apotheker soll die Schulung zugleich eine Aufforderung sein, sich auch anschließend intensiv mit der Umsetzung der pharmazeutischen Betreuung zu befassen.

Als weiteres Instrument zur Qualitätssicherung der Vertragsinhalte wurde mit der IKK Schleswig-Holstein eine gemeinsame Kommission vereinbart, die die Inhalte der Schulungen und die Definitionen der Versorgungsprozesse in den Apotheken erarbeiten wird. In den Apotheken wird eine praxisnahe Dokumentation erforderlich sein, um die Prozessqualität zu sichern und die Versorgungsleistungen abzurechnen. Dazu soll ein Formular auf der Grundlage der Kassenrezepte dienen, das noch entwickelt wird. So solle insgesamt eine wirksame Qualitätssicherung der Vertragsleistungen etabliert werden, ohne den Apotheken den Aufbau eines umfangreichen Qualitätsmanagementsystems vorzuschreiben.

Politischer Fortschritt

Froese berichtete, dass der Vertrag auf frühere Verhandlungen über Disease-Management-Programme zurückgeht. Für diese Programme habe sich die beim Bundesversicherungsamt zertifizierbare Einbindung der Apotheken als erhebliches Hindernis erwiesen. Dies könnten nur wenige hoch spezialisierte Apotheken leisten. Darum hätten die IKK und der Apothekerverband die Leistungen der pharmazeutischen Betreuung in praxisnahe Module zerlegt. Dies habe nun zu dem jüngsten Vertrag geführt, gehe aber als lebendiger Prozess weiter, der mutiges Ausprobieren nötig mache.

Solche Verträge, die für beide Seiten Neuland darstellen, könnten nur in einem Klima des gegenseitigen Vertrauens entstehen. Beide Seiten hätten großen Aufwand investiert, um den Vertrag zu gestalten. Doch hätten die Pionierleistungen der Kollegen in Niedersachsen die Arbeit erleichtert.

Als wirtschaftliche Vorteile bietet der Vertrag den Apotheken die intensivere Kundenbindung und das neue Honorar. Doch ist der Vertrag nach Auffassung von Froese primär politisch gemeint. So wurde mit der IKK Schleswig-Holstein vereinbart, die pharmazeutische Versorgung vor Ort weiterzuentwickeln, was eine Absage an den Arzneimittelversand darstelle. Die größte Bedeutung für den Apothekerverband Schleswig-Holstein dürfte aber darin liegen, einen pharmazeutischen Versorgungsvertrag mit Elementen der honorierten Wirtschaftlichkeit etabliert zu haben.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.