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Meinung: Auszeichnung für Drive-in-Apotheke

Was in Deutschland per Gericht verboten wurde, erhielt in unserem Nachbarland Österreich einen Preis für Servicefreundlichkeit: die "Drive-in-Apotheke". Die "Schutzengel-Apotheke" in Wels ließ sich einen Service einfallen, den mit Sicherheit Behinderte oder Mütter mit Kleinkindern, die die Apotheke mit dem Auto ansteuern und nur schwer aus dem Auto aussteigen können, schätzen werden.

Apotheker Mag. pharm. Friedrich Strand richtete einen eigenen Einkaufsparkplatz mit Klingelsäule unmittelbar vor der Apotheke ein. Ohne aus dem Auto aussteigen zu müssen, kann der Kunde dort läuten, und Apothekenpersonal kommt aus der Apotheke ans Auto, um das Rezept oder die Kundenwünsche entgegen zu nehmen.

Wie die Österreichische Apotheker Zeitung in ihrer Ausgabe vom 18. Februar berichtet, wird dieser besondere Service im Schnitt fünf Mal pro Tag in Anspruch genommen. Im Rahmen eines Wettbewerbs zeichnete die Niederösterreichische Landesregierung diese familienfreundliche Idee mit einem Preis aus: die Schutzengel-Apotheke erhielt dafür den "Familien-Oskar".

Die Initiative einer Hamburger Apotheke in Deutschland, die 1998 einen Autoschalter einrichtete, wurde per Gerichtsurteil gestoppt. Begründet wurde die Entscheidung seinerzeit u. a. damit, dass Arzneimittel in den Räumen der Apotheke abgegeben werden müssten, d. h. der Kunde müsse sich in den Räumen der Apotheke aufhalten. Das Arzneimittel sei eine Ware besonderer Art, die nicht "im Vorbeifahren" mitgenommen werden könne. Bei dieser Art der Abgabe sei die Möglichkeit und Bereitschaft, eine etwa notwendige Beratung in Anspruch zu nehmen, nachhaltig beeinträchtigt, so das Gericht.

Ich denke, vier Jahre später und unter dem Vorzeichen eines drohenden Versandhandels sollte dieses Urteil erneut überdacht werden. Wir sind eine mobile Gesellschaft, die auch gerne einmal etwas "im Vorbeifahren" erledigt. Dass diese Besorgung damit schlechter wird, konkret eine Beratungsmöglichkeit auch über Arzneimittel weniger gegeben ist, ist für mich nicht nachvollziehbar. Auch aus einem Schalter heraus kann eine Beratung stattfinden so wie sie in Zukunft vielleicht auch einmal zu Hause beim Patienten stattfinden soll, wenn die PTA das per Internet oder Telefon bestellte Arzneimittel vorbei bringt. Vielleicht probiert eine deutsche Apotheke die pfiffige österreichische Idee einmal aus.

Eine echte Drive-in-Apotheke wie die in Hamburg nicht erlaubte Idee ist die Apotheke mit Klingelsäule auf dem Apothekenparkplatz vor der Apotheke eh nicht. Und schon heute wird Apothekenpersonal vor die Apotheke gehen, wenn ein Rollstuhlfahrer oder eine Mutter mit Kinderwagen eventuell vorhandene Stufen zur Apotheke nicht überwinden kann. Vielleicht gibt's für die Klingelsäule auf dem Apothekenparkplatz auch in Deutschland einen Servicepreis.

Ich würde mir wünschen, dass auch Gerichte servicefreundliche Ideen nicht blockieren. Der verkaufsoffene Sonntag, an dem Apotheken teilnehmen dürfen, könnte ein Zeichen in die richtige Richtung sein: Apotheken sollten ihren Kunden mehr Service bieten dürfen.

Peter Ditzel

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